STELLUNGNAHME ZU

Karina Urbach: Rezension von: Hubertus Büschel: Hitlers adliger Diplomat. Der Herzog von Coburg und das Dritte Reich, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2016, in: sehepunkte 16 (2016), Nr. 9 [15.09.2016], URL: http://www.sehepunkte.de/2016/09/28779.html


Von Hubertus Büschel, Groningen

Im Folgenden äußere ich mich zu Karina Urbachs Rezension meines neuesten Buches über den Herzog von Coburg zur Zeit des Nationalsozialismus, da diese Besprechung zahlreiche nicht zutreffende Behauptungen enthält. Zu Meinungsäußerungen über die Anlage des Buches - etwa im Sinne einer Biographie - werde ich dagegen nichts sagen; das soll allerdings nicht bedeuten, dass ich der Rezensentin mit Blick auf neuere Forschungen zum Genre der historischen Biographie zustimme.[1]

Unzutreffend ist Urbachs Behauptung, ich hätte aus zwei Studien über Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha "wichtige Forschungsergebnisse" übernommen, "leider nicht immer mit korrekten Quellenbelegen". In diesem Zusammenhang nennt die Rezensentin Harald Sandners 2011 (nicht 2010, wie die Rezensentin schreibt) im Verlag Shakers Media erschienenes Buch "Hitlers Herzog"[2] und ihre 2015 bei Oxford University Press veröffentlichte Arbeit "Go Betweens for Hitler".[3] Sie unterstellt damit, ich hätte diese Arbeiten nicht korrekt als Quellen meiner Untersuchung benannt. Richtig ist dagegen, dass beide Studien in meinem Buch genannt und besprochen werden (S. 27f.); auch wird entsprechend den wissenschaftlichen Gepflogenheiten auf beide Arbeiten Bezug genommen.

Anders als die Rezensentin, die sich bei ihren Ausführungen in "Go Betweens for Hitler" - auch in Form von Sekundärzitaten - stark auf Sandner stützt,[4] habe ich mich hingegen dafür entschieden, eigene Quellenrecherchen durchzuführen und eigene Analysen vorzulegen. Denn die als Tatsache erscheinende Auffassung von Urbach, dass es sich bei Sandners Studie um Forschungsliteratur handele, ist unzutreffend. Ich schätze hingegen Sandners Arbeit als den gängigen wissenschaftlichen Standards nicht genügend ein: Das Buch führt keinerlei Fußnoten an und weist damit weder Sekundärliteratur noch verwendete Quellen in überprüfbarer Weise nach.[5] Ich war entsprechend vorsichtig, mich auf Sandners Buch zu beziehen.

Nicht korrekt ist auch die Behauptung, Sandner habe eine völlig neue Quelle benutzt, "die lang verschollenen Taschenkalender Carl Eduards, die ihm von der Herzoglichen Hauptverwaltung des Hauses Coburg zur Verfügung gestellt wurden", wie Urbach schreibt. Nach ausführlichen Briefwechseln und drei persönlichen Gesprächen mit den Vertretern der Familie und dem damaligen Verwaltungsdirektor erhielt ich vom 5.-13. Januar 2015 Zugang zu allen Akten des Hausarchivs der Stiftung von Sachsen-Coburg und Gotha. Die Vertreter der Familie der Sachsen-Coburg und Gotha sowie der Verwaltungsdirektor haben mir bei den Vorgesprächen zu den Recherchen mehrfach versichert, dass ich die erste Person sei, die Zugang zu den Unterlagen und somit auch zu den von Urbach angesprochenen Taschenkalendern des Herzogs von Coburg erhalte. Sandner habe niemals selbst die Unterlagen erforschen können; ein ehemaliger Mitarbeiter der Stiftung habe ihm am Telefon lediglich Auszüge aus den Taschenkalendern vorgelesen. Überdies konnte ich im Hausarchiv einen Aktenordner mit umfänglicher Korrespondenz zu Benutzungsanträgen einsehen. Hier sind keinerlei Unterlagen enthalten, die darauf hinweisen, dass Sandner die Taschenkalender des Herzogs von Coburg oder sonstige Dokumente des Hausarchivs selbstständig erforscht hätte. Überdies waren die Taschenkalender nie "verschollen" - wie Urbach schreibt - , sondern - so die Aussage der Mitglieder der herzoglichen Familie - immer sicher verwahrt, allerdings nicht für Forscherinnen und Forscher zugänglich.

