Rezension über:

Renate Maier: Maria Katharina Kasper (1820-1898). Gründerin der Genossenschaft "Arme Dienstmägde Jesu Christi". Ein Beitrag zur Pastoralgeschichte des 19. Jahrhunderts (= Europäische Hochschulschriften. Reihe XXIII: Theologie; Bd. 894), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2009, 482 S., ISBN 978-3-631-59395-0, EUR 76,80
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Rezension von:
Joachim Schmiedl
Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
Redaktionelle Betreuung:
Nils Freytag
Empfohlene Zitierweise:
Joachim Schmiedl: Rezension von: Renate Maier: Maria Katharina Kasper (1820-1898). Gründerin der Genossenschaft "Arme Dienstmägde Jesu Christi". Ein Beitrag zur Pastoralgeschichte des 19. Jahrhunderts, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2009, in: sehepunkte 10 (2010), Nr. 5 [15.05.2010], URL: https://www.sehepunkte.de
/2010/05/17792.html


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Renate Maier: Maria Katharina Kasper (1820-1898)

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Katharina Kasper wurde 1820 in ärmlichen Verhältnissen in dem Westerwalddorf Dernbach geboren. Bei ihrem Tod 1898 war die von ihr gegründete Schwesterngemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi nicht nur in der Diözese Limburg, sondern in weiteren deutschen Bistümern bis nach Schlesien, sowie in Holland, England, Österreich (Böhmen) und den USA verbreitet. Anhand ihres schriftlichen Nachlasses und der Akten der kirchlichen Untersuchung der 1975 selig gesprochenen Gründerin stellt Renate Maier in ihrer in Sankt Georgen (Frankfurt) bei Michael Sievernich erstellten pastoraltheologischen Dissertation Leben und Werk in drei Teilen mit jeweils drei Kapiteln dar.

Die Autorin beginnt mit der Biographie der Ordensgründerin. Einem kurzen Überblick folgt eine ausführliche Präsentation der schriftlichen Hinterlassenschaft. Eigenhändig verfasste Briefe sowie in ihrem Auftrag von ihrer Sekretärin geschriebene Dokumente werden penibel aufgelistet. Jede Adressatin und jeder Adressat werden eigens vorgestellt. In dieser Amtskorrespondenz zeigt sich, so Maier, "die Bodenhaftung der Generaloberin, die, trotz der hohen christlichen Ideale, doch immer praktisch orientiert geblieben war" (115). Mit einer detaillierten Geschichte des Seligsprechungsprozesses schließt der erste Teil ab.

Der zweite Teil der Arbeit widmet sich dem Werk Katharina Kaspers. Die äußere und innere Entwicklung von einem Verein zu einer "Genossenschaft päpstlichen Rechts" mit den damit einhergehenden Veränderungen der rechtlichen Position der Generaloberin und des priesterlichen Leiters ging nicht ohne Spannungen, in erster Linie mit dem Superior Johann Jakob Wittayer, ab. Das Vertrauensverhältnis Kaspers zu den Limburger Bischöfen war dabei von großem Nutzen. Auf Drängen Wittayers entwickelten sich die Aufgaben der Gemeinschaft. Zur ursprünglich intendierten Konzentration auf die Kranken- und Armenpflege kamen bald Anfragen nach Schwestern für das Schul- und Erziehungswesen hinzu. In beiden Bereichen sorgte die nach der päpstlichen Bestätigung der Gemeinschaft zur Generaloberin gewählte Katharina Kasper für eine gediegene Ausbildung der Schwestern. Über regelmäßige Visitationen der Niederlassungen im In- und Ausland wurden Disziplin, Einheit und spirituelle Steuerung der Gemeinschaft aufrecht erhalten.

Im dritten Teil behandelt Renate Maier "Handeln und Spiritualität Katharina Kaspers". Dabei orientiert sie sich in weiten Partien am Schema des in einem Kanonisationsprozess geforderten Nachweises des so genannten "heroischen Tugendgrades". Der Umgang mit Personen, vor allem mit den Mitgliedern ihrer Gemeinschaft, die Hinwendung zu den Kranken und Sterbenden sowie die Beziehung zu Bischöfen und Priestern werden ebenso schematisch abgehandelt wie die gelebte Armut im Umgang mit materiellen Dingen. Katharina Kaspers Schriften werden von der Autorin analysiert unter den Aspekten des Aufgreifens biblischer Aspekte, von Elementen des spätmittelalterlichen Betrachtungsbuchs "Nachfolge Christi" des Thomas von Kempen sowie ignatianischer Elemente besonders in den Exerzitien der Armen Dienstmägde. Gänzlich der "Positio" des Seligsprechungsprozesses entnommen erscheint der letzte Abschnitt, in dem Kaspers Bezug zur kirchlichen Tradition diskutiert wird.

Über 100 Seiten nehmen die Anhänge ein. Renate Maier bibliographiert den gesamten Briefnachlass Katharina Kaspers. Die Dokumentation enthält die verschiedenen Konstitutionen der Gemeinschaft von 1844 bis 1890. Der historischen Einordnung dient die Edition einiger bislang nicht veröffentlichter Briefe aus dem Umfeld der Ordensgründerin. Schließlich werden die vatikanischen Dekrete zur Anerkennung der Kongregation ediert. Acht (!) Verzeichnisse schließen die Publikation ab.

Renate Maier hat ein ausführliches, alle wichtigen Aspekte des Lebens und Wirkens erfassendes Porträt der Ordensgründerin Katharina Kasper verfasst. Die ausführliche Dokumentation und die hervorragende Erschließung des Inhalts über die Verzeichnisse machen es leicht, auf Einzelheiten zuzugreifen. Die Persönlichkeit kommt in vielen Facetten zur Sprache, weil Maier ihre Heldin selbst zu Wort kommen lässt. Das ist die Stärke des Buches. Die Schwäche liegt in dem Gliederungskorsett, das sich die Autorin auferlegt hat. Das mag mit der schematisierten Anordnung des Quellenmaterials zusammenhängen, wie sie für den Seligsprechungsprozess gefordert ist und die Originalität der Persönlichkeit erst auf den zweiten Blick sichtbar macht.

Eine Anfrage ist schließlich auch an den Untertitel der Arbeit zu richten. Um einen "Beitrag zur Pastoralgeschichte des 19. Jahrhunderts" leisten zu können, hätte die Autorin nach Meinung des Rezensenten Persönlichkeit und Werk stärker in den theologischen, kirchenpolitischen und seelsorglichen Kontext der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellen müssen. Hier wäre der Beitrag Katharina Kaspers und der Armen Dienstmägde Jesu Christi zum Aufbau des katholischen Milieus, besonders für die Seelsorge in den ländlichen Gebieten des Bistums Limburg, aber auch in den Großstädten wie Frankfurt herauszuarbeiten gewesen. Leider wurde hier diese Chance vertan. Doch vielleicht gelingt es einer weiteren noch zu schreibenden Studie, aufbauend auf dem Materialangebot Renate Maiers, die pastorale Außenwirkung der Westerwälder Ordensgründerin und ihrer Gemeinschaft darzustellen.

Joachim Schmiedl