Rezension über:

Erika Manders: Coining Images of Power. Patterns in the Representation of Roman Emperors on Imperial Coinage, A.D. 193-284 (= Impact of Empire; Vol. 15), Leiden / Boston: Brill 2012, XVIII + 363 S., diverse s/w-Abb., ISBN 978-9-0041-8970-6, EUR 119,00
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Rezension von:
Peter Franz Mittag
Historisches Institut, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Peter Franz Mittag: Rezension von: Erika Manders: Coining Images of Power. Patterns in the Representation of Roman Emperors on Imperial Coinage, A.D. 193-284, Leiden / Boston: Brill 2012, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 3 [15.03.2013], URL: https://www.sehepunkte.de
/2013/03/21805.html


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Erika Manders: Coining Images of Power

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Auf der Basis einer 8227 Münztypen umfassenden Datenbank hat Erika Manders eine quantitative Analyse der Münztypen der Jahre 193 bis 284 n. Chr. vorgelegt. Aufbauend auf den methodischen Vorarbeiten von Noreña [1] möchte sie die Münztypen zum Sprechen bringen (7). Hierzu wendet sie sich in einem ersten Kapitel den historischen und methodologischen Rahmenbedingungen bzw. Grundlagen zu ("Coins in Context"; 11-62). Auf der sicher richtigen Annahme, dass die Gestaltung der Münzen nicht gegen den expliziten Willen des Kaisers oder der Personen in seinem direkten Umfeld vorgenommen wurde, möchte sie diese als Medium der Selbstdarstellung bzw. Propaganda (im Sinne von Cull, Culbert und Welch [2]) auswerten. Die vielfältigen Münztypen werden zu diesem Zweck zu Gruppen zusammengefasst (41-48: Dynastisches, Militärisches, Göttliches, saeculum aureum, Wohltaten, Vergangenheitsbezüge, restitutor-Botschaften, Herausgehobenheit der kaiserlichen Familie, Unspezifisches, Tugenden, aeternitas-Gedanke, Geographisches, Unica). Hier zeigen sich bereits erste methodologische Probleme, denn mancher Münztyp lässt sich nicht so einfach nur einer Kategorie zuordnen, was Manders allerdings selbst thematisiert (48 Anm. 162). Manche Darstellung wird zudem meines Erachtens einseitig interpretiert (etwa die Darstellung des Kaisers in der Triumphalquadriga, die auch einen processus consularis symbolisieren konnte und nicht unbedingt 'triumphal' gedeutet werden muss; auf Seite 82 wird die gleiche Darstellung zudem als Herausheben des Kaisers aus dem Kreis der übrigen Menschen und eine Annäherung an die göttliche Sphäre gedeutet). Zudem unterlässt es Manders, die einzelnen Münztypen nach Nominalen getrennt zu analysieren, obwohl es bei römischen Münzen signifikante Unterschiede bei der Gestaltung der verschiedenen Nominale gab. Hier wird eine zentrale Erkenntnisebene ausgeblendet. Dem möglichen Einwand, nicht die tatsächlich ausgeprägte Anzahl an Münzen sondern lediglich den Münztyp als statistische Basis verwendet zu haben, begegnet Manders mit einem Vergleich zwischen der Anzahl der Münztypen und der gefundenen Exemplare in großen repräsentativen Hortkomplexen. Auf dieser Basis kann sie zeigen, dass bei den antoniniani zumindest ähnliche Tendenzen zwischen der Häufigkeit von Münztypen und Fundmünzen ablesbar sind (53-61).

