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F. Bajohr / J. Hürter / S. Keller / A. Löw / C. Packheiser / J. Retterath: Reichspräsident Friedrich Ebert. Mehrfachbesprechung der biografischen Studie von Walter Mühlhausen. Einführung, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 6 [15.06.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
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Reichspräsident Friedrich Ebert. Mehrfachbesprechung der biografischen Studie von Walter Mühlhausen

Einführung

Von F. Bajohr / J. Hürter / S. Keller / A. Löw / C. Packheiser / J. Retterath

Die Literatur über die Weimarer Republik füllt Bibliotheken, doch ausgerechnet zu jenen beiden Persönlichkeiten, mit deren Namen ihre wechselhafte und letztlich tragische Geschichte am meisten in Verbindung gebracht wird, suchte man bisher vergeblich nach umfassenden wissenschaftlichen Arbeiten. Dabei sind die Biografien der beiden Reichspräsidenten Friedrich Ebert und Paul von Hindenburg geradezu paradigmatisch für Entstehen und Scheitern des Projekts Weimar. [1] Dieses Forschungsdesiderat lag und liegt wesentlich im Fehlen (Ebert) bzw. der Unzugänglichkeit (Hindenburg) persönlicher Nachlässe begründet. Dass Walter Mühlhausen, Forscher in der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg, dieses Argument nicht mehr gelten lassen wollte und eine ebenso akribische wie voluminöse Biografie Eberts mit dem Schwerpunkt auf seiner Tätigkeit als Reichspräsident vorgelegt hat, darf daher als geschichtswissenschaftliches Ereignis ersten Ranges bezeichnet werden. Wenigstens für Friedrich Ebert liegt nun endlich - über 80 Jahre nach seinem Tod und 35 Jahre nach dem ersten wissenschaftlich fundierten, aber noch eher skizzenhaften Gesamtbild von Peter-Christian Witt [2] - eine gewichtige Monografie vor. Damit scheint die Wiederkehr der Biografie in der Weimarforschung einen vorläufigen Höhepunkt erreicht zu haben. Doch welche Erkenntnisfortschritte sind von diesem Genre für die Geschichte der ersten deutschen Republik zu erwarten? Wir haben drei Experten gebeten, das Werk Mühlhausens genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Rezensenten sind allesamt profunde Kenner der Geschichte des Weimarer Staates. Sie haben Mühlhausens Biografie auch aus den wechselnden Perspektiven ihrer unterschiedlichen Forschungsschwerpunkte gelesen und setzen dementsprechend in der Bewertung spezifische Akzente. Thomas Raithel (München) hat sich erst jüngst in seiner deutsch-französisch vergleichenden Habilitationsschrift über "Das schwierige Spiel des Parlamentarismus" in den Inflationskrisen nach dem Ersten Weltkrieg kritisch mit der Rolle Eberts auseinandergesetzt: Während des zeitweiligen Funktionsverlusts des Reichstags habe sich ein von Regierung und Reichspräsident ausgeübtes Verordnungsregime entfaltet, das trotz der besten demokratischen Absichten Eberts bereits auf die Endphase der Weimarer Republik vorausgedeutet habe. [3]
Komplementär zu der vor allem auf die inneren Strukturen Weimars gerichteten, parlamentarismusgeschichtlichen Perspektive Raithels verhält sich der eher "internationale" Blick von Wolfgang Elz. Der Mainzer Historiker ist bislang vor allem mit Beiträgen zur Außenpolitik der Weimarer Republik hervorgetreten. [4]
Last but not least hat der Stuttgarter Ordinarius Wolfram Pyta, ein Schüler des Weimar- und Ebert-Spezialisten Eberhard Kolb, für die sehepunkte zur Feder gegriffen. Pyta ist neben seiner wissenschaftlichen Deszendenz auch selbst durch zwei große Monografien - davon eine speziell zur Rolle der Sozialdemokratie [5] - sowie eine Überblicksdarstellung zur Weimarer Republik [6] für das Thema bestens ausgewiesen.


Anmerkungen:
[1] Vgl. Horst Möller: Zwei Reichspräsidenten - Chance und Scheitern, in: Ders.: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie, 8. Aufl., München 2006, 11-82.
[2] Peter-Christian Witt: Friedrich Ebert. Parteiführer - Reichskanzler - Volksbeauftragter - Reichspräsident, 3. Aufl., Bonn 1992 (zuerst als Einführung eines Gedenkbandes zum 100. Geburtstag Eberts 1971 erschienen).
[3] Vgl. die - im Rahmen eines großen komparatistischen Projekts des Instituts für Zeitgeschichte zur Zwischenkriegsdemokratie in Deutschland und Frankreich entstandene - Studie von Thomas Raithel: Das schwierige Spiel des Parlamentarismus. Deutscher Reichstag und französische Chambre des Députés in den Inflationskrisen der 1920er Jahre, München 2005, 546.
[4] Darunter z. B. Quellen zur Außenpolitik der Weimar Republik 1918-1933, hrsg. von Wolfgang Elz, Darmstadt 2007, oder Wolfganz Elz: Die Weimarer Republik und ihre Außenpolitik. Ein Forschungs- und Literaturbericht, in: Historisches Jahrbuch 119 (1999), 307-375.
[5] Wolfram Pyta: Gegen Hitler und für die Republik. Die Auseinandersetzung der deutschen Sozialdemokratie mit der NSDAP in der Weimarer Republik, Düsseldorf 1989.
[6] Wolfram Pyta: Die Weimarer Republik, Opladen 2004.

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