Die von mir im Hausarchiv der Stiftung von Sachsen-Coburg und Gotha eingesehenen Quellen sind in meiner Studie aufgeführt, teilweise abgebildet und in Fußnoten ordnungsgemäß zitiert. Ich habe insgesamt einer wissenschaftlichen Vorgehensweise den Vorrang gegeben vor einem Aufführen von unüberprüfbaren Behauptungen (Sandner) beziehungsweise einem Zitieren dieser unüberprüfbaren Behauptungen (Urbach).

Falsch ist weiter Urbachs Behauptung, dass ich "Hitlers Methode, Adelige als Geheimdiplomaten einzusetzen", übernommen und in "Scheindiplomatie" umbenannt hätte. Hier liegt zunächst ein offensichtlicher sprachlicher Mangel der Rezension vor: Sicherlich will Urbach nicht behaupten, dass ich eine Methode Hitlers übernommen hätte. In dieser Äußerung können allerdings - so meine Ansicht - die Leserinnen und Leser der Rezension eine unlautere Übernahme von wissenschaftlichem Gedankengut ohne entsprechende Verweise auf die angebliche Urheberin Urbach erkennen. Diese liegt jedoch nicht vor. Tatsächlich ist durch zahlreiche - in meiner Arbeit auch zitierte - Forschungen hinlänglich bekannt, dass auch Adlige für die Dienststelle Ribbentrop (bis 1935 auch Büro Ribbentrop) eine maßgebliche Rolle spielten.[6] Hierfür prägte die Forschung unterschiedliche Begrifflichkeiten. Meine Darstellung hat nichts mit dem von Urbach für sich beanspruchten Begriff der "Geheimdiplomatie" gemein; hingegen halte ich den Terminus sogar für falsch und irreführend, zumindest für das Handeln des Herzogs von Coburg. Carl Eduards Interventionen fanden keinesfalls im Geheimen und Verborgenen statt, sondern öffentlich und mit gezielter Nutzung der nationalsozialistischen Propaganda. Gleichwohl beziehe ich mich in den Fußnoten zu Kapitel II, Nr. 160, 161 ausdrücklich auf Urbachs Forschungen und verweise auf diese. Das gleiche gilt für Kapitel II, Fußnote 431, wo ich eine Quelle nach Urbach zitiere.

Zur angeblichen Übernahme von Quellen aus den Royal Archives aus Urbachs Studie: Unzutreffend ist Urbachs Behauptung, ich hätte "aus den Go-betweens alle Royal Archives Signaturen übernommen". Richtig ist, dass ich in den Royal Archives Windsor eigene Archivrecherchen unternommen habe und die erforschten Unterlagen entsprechend zitiere. Die Rezensentin hat mich selbst beraten, wie ich Zugang zu den Royal Archives Windsor erhalten konnte; hierfür bin ich Urbach dankbar. Tatsächlich habe ich dort dann am 17. Februar 2014 Einsicht in die von mir genannten Unterlagen genommen. Das Kapitel, in dem Urbach Übernahmen aus ihren Studien vermutet, bezieht sich offensichtlich auf S. 147-162 meines Buches. Hier werden die Briefe des Herzogs von Coburg an seine Schwester Alice Athlone von mir zitiert. Auf die Forschungen von Urbach hierzu beziehe ich mich in den Fußnoten 202, 209 und 232.[7] Dass ich hier irgendwelche Quellen von Urbach übernommen haben soll und dass sie das durch "Übertragungsfehler" in den Signaturen erkennen könnte, ist unzutreffend.

Die Rezensentin nennt in ihrer Studie die Signatur ACA/10 (hierzu S. 360 und S. 344, Fußnote 65) und weiter die Signatur ACA/A (hierzu S. 345, Fußnote 103 und 104). Ich hingegen zitiere die mir durch die Royal Archives mitgeteilten und zu den von mir selbst eingesehenen Akten gehörenden Signaturen AECA/ACA/10 und AV/FF 31 (S. 276, Fußnote 203 und 205). Lediglich in der Fußnote 257 (S. 279) ist mir ein Fehler unterlaufen. Dort ist fälschlicherweise von ACA/10 (ohne AECA) die Rede (vgl. S. 300). Hierbei habe ich - so erschließt sich teilweise aus dem Buch der Rezensentin - die gleichen Akten wie Urbach eingesehen, die von ihr allerdings anders und nicht mit der oben genannten verkürzten (meines Erachtens nicht korrekten) Signatur, welche die Rezensentin in ihrem Buch nennt, zitiert wurden. Weiter habe ich die Signatur AV/FF 31 eingesehen und zitiert, die in Urbachs Studie nicht genannt wird. Somit ist Urbachs Behauptung, dass sie die Übernahme von Signaturen aus angeblichen "Übertragungsfehlern" in meinem Buch erkennen könne, falsch. Richtig ist hingegen, dass ich andere Signaturen wie die Rezensentin verwende.

