Rezension über:

Sonja Pallauf / Peter Putzer (Hgg.): Die Waldordnungen des Erzstiftes Salzburg (= Fontes rerum Austriacarum. III. Fontes Iuris; Bd. 16), Wien: Böhlau 2001, 208 S., ISBN 978-3-205-99451-0, EUR 49,00
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Rezension von:
Martin Zierhut
Forstdirektion Oberbayern-Schwaben, München
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Laux
Empfohlene Zitierweise:
Martin Zierhut: Rezension von: Sonja Pallauf / Peter Putzer (Hgg.): Die Waldordnungen des Erzstiftes Salzburg, Wien: Böhlau 2001, in: sehepunkte 2 (2002), Nr. 7/8 [15.07.2002], URL: https://www.sehepunkte.de
/2002/07/2896.html


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Sonja Pallauf / Peter Putzer (Hgg.): Die Waldordnungen des Erzstiftes Salzburg

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Mit dem vorliegenden sechzehnten Band der Fontes Iuris werden die Waldordnungen des Erzstiftes Salzburg in einer modernen Edition vorgestellt. Die Ausgabe umfasst neben den für das ganze Erzstift geltenden Waldordnungen von 1524, 1550, 1555, 1563, 1592, 1659, 1713 und 1755 noch weitere Bestimmungen, deren Geltungsbereich lokal begrenzt war. Die Milldorferische Waldordnung von 1471 galt in den um Mühldorf gelegenen Wäldern des Salzburger Erzbistums. Auf die zur Nutzung für die bayerische Saline Reichenhall gewidmeten Schwarzwälder im Pinzgau beziehen sich vier der abgedruckten Dokumente: ein Mandat des Jahres 1509, die Verträge zwischen Salzburg und Bayern von 1525 und 1529 sowie die Waldstrafordnung für die Reichenhaller Sudwälder von 1781. Daneben enthält die Sammlung noch die Einsetzungsurkunde des Georg Stöckl zum Waldmeister von 1524 und die Hallingische Holzordnung von 1592.

Die Textwiedergabe folgt weitgehend buchstabengetreu den Quellen, wobei jeweils das älteste verfügbare Dokument für die Drucklegung herangezogen wurde. Dem Textteil ist ein Glossar (199ff.) angefügt, das insbesondere den mit den forstspezifischen Begriffen der abgedruckten Texte nicht vertrauten Lesern eine wichtige Hilfe zum Verständnis sein dürfte. Das vorangestellte Literaturverzeichnis (29ff.) gibt einen Überblick auch über aktuelle Veröffentlichungen, die das Thema unter dem Aspekt der Umweltgeschichte beleuchten. Ergänzend sei hier noch auf "Österreichs Wald in Vergangenheit und Gegenwart" [1] hingewiesen, wo die Wald- und Forstordnungen auch Salzburgs aus forsthistorischer Sicht behandelt werden.

In einer umfangreichen Einleitung von Putzer wird das Waldmanagement als Faktor der Salzburger Geschichte behandelt: Macht, Einfluss und Ansehen Salzburgs über fast ein Jahrtausend hinweg seien ohne die Erträge aus Bergbau und Salzgewinnung nicht denkbar gewesen. Bergbau und Salzgewinnung verschlangen aber auch ungeheure Energiemengen (11f.). Diese lieferten in Form von Brenn- und Kohlholz über Jahrhunderte hinweg die Wälder im Einzugsgebiet der Salzach. Die frühesten normativen Regelungen zur Waldbewirtschaftung finden sich daher auch in den Quellen des Bergrechts. In den seit 1524 erlassenen Waldordnungen spielte die Sicherstellung der Versorgung von Saline und Bergbaubetrieben eine zentrale Rolle (12).

Das in den Waldordnungen verfolgte Prinzip der räumlichen Trennung verschiedener Nutzer wirkte gegen die Konkurrenten der Saline (18f.). Aber auch andere Aspekte sind hier zu berücksichtigen. Beispielsweise kann die Ausweisung von Hofsachen nicht allein mit dem Streben nach Zurückdrängung der bäuerlichen Nutzungen begründet werden. Saline und Bergbaubetriebe nutzten ihr Holz, anders als die Bauern, in großflächigen Kahlschlägen. War ein Berghang einmal abgenutzt, dauerte es Jahrzehnte, bis wieder verwertbare Holzsortimente anfielen. Ohne die Ausweisung von Hofsachen in unmittelbarer Nähe ihrer Anwesen hätten die Bauern nach einem Salinenholzschlag in ihrer Nachbarschaft den Hausbedarf für lange Zeit in weiter entlegenen Wäldern decken müssen. Bei den ihnen zur Verfügung stehenden primitiven Transportmitteln hätte dies eine deutliche Erschwerung der Bedarfsdeckung zur Folge gehabt. Zudem waren viele Hofsachen offensichtlich so groß bemessen, dass aus ihnen neben der Deckung des Eigenbedarfs umfangreiche Holzlieferungen (nach Genehmigung durch das Forstpersonal) an Saline und Bergbaubetriebe erfolgen konnten. Daraus lässt sich schließen, dass mit der räumlichen Fixierung der Rechte nicht automatisch deren Einschränkung verbunden war. Die Waldordnungen ließen auch ein Ausweichen der Berechtigten in die Schwarzwälder ausdrücklich zu, wenn die Bedarfsrechte nachweislich nicht aus den Hofsachen zu decken waren.

