Rezension über:

Heike Uffmann: Wie in einem Rosengarten. Monastische Reformen des späten Mittelalters in den Vorstellungen von Klosterfrauen (= Religion in der Geschichte; Bd. 14), Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2008, 391 S., ISBN 978-3-89534-654-5, EUR 29,00
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Rezension von:
Joachim Kemper
Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München
Redaktionelle Betreuung:
Christine Reinle
Empfohlene Zitierweise:
Joachim Kemper: Rezension von: Heike Uffmann: Wie in einem Rosengarten. Monastische Reformen des späten Mittelalters in den Vorstellungen von Klosterfrauen, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2008, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 9 [15.09.2009], URL: https://www.sehepunkte.de
/2009/09/14508.html


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Heike Uffmann: Wie in einem Rosengarten

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Das vorliegende Buch, eine von Heinrich Rüthing betreute Bielefelder Dissertation, nimmt die historiographischen Aufzeichnungen in Frauenklöstern vor dem Hintergrund der Klosterreformen des späten Mittelalters in den Blick.

Die spätmittelalterlichen Reform- und Observanzbestrebungen haben sich in den letzten Jahren, vielfach ausgehend von den wesentlichen Anstößen Kaspar Elms, zu einem wichtigen Forschungsfeld entwickelt. Die Untersuchung von Klosterreformen hat beispielsweise im Kontext von landes- oder ordensgeschichtlich ausgerichteten Arbeiten durchaus zu wichtigen neuen Erkenntnissen in Bezug auf das weibliche religiöse Leben geführt. Diese sind freilich oftmals eher "versteckt" zu finden oder dem Publikationstitel nach nicht dort zu vermuten. Dennoch ist eindeutig: Genauso wie die Forschung vielfach die Sichtweise der Reformer bzw. Reformverbände einfach übernommen hat (inklusive einer Abwertung der gegen eine Reform Widerstand leistenden Mönche und Nonnen bzw. der Nicht-Reformierten), genauso evident ist, dass im Fall der spätmittelalterlichen Reformen in Frauenklöstern noch viele Forschungslücken zu schließen sind (die Verfasserin schätzt den gegenwärtigen Stand der Forschung allerdings zu negativ ein).

Heike Uffmann beschreibt einleitend die von ihr ausgewerteten Quellen. Es handelt sich um annähernd 20 chronikalische Aufzeichnungen, die zwischen 1470 und 1525 in nord- und süddeutschen Frauenklöstern unterschiedlicher Ordenszugehörigkeit entstanden; fast alle diese Klöster waren im späten Mittelalter einer Reform unterzogen oder auch im Kontext der Reform neu gegründet worden.

Die Verfasserin gibt auf knapp zwanzig Seiten (40-61) einen Überblick zu den Klosterreformen, wobei insbesondere die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Reformen in Männer- und Frauenklöstern in den Blick genommen werden (z.B. im Fall der Klausurforderungen). Uffmann erläutert anschließend die "männliche" Reformperspektive, indem sie die Vorstellungen von Johannes Busch und Johannes Meyer, die beide bekanntlich an vielen Reformen in Frauenklöstern beteiligt waren und darüber in ihren Werken ausgiebig berichteten, Revue passieren lässt; es folgen Überlegungen zur Bildung der Chronistinnen und zur Rolle des Schreibens (im Dienst der Klosterreform) bzw. zum Kontext der historiographischen Aufzeichnungen (77-122).

Der Hauptteil der Arbeit ist den Klosterreformen aus der Perspektive der Chronistinnen gewidmet (123-253), wobei mehrere ausgewählte klösterliche Chroniken im Mittelpunkt stehen. Es sind dies Quellen aus den niederdeutschen Frauenklöstern Ebstorf, Lüne (beide Benediktinerinnen), Wienhausen (Zisterzienserinnen) und Heiningen (Augustinerchorfrauen), aus dem mittelrheinischen Drittordenskonvent in Besselich und aus den oberdeutschen Dominikanerinnenklöstern in Kirchheim (unter Teck) und St. Gallen. Uffmann stellt die Aufzeichnungen sowie deren Autorinnen vor und analysiert dann unter verschiedenen Gesichtspunkten die Durchführung und Folgen der Reformen im Spiegel der Aufzeichnungen der Nonnen. Eine Reform stellt sich unweigerlich als einschneidendes Ereignis auch in einer Klosterchronik dar. Die Aufzeichnungen berichten über die konkrete Durchführung einer Reform, geben aber auch Hinweise auf die (oft mühsam-langwierige) Etablierung des Reform-"Prozesses". Auch die Widerstand leistenden Teile der Konvente (und deren Unterstützer) werden, wenn auch indirekt und oftmals verzerrt, in den Chroniken dargestellt. Die von den Reformern propagierte Rückkehr zu den Ursprüngen des jeweiligen Ordens und für ein Leben im Einklang mit der Ordensregel spiegelt sich bei der Reform von Frauenklöstern nicht zuletzt in der Forderung nach einem gemeinschaftlichen Leben unter Beachtung der Klausur - "Verschließung" ist ein viel benutzter Begriff in den Quellen zu den Reformen. Die von Uffmann herangezogenen Chroniken und Aufzeichnungen thematisieren in der Regel auch verschiedene Personengruppen im geistlichen Umfeld der Klöster (Kapläne, Prokuratoren, Beichtväter usw.; lediglich mit starken Abstrichen sind z.B. die Bischöfe präsent, ebenso der Gesamtorden), genauso aber auch den Aspekt einer steigenden "Produktion" von Handschriften im Anschluss an eine Reform.

Etwas aus dem Rahmen fallen die während der Reformationszeit geschriebenen Chroniken der Anna Roede, Nonne im Benediktinerinnenkloster Herzebrock (Westfalen). Die Autorin schildert in ihnen im Gegensatz zu anderen Chroniken des 16. Jahrhunderts detailliert die Klosterreformen - vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, denen sich ihr Kloster in der Reformationszeit ausgesetzt sah (254-284).

Die abschließende Beurteilung der von Mönchen und Nonnen stammenden historiographischen Werke zeigt (was nicht so sehr überrascht), dass sich in den Aufzeichnungen aus Frauenklöstern durchaus andere Sichtweisen der Klosterreformen niederschlagen, finden sich doch in der "männlichen" Reformchronistik z.B. weit deutlicher antithetische Darstellungen, während die Nonnen die Reformen als weniger konfliktgeladen beschreiben: Wer nach einer Reform in einer strikten Klausur leben soll, ist auf ein halbwegs friedliches Miteinander mit denjenigen Teilen eines Konvents angewiesen, die eine Reform eher über sich ergehen lassen mussten - so eine Interpretation der Verfasserin.

Die abschließende Zusammenstellung der chronikalischen Aufzeichnungen aus Frauenklöstern sowie ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis runden den insgesamt sehr positiven Gesamteindruck des Buches ab. Die Dissertation von Heike Uffmann kann allen an der mittelalterlichen Ordensgeschichte Interessierten empfohlen werden; der moderate Preis des auch äußerlich ansprechend aufgemachten Buches könnte dabei durchaus einen Kaufanreiz bieten.

Joachim Kemper