Urbach behauptet weiter zu meinem Text auf S. 149, der mit Fußnote 203 (S. 276) belegt ist, dass hier ein "Sachverhalt behauptet" würde, der "so nicht in den Quellen" stünde. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, worauf die Rezensentin ihre - meines Erachtens nicht korrekte - Aussage gründen will, denn ich beziehe mich zusammenfassend und korrekt in besagter Fußnote auf verschiedene Schreiben des Herzogs von Coburg an seine Schwester aus der Signatur AECA/ACA/10, die in Urbachs Studie nicht genannt wird und zu der nicht klar ist, ob sie der von der Rezensentin verwendeten (meines Erachtens falschen) Signatur ACA/10 entsprechen.

Unzutreffend ist weiter Urbachs Behauptung zu S. 274, Fußnote 172 meines Buches, dass ich einen von März 1939 datierter Brief des Herzogs von Coburg an seine Schwester Alice auf die Hoffnung Carl Eduards beziehe, eine repräsentative Rolle bei den Olympischen Spielen 1936 einzunehmen. Dies habe ich nicht geschrieben. Es ist falsch und so nicht in meinem Buch enthalten, dass der Text nach dem Quellenzitat auf S. 274, Fußnote 172 meines Buches sich auf den Quellenbeleg bezieht. Hingegen bezieht sich mein Text auf die Motive des Herzogs von Coburg für seine Bemühungen vor 1936, sich bei NS-Größen in ein für ihn günstiges Licht zu rücken. Dies erschließt sich Leserinnen und Lesern ohne weiteres, da in der Fußnote die beiden Jahreszahlen 1939 und 1936 genannt sind. Urbach hat somit auch in dieser Stelle eine falsche Behauptung aufgestellt.

Zu den von Karina Urbach genannten "verzeihlichen Fehlern": Auch dies sind tatsächlich keine Fehler. Beim Anschluss Coburgs an Bayern mache ich den Unterschied zwischen Vertragsabschlüssen und deren allmählicher Durchsetzung (S. 74). Hierbei gehe ich konform mit grundlegenden Forschungen.[8] Wenn man somit Behördenübergänge etc. berücksichtigt, ist der Satz, dass "Coburg 1921 zu Bayern kam" nicht per se falsch.

Unzutreffend ist Urbachs Behauptung, dass ich auf S. 41 schreiben würde, das sogenannte Coburger Ehrenzeichen sei dem Herzog von Coburg 1935 verliehen worden. Hingegen wird das - von der Rezensentin als richtig eingestufte - Jahr 1932 an dieser Stelle in meinem Buch völlig korrekt genannt.

Zumindest spitzfindig ist es, wenn die Rezensentin den April 1945 nicht mehr unter den Anfang eines Jahres zählen will. Auf S. 232 schreibe ich, dass sich Grawitz "Anfang 1945" das Leben nahm, was Urbach als Fehler ansieht.

Als strittig sehe ich an, dass der bekannteste Biograph Edwards VIII. Philip Ziegler,[9] wie Urbach behauptet, "verharmlosende" Tendenzen aufweisen würde und dass ich mich mit meinen Verweisen auf Ziegler auf überkommene Forschungen der 1990er Jahre beziehe. Mir sind keine der von Urbach angesprochenen angeblichen neueren und auf validen Quellen basierenden Forschungen zu Edward VIII. und Georg VI. bekannt, die eindeutig in die von ihr behauptete Richtung weisen würden. In den von mir untersuchten Akten habe ich des Weiteren keine Hinweise finden können, dass Georg VI. bis 1938 irgendeine "Beschwichtigungspolitik gegenüber Deutschland" (so Urbach) unterstützt hätte. Auch aus der Lektüre von Urbachs Studie "Go Betweens" erschloss sich mir nichts dergleichen; hingegen zitiert die Rezensentin dort selbst immer wieder Ziegler bzw. belegt kritische Bemerkungen zu Ziegler nicht mit der von ihr behaupteten neueren Forschung.[10] Auch in der Rezension werden entsprechende Forschungen in diesem Zusammenhang nicht genannt.