Erheblich schlechter gestellt als das Besitzbauerntum waren die erstmals in der Waldordnung von 1563 gesondert erwähnten "sölheusler unnd herberger" mit ihren Nutzungen. Deren Zahl dürfte, begünstigt durch die Erwerbsmöglichkeiten im Holzschlag und im Bergbau, im Laufe des 16. Jahrhunderts deutlich zugenommen haben. Die möglichst starke Begrenzung ihrer Nutzungen wird auch in den später erlassenen Waldordnungen intensiv behandelt. Als Begründung für den Erlass der Waldordnungen wurden immer wieder von den Untertanen verursachte Missstände angeführt, die eine Intervention der Obrigkeit notwendig machten (24). Diese Begründung findet sich jedoch, nicht nur auf die Untertanen bezogen. Die 1592 für die Wälder der Saline Hallein erlassene Hallingische Holzordnung richtete sich auch gegen Missstände, die durch nachlässige Wirtschaftsweise der Saline selbst herbeigeführt waren. Für die Bedürfnisse von Saline und Bergbaubetrieben wurde Fichten- und Tannenholz bevorzugt (17f.). Wo für die Großgewerbe das Holz in Kahlschlägen genutzt wurde, ergab sich eine Begünstigung insbesondere der Fichte und auch der Lärche gegenüber den Laubhölzern und der Tanne. Diese wurde noch durch das bevorzugte Belassen von Nadelhölzern auf den Schlägen als Samenbäume verstärkt.

Die von Putzer dargestellte Begünstigung der Tanne bei der Regeneration des Waldes (17f.) ist nicht belegbar. Im Gegenteil, die von den Großgewerben praktizierte Kahlschlagnutzung führte zwangsläufig zu einem Rückgang dieser Baumart. Saaten wurden erst ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur Verjüngung verangerter und verödeter Flächen angewendet. Auf Grund ihrer ökologischen Ansprüche fand die Tanne auch hier denkbar ungünstige Startbedingungen vor. Saaten mit Fichte hatten mehr Erfolg.

Die geringe Zahl neuer Waldordnungen im 17. Jahrhundert wertet Putzer als einen Beleg dafür, dass der Nutzungsdruck auf den Wald zurückging (25). Hierzu habe beigetragen, dass eine weitere Produktionssteigerung der Saline Hallein durch die Abhängigkeit Salzburgs von Bayern im Salzhandel unattraktiv geworden sei. In der Folge stellten die Waldordnungen die Waldnutzungen nicht mehr unter das Diktat der Saline (26). Hierbei können aber auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben: Bereits 1592 wurde neben der Waldordnung für Salzburg auch eine gesonderte Holzordnung für die Wälder der Saline Hallein erlassen. Die Wälder für die Saline wurden darin namentlich aufgezählt. Die Behandlung der für die Saline und andere Großbetriebe gewidmeten Waldflächen in gesonderten Holz- und Waldordnungen könnte ein zusätzlicher Grund dafür sein, dass deren Bedürfnisse nicht mehr im Zentrum der Salzburger Waldordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts standen. Eine Untersuchung weiterer regional gültiger Normen, wie beispielsweise der unter Erzbischof Ernst erlassenen Höglwörtherischen Waldordnung von 1545, in der die Holzversorgung des Eisenbergwerks Neukirchen, der Untertanen des Klosters Höglwörth und des Schlosses Raschenberg geregelt wurden, ist in diesem Zusammenhang anzuregen. Eine stärkere Aufschließung des Waldes für andere Nutzungen (26) ist aus den Salzburger Waldordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht zu entnehmen. Die immer detaillierteren Begrenzungen und Einschränkungen, beispielsweise im Bereich der Weidenutzung, belegen eher das Bestreben, einem hier zunehmenden Nutzungsdruck entgegenzuwirken.

Zwangsläufig ist der einer Einleitung zur Verfügung stehende Raum zu gering, um einen alle Aspekte umfassenden Überblick über Waldmanagement als Faktor der Geschichte zu geben. Das Verdienst der modernen Edition der Salzburger Waldordnungen liegt darin, dass diese Rechtsquellen nun der Forschung erheblich einfacher zugänglich sind als bisher. Es wäre zu begrüßen, wenn dadurch weitere Forschungsvorhaben in diesem Bereich angestoßen würden. Offene Fragen und Diskussionsstoff sind genügend vorhanden.

Anmerkung:

[1] Herausgegeben vom Österreichischen Forstverein, Wien 1983.


Martin Zierhut