In den Kapiteln zwei bis fünf wendet sich Manders den vier bedeutendsten Gruppen auf der Makroebene zu. Sie beginnt mit den militärischen Themen (63-94), da Soldaten ihrer Meinung nach zweifellos die größte Gruppe innerhalb der römischen Bevölkerung gewesen sei, die Münzen verwendete (64). Aber wie auch immer man die Truppenstärken und die Einwohnerzahl Roms in der römischen Kaiserzeit berechnen mag, rein numerisch ist die plebs urbana sicher größer als das Militär. Davon abgesehen betont Manders zurecht, dass die Analyse der Victoria-Typen aufgrund der meist unzureichenden Datierung der Münzen erschwert wird, denn es sei häufig unklar, ob ein spezifischer Sieg oder die Sieghaftigkeit thematisiert werde (87). Eine überzeugende Kontextualisierung gelingt ihr bei den Legionsprägungen des Septimius Severus und Gallienus (93 f.).

Im Kontext der "Divine Propaganda" (Kapitel 3; 95-154) behandelt Manders die fünf am häufigsten auftretenden Götter (Jupiter, Hercules, Mars, Sol und Apoll) genauer, wendet sich dann dem Kaiser als sacerdos zu und schließt zwei Einzelfallstudien zu Elagabal und Aurelian an, verlässt hier also die Makroebene. Hinsichtlich der Verteilung der einzelnen Typen zeigt sich deutlich, dass - wohl durch die zunehmende Abwesenheit des Kaisers von Rom bedingt - der Kaiser immer stärker sakralisiert wurde und daher ab der Herrschaft des Quintillus nicht mehr als Priester in Erscheinung trat und auch nicht mehr den Titel pontifex maximus propagierte, sondern die Nähe zu den Göttern betonte (141-145).

Die Verteilung der kaiserlichen Tugenden (Kapitel 4; 155-185; insbesondere 161 mit figure 26) zeigt, dass fünf Tugenden besonders häufig betont wurden: providentia, liberalitas, virtus, pietas und aequitas, die daher von Manders einzeln besprochen werden. Ebenso wie die zunehmende Abwesenheit des Kaiser zu seiner Sakralisierung führte, reduzierten sich die Gelegenheiten von persönlichen Wohltaten gegenüber der plebs urbana, so dass der Hinweis auf die kaiserliche liberalitas im Lauf des Untersuchungszeitraums abnimmt (168). Dass angesichts des phasenweise turbulenten 3. Jahrhunderts virtus-Typen häufig sind, ist weniger auffällig.

In Kapitel 5 (187-220) werden alle Typen mit Bezug auf das Goldene Zeitalter besprochen. Hier zeigt sich nochmals, wie problematisch die von Manders vorgenommene Kategorisierung ist, denn nahezu alle nicht anderweitig unterzubringenden positiven Botschaften werden hier subsumiert, so dass es nicht erstaunlich ist, dass dieser Themenkomplex bei 34 von 35 Kaisern erscheint und insgesamt am häufigsten ist (vgl. 190, figure 27). Wegen dieser Unschärfe kann Manders auch nicht erklären, weshalb unter Septimius Severus und Caracalla vergleichsweise wenige dieser Typen ausgeprägt wurden (191). Die genannten methodologischen Probleme erklären vielleicht auch, wieso die Zusammenfassung der Makroanalyse (221 f.) nur wenig Unerwartetes bietet.

Im zweiten Teil werden die Münztypen der drei Kaiser Caracalla, Traianus Decius und Gallienus genauer betrachtet, weil sie jeweils eine genügend große Anzahl an Typen aufweisen und auf den Untersuchungszeitraum verteilt sind (4 und 303). Diese "case studies" erfüllen viele der vorhergehenden Ausführungen mit Leben und können die eine oder andere vorher ungelöste Frage beantworten helfen. Insofern sind sie auch zum Verständnis der Makroanalyse sehr hilfreich.