Ich halte es zudem für eine wissenschaftliche Rezension für unangemessen, dass Urbach ihr Leseerlebnis von angeblich fehlerhaften, aber tatsächlich richtigen und korrekt zitierten Schilderungen in meiner Arbeit mit "amüsant" und "unterhaltsam" beschreibt. Diese Begrifflichkeit - so meine Meinung - ist umso befremdlicher in Bezug auf einen Text, der von nationalsozialistischer Diplomatie und Propaganda im Sinne von Hitlers machtpolitischen Zielen handelt und Themen wie den Krankenmord, die deutschen Konzentrationslager und den Holocaust berührt.

Anmerkungen:

[1] Einen guten Überblick bietet: Thomas Etzemüller, Biographien: Lesen, erforschen, erzählen, Frankfurt/M. 2012.

[2] Harald Sandner, Hitlers Herzog. Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha. Die Biographie, Aachen 2011.

[] Karina Urbach, Go Betweens for Hitler, Oxford 2015.

[4] Urbach, Go Betweens, S. 340, Fußnote 66, 68, 69, 70, 72, 76, 80, S. 341, Fußnote 81, 83, 84, 87, 90, 92, S. 342, Fußnote 22, S. 343, Fußnote 38, 39, 40, 42, 45, 46, 47, 58, S. 345, Fußnote 107, 110, S. 346, Fußnote 129.

[5] Darauf verweist auch Eckart Conze in seiner Rezension zu Urbachs Studie. Eckart Conze: Rezension zu: Urbach, Karina: Go-Betweens for Hitler. Oxford 2015 , in: H-Soz-Kult, 03.02.2016, www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-24866.

[6] Vgl. beispielsweise: Jonathan Petropoulos, Royals and the Reich. The Princes von Hessen in Nazi Germany, Oxford 2006; Fabrice D'Almeida, Hakenkreuz und Kaviar. Das mondäne Leben im Nationalsozialismus, Düsseldorf 2007; Eckart Conze u.a., Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010.

[7] Hier auch auf Karina Urbach, Age of New Extremes? The British Aristocracy Torn between the House of Lords and the Mosley Movement, in: Dies. (Hrsg.), European Aristocracies and the Radical Right 1918-1939, Oxford 2007, S. 53-71.

[8] Jürgen Erdmann, Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923, Coburg 1969.

[9] Philip Ziegler, King Edward VIII., London 1990.

[10] Urbach, Go Betweens, S. 191, Fußnote 83, 84 (S. 344) und S. 193, Fußnote 91 (S. 345).


REPLIK


Von Karina Urbach



Gerne beantworte ich Herrn Büschels Stellungnahme zu meiner Rezension.

Zu Punkt 1 den Taschenkalendern von Carl Eduard Coburg: Herr Büschel irrt sich hier leider. Harald Sandner hat tatsächlich lange vor ihm diese Quelle eingesehen und darüber publiziert. Das wird offensichtlich, wenn man Herr Sandners Biographie über den Herzog von Coburg liest. Dazu hat Herr Sandner eine Stellungnahme abgegeben auf die ich hier verweise.

2. Parallelen zwischen meinem Forschungsansatz und dem von Herrn Büschel:
In "Go-Betweens for Hitler" zeigte ich, wie Regierungs- und Staatsoberhäupter von 1914 bis 1940 international vernetzte Adelige als "backchannels" einsetzten, um die offizielle Diplomatie zu umgehen. Hitlers Anwendung dieser Methode wird bei mir ausführlich erklärt. Herr Büschel gelangt auf der Basis der gleichen Untersuchungsgruppe bezüglich der Beweggründe Hitlers, sich dieser Methode zu bedienen, zu ähnlichen Ergebnissen wie ich.

