Rezension über:

Wilhelm Kohl (Bearb.): Die Diözese (= GERMANIA SACRA. Neue Folge 37.2: Das Bistum Münster 7; Bd. 2), Berlin: de Gruyter 2002, IX + 455 S., 2 Karten, ISBN 978-3-11-017514-1, EUR 148,00
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Rezension von:
Andreas Holzem
Eberhard Karls Universität, Tübingen
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Laux
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Holzem: Rezension von: Wilhelm Kohl (Bearb.): Die Diözese, Berlin: de Gruyter 2002, in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 4 [15.04.2005], URL: https://www.sehepunkte.de
/2005/04/5070.html


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Wilhelm Kohl (Bearb.): Die Diözese

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Wilhelm Kohl gehört durch die bislang im Rahmen der Germania Sacra edierten Bände zu den verdientesten Diözesangeschichtsschreibern des Bistums Münster. Der hier anzuzeigende Band 7,2 repräsentiert wichtige Teile des mehrbändigen Gesamtwerks über die Diözese, nachdem Band 7,1 Quellen, Literatur und Denkmäler, Archive und Bibliotheken, eine historische Übersicht und die Verfassung auf insgesamt über 800 Seiten geradezu monumental zusammengefasst hatte. Die mittlerweile ebenfalls erschienenen Bände 3 und 4 (2003/2004) befassen sich mit den Viten der Bischöfe und den biografischen Angaben zu in Münster tätigen Weihbischöfen, Offizialen, Siglern und Generalvikaren. Im vorliegenden Band geht es in zwei großen Abschnitten um das religiöse und geistige Leben und um den Besitz der Diözese Münster.

Wilhelm Kohl ist seit Jahrzehnten in der Bistums- und westfälischen Regionalgeschichte höchst engagiert; kaum jemand kennt die Breite des Archivgutes und der Literatur so gut wie er. Dementsprechend sind alle Einzelkapitel des Buches von einer staunenswert genauen Sach- und Materialkenntnis geprägt, obwohl die Art der Publikation zum Verzicht auf Detailforschungen zwingt. Kohl hat zudem gut daran getan, sich bei der Berücksichtigung von Institutionen "auf solche Vorgänge zu beschränken, an denen der Ordinarius und seine unmittelbaren Mitarbeiter beteiligt waren"; eine Gesamtdarstellung "aller Geistesströmungen in sämtlichen kirchlichen Einrichtungen" würde den Vorgaben der Germania Sacra kaum gerecht werden können. Gleichzeitig jedoch gelingt es Kohl durch seine genaue Quellenkenntnis, zahlreiche Anregungen für die weitere bistums-, regional- oder ortsgeschichtliche Forschung zu geben.

Der Abschnitt "Religiöses und geistiges Leben" widmet sich zunächst den gottesdienstlichen Ordnungen, ausgehend von den liturgischen Büchern, der Verwaltung der Sakramente und der Struktur des Kirchenjahres. Ebenso einbezogen aber wird der seit längerem in der volkskundlichen Forschung und in neueren Ansätzen der Sozial-, Mentalitäts- und Kulturgeschichte greifbare breite Horizont der Frömmigkeitsgeschichte. Zu einer solchen Religiositäts- und Frömmigkeitsrepräsentation im Bistum Münster zählen nicht nur klassische Themen wie die Heiligen- und Reliquienverehrung oder die Prozessionen und Wallfahrten, sondern auch ausführliche Abschnitte zur Bildungsgeschichte und zu zentralen Epocheneinschnitten und ihren religiositätsgeschichtlichen Auswirkungen (Reformation, Rezeption des Tridentinums, Aufklärung, katholische Frömmigkeit im 19. und 20. Jahrhundert). Auch das Ordenswesen und die Bruderschaften finden knappe Berücksichtigung. Natürlich kann der Verfasser hier nur akzentuierende Zusammenfassungen bieten, die aber in ihren Schwerpunktsetzungen (Hoch- und Spätmittelalter, Reformation und Konfessionalisierung, Aufklärung) zu sehr gelungenen Kleinskizzen führen. Zahlreiche, teilweise ausführliche Quellenzitate belegen die beschriebenen Tendenzen.

Von besonderer Bedeutung ist das Kapitel 5 über den Besitz des Bischofs, dessen Geschichte bislang ein "weißer Fleck" (VII) geblieben war. Kohl bietet wichtige Hinweise auf die Entwicklung der Mensa Episcopalis sowie die Güter und Lehen des Bistums. Insbesondere die Güterverteilung zwischen Bischof und Domkapitel und die Entwicklung des Zehnten seit und aufgrund der karolingischen Kapitulariengesetzgebung stehen im Mittelpunkt der Darstellung und der chronologischen Analyse. Ein ausführliches Orts-, Personen- und Sachregister (150 Seiten!) fördert den hohen Nutzwert dieses Bandes für die weitere Kirchen- und Regionalgeschichte Norddeutschlands, dessen Verdienste sich vor allem in der Zusammenschau mit den Bänden 1 sowie 3 und 4 erschließen. Dieses gewaltige Œuvre verdient in jeder Hinsicht große Anerkennung und großen Respekt.

Andreas Holzem