Hinsichtlich der Typenauswahl Caracallas fällt auf, dass die vergleichsweise 'normale' Verteilung in der Phase der Samtherrschaft mit seinem Vater während seiner Alleinherrschaft einem deutlichen Schwerpunkt im Bereich der "divine association" weicht, der zusammen mit militärischen Typen fast 5/6 der Gesamtprägung ausmacht (231, figure 34). Unter den Gottheiten erscheinen ausnahmsweise auch Pluto und Serapis, die Manders in Anlehnung an l'Orange [3] mit der constitutio Antoniniana, der sich daraus ergebenden größeren Steuerlast der Reichsbevölkerung und insbesondere den größeren Getreidelieferungen aus Ägypten verbindet (239). Unberücksichtigt bleibt in diesem Zusammenhang allerdings ein möglicher Bezug zur angeblichen Hilfe des Serapis für den in Seenot geratenen Kaiser. [4] In ähnlicher Weise könnte man auch überlegen, ob die Elefantendarstellungen tatsächlich (nur) ein Hinweis auf Spiele oder die kaiserliche Stärke sein müssen (250) oder auch als Symbol der aeternitas interpretiert werden können.

Bei Traianus Decius fällt auf, dass seine Münzen nur wenige Götterdarstellungen und niemals den Kaiser als Priester zeigen, was angesichts der in der literarischen Tradition besonderen Betonung seines Opferedikts zumindest bemerkenswert ist. In Anlehnung an Bleckmann [5] deutet Manders das Opferedikt daher primär unter dem Blickwinkel der Herrschaftslegitimation (262). Bei der Interpretation der divus-Serie des Decius gibt Manders zurecht zu bedenken, ob man nicht stärker in Betracht ziehen sollte, dass Decius damit den Beistand der vergöttlichten Vorgänger betonen wollte (265).

Die Münzen des Gallienus zeigen deutliche Unterschiede zwischen seiner Mitherrschaft unter Valerian und seiner Alleinherrschaft, allerdings lassen sich auch eine Reihe von Kontinuitäten feststellen (vgl. 301 f.).

Sechs Appendices ergänzen die Ausführungen (Liste der Herrscher, Münzen mit Jupiter, Hercules, Mars, Sol und Apollo nach RIC, andere Gottheiten nach RIC, detaillierte Übersichten der Typen für Caracalla und Gallienus' "joint reign", Wiederholung der Abbildungen).

Insgesamt zeigt der vorliegende Band, welche Möglichkeiten eine quantitative Untersuchung der Münztypen eröffnet - und das ist auch der Grundtenor der "Conclusions" (303-309). Viele wichtige Einzelbeobachtungen unterstreichen dies. Doch ebenso deutlich wird, dass hier noch sehr viel Detailarbeit notwendig ist, um die genannten v.a. methodologischen Probleme anzugehen. In jedem Fall extrem hilfreich sind die vielen tabellarischen und graphischen Aufbereitungen des umfangreichen Materials, wodurch die Kontextualisierung einzelner Münztypen in Zukunft deutlich erleichtert wird.


Anmerkungen:

[1] C.F. Noreña: Imperial Ideals in the Roman West: Representation, Circulation, Power, Cambridge Mass. 2011.

[2] N.J. Cull / D. Culbert / D. Welch: Propaganda and Mass Persuasion: A Historical Encyclopedia, 1500 to the Present, Santa Barbara 2003, 318.

[3] H.P. l'Orange: Apotheosis in Ancient Portraiture, Oslo 1947, 82.

[4] CIL 6.2103a Z. 8, Dio 78.16.7, SHA Car. 5.8; C. Bosch: Die kleinasiatischen Münzen der römischen Kaiserzeit. Teil II. Einzeluntersuchungen. Band 1: Bithynien, Stuttgart 1935, 287; K.W. Harl: Civic Coins and Civic Politics in the Roman East: A. D. 180-275, Berkeley 1987, 56.

[5] B. Bleckmann: Zu den Motiven der Christenverfolgung des Decius, in: K.-P. Johne / T. Gerhardt / U. Hartmann (Hgg.), Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jh. und ihre Rezeption in der Neuzeit, Stuttgart 2006, 57-71.

Peter Franz Mittag