Es überrascht mich, dass Herr Büschel in seiner Stellungnahme behauptet, ich hätte in meinen Kapiteln über den Herzog von Coburg keine neuen Quellenfunde vorzuweisen. Er benutzt mehrere davon. Dazu gehören russische Verhörprotokolle von Ribbentrops Mitarbeitern (siehe Khristoforov, V. et al. (Hrsg.), Rossiya. XXVek. Dokumenty. Tainy diplomatii tret'ego reikha. Germanskie diplomaty, rukovoditeli zarubezhnykh voennykh missii, voennyi i politseiskie attashe v sovetskom plenu. Dokumenty iz sledstvennykh del 1944/1945, Moskau, 2011), aber vor allem meine britischen Archivfunde. Der in den Royal Archives befindliche Briefwechsel von Carl Eduard Coburg mit seiner Schwester wurde von mir erstmals publiziert.
Was meine Signaturen betrifft, irrt sich Herr Büschel ebenfalls: Ich bin nach dem geltenden Archivrecht verfahren, das besagt, dass man bei Nutzung von Royal Archives Material das Manuskript vor der Publikation bei der Archivarin einreichen muss. Sie überprüft und verbessert noch einmal alle Zitate und Signaturen. Das ist in meinem Fall geschehen.
Abgesehen von den Royal Archives Quellen hat Herr Büschel weitere neue Funde von mir nicht durchgängig gekennzeichnet. In seinem Kapitel über "Die britische Aristokratie und die deutschen Konzentrationslager" (Büschel 196ff.) benutzt er bei mir bereits aufgeführte Quellen über den Herzog von Connaught und andere britische Adelige die sich für Konzentrationslager interessierten. (siehe Go-Betweens S. 187f.) 


3. Zu meiner Kritik über Herrn Büschels Benutzung von veralteter Forschungsliteratur:

In meiner Rezension zitiere ich in Fußnote fünf ganz deutlich die neueste Literatur über Baldwins Beweggründe, Edward VIII. zu "entsorgen." Philip Ziegler wird dagegen - anders als von Herrn Büschel in seiner Stellungnahme dargestellt - in meinem Buch äußerst kritisch behandelt. Ziegler ist ein Berufsdiplomat, der von der Royal Family in den 1990er Jahren den Auftrag bekam, die offizielle Biographie Edward VIII zu schreiben. Seine positiven Bewertungen Edwards VIII sind daher mit Vorsicht zu betrachten. Sie sind darüber hinaus überholt. Mittlerweile gibt es viele neue Erkenntnisse. Ein Grund, warum die Go-Betweens in Großbritannien für Aufsehen sorgten, waren u.a. meine neuen spanischen Quellenfunde über Edward VIII, Duke of Windsor. Die Presse berichtete ausführlich über die Publikation (siehe dazu auch: Newsweek: http://www.newsweek.com/user/18099 und den Guardian: https://www.theguardian.com/commentisfree/2015/jul/19/nazi-hitler-royal-family).

Dass Georg VI. die Appeasementpolitik Chamberlains unterstützte, ist schon lange bekannt und wird u.a. auch bei Jonathan Petropoulos beschrieben.

4. Zu den 'verzeihlichen Fehlern':


- Auf S. 142 schreibt Herr Büschel über den Herzog von Coburg: "Was ihn 'am meisten freue' so schrieb Carl Eduard am 2. März 1939 an seine Schwester Alice Athlone in London, sei, dass seine 'Hilfe' immer noch gebraucht werde - obwohl sie 'dieser Tage' ständig sagen würden, dass 'nun die Jungen regieren müssen'." Die dazugehörende Fußnote Nr. 172 lautet bei Herrn Büschel: "RA Windsor AV FF 31. Carl Eduard an Alice Athlone am 2.3.1939. Ganz konkret lockte eine repräsentative Rolle bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936, dem gesellschaftlichen Großereignis des Dritten Reiches schlechthin." Der darstellerische Zusammenhang ist hier also m.E. unsinnig. 1939 hoffte Carl Eduard Coburg sicher nicht mehr auf eine Stellung bei den Olympischen Spielen. Darüber hinaus hat Carl Eduard diesen Brief nicht in deutscher Sprache verfasst. Alle Briefe an seine Schwester sind in englischer Sprache geschrieben. Die Übersetzung der Briefstelle hat Herr Büschel aber nicht kenntlich gemacht. In Go-Betweens ist der Brief in korrekten Zusammenhang auf S. 175 wiedergegeben, siehe: "Carl Eduard also stressed how important it was to feel 'useful' again. He wrote to his sister Alice in 1939: 'What pleases me most is that they still need our help. In spite of their saying nowadays that the young must rule'."


- Zu der Frage: Wann kam Coburg zu Bayern? Laut allen Standardwerken fand die Vereinigung mit dem Freistaat Bayern am 1. Juli 1920 statt. Herrn Büschels Argumentation erscheint mir daher merkwürdig. Wenn er die "Durchsetzung" dieses Vertrags meint, sollte er es besser formulieren. Aber selbst dann stellt sich die Frage, wieso diese Durchsetzung 1921 abgeschlossen gewesen sein soll?


- Zu der bizarren Frage, ob der April noch der Jahresanfang ist: Ich bleibe dabei, im April ist Frühling!