Karl-Heinz Roth: Facetten des Terrors. Der Geheimdienst der "Deutschen Arbeitsfront" und die Zerstörung der Arbeiterbewegung, Bremen: Edition Temmen 2000, 280 S., 10 Abb., ISBN 978-3-86108-768-7, EUR 20,90
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Eric A. Johnson: Der nationalsozialistische Terror. Gestapo, Juden und gewöhnliche Deutsche. Aus dem Amerikanischen von Udo Rennert, Berlin: Siedler 2001, 704 S., ISBN 978-3-88680-619-5, EUR 34,80
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Robert Gellately: Hingeschaut und weggesehen. Hitler und sein Volk. Aus dem Amerikanischen von Holger Fliessbach, München: DVA 2002, 456 S., ISBN 978-3-421-05582-8, EUR 29,90
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Astrid M. Eckert: Kampf um die Akten. Die Westalliierten und die Rückgabe von deutschem Archivgut nach dem Zweiten Weltkrieg, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2004
Alexander Nützenadel / Wolfgang Schieder (Hgg.): Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004
Stephan Lehnstaedt: Okkupation im Osten. Besatzeralltag in Warschau und Minsk 1939-1944, München: Oldenbourg 2010
In den letzten zehn Jahren ist die neuere Polizeiforschung zweifellos zu einem der produktivsten Zweige der NS-Historiographie überhaupt avanciert. Ausgehend von Robert Gellatelys Studie über die Herrschaftspraxis der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) im Gau Mainfranken, im englischen Original 1990 publiziert [1], waren es vor allen Dingen Klaus-Michael Mallmann und Gerhard Paul, die sich in vielen Monografien und Aufsätzen, vorwiegend zum Saarland und zu Schleswig-Holstein, und in zwei Sammelbänden mit der Rolle der Gestapo im NS-Regime auseinander gesetzt haben.[2] Dabei ist es ihnen gelungen, die durch die Totalitarismustheorie der 1950er-Jahre inspirierte Vorstellung, die Gestapo sei eine allmächtige und omnipräsente Institution gewesen, die die deutsche Gesellschaft nahezu lückenlos überwacht habe, als Mythos zu entlarven. Mallmann und Paul haben gezeigt, dass die Gestapo auf Grund ihrer permanenten Personalknappheit kaum in der Lage war, eigene Ermittlungen durchzuführen. Stattdessen griff sie in hohem Maß auf freiwillige Informationen zurück, die ihr die deutsche Bevölkerung lieferte. Vor allen Dingen die Denunziationen [3] und - zu einem geringeren Teil - die aus der Bevölkerung rekrutierten V-Leute trugen zu den Erfolgen der Gestapo bei.
Einzelstudien zu regionalen Gestapo-Stellen haben bestätigt, dass die Denunziationen für die Aktivitäten der Gestapo in der Tat wichtig waren. Jedoch tendiert die neuere Polizeiforschung dazu, diesen Befund doch stark zu überzeichnen. So hat Gellately die angeblich überbordende Denunziationsbereitschaft der deutschen Bevölkerung zur Vorstellung verdichtet, sie habe sich geradezu selbst überwacht ("self-policing").[4] Mallmann und Paul haben in diesem Zusammenhang von "gesellschaftlicher Selbstpolizierung" gesprochen und vertreten die Ansicht, das terroristische Vorgehen der Gestapo gegen Regimegegner sei von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung getragen worden. Der Terror, so formulierten Mallmann und Paul seinerzeit, habe "plebiszitäre Züge" getragen.[5] Inzwischen droht die Literaturflut zum Thema Gestapo und Terror nahezu uferlos zu werden. Es ist daher Zeit für eine Bestandsaufnahme, welchen Beitrag die neuere Polizeiforschung zur Interpretation des NS-Regimes geleistet hat und wo ihre Entwicklungsmöglichkeiten liegen.
Vorzustellen sind nun drei Monografien, die allesamt der neueren Polizeiforschung zuzurechnen sind, sich in ihrem wissenschaftlichen Gehalt jedoch gravierend voneinander unterscheiden.
Karl-Heinz Roth, einer der produktivsten Forscher zum "Dritten Reich", hat eine Arbeit zum Amt Information der Deutschen Arbeitsfront (DAF) vorgelegt, die in gewisser Weise bahnbrechend ist. Roth, ausgewiesen durch einschlägige Studien zur DAF, zur NS-Wirtschafts- und Besatzungspolitik sowie zur Elitengeschichte im "Dritten Reich", ist nämlich der erste Autor, der sich in monografischer Form mit diesem Thema beschäftigt. Bisher galt der Aktenbestand des Amtes Information der DAF als komplett vernichtet, eine Einschätzung, die Roth nunmehr überzeugend widerlegt. Seine Darstellung gliedert sich in eine Einleitung, in der er die institutionelle Entwicklung und die Tätigkeitsfelder des Amtes Information der DAF skizziert und einige Hypothesen zu dessen Stellenwert für des NS-Regime entwickelt (9-53), und einen Quellenteil, der insgesamt 37 Dokumente zum Wirken dieser Institution beinhaltet (55-264). Ein Abkürzungsverzeichnis und ein kombiniertes Orts-, Personen- und Sachregister beschließen die vorliegende Monografie, die eher als Quellensammlung anzusehen ist.
In seiner Einleitung kritisiert der Autor Gellatelys, Mallmanns und Pauls These, es habe sich beim "Dritten Reich" um eine sich selbst überwachende Gesellschaft gehandelt (10). Dagegen geht Roth davon aus, dass der NS-Terrorapparat komplexer strukturiert war und die Gestapo nur einen Teil eines weitergespannten polizeilichen Feldes bildete, zu dem auch das Amt Information der DAF gehörte (17 f.). Im weiteren Verlauf schildert Roth dann die institutionell-organisatorische Entwicklung der Abteilung Information, deren Selbstverständnis als Aktionstruppe gegen die "marxistische Zersetzung" in den Betrieben und deren Tätigkeitsschwerpunkte. Dazu gehörten die Überwachung von Arbeitern, das Vorgehen gegen "Trojanische Pferde" in der DAF, der Kampf gegen die Kurzstreiks in den Jahren 1935/36 und die Zersetzung der Gewerkschaft der Seeleute als letzte Enklave der Arbeiterbewegung (25, 29 und 34-37).
Die Methoden, derer sich das Amt Information der DAF bediente, waren - ohne dass Roth dies ausdrücklich erwähnt - polizeilicher Art. Zunächst baute man einen umfassenden Berichts- und Informationsapparat in den Gau-, Kreis- und Ortsverwaltungen der DAF und in den Betrieben auf, der sowohl die Berliner Zentrale als auch die zuständigen Gestapobehörden mit Informationen über das Verhalten der Arbeiterschaft versorgte. Oft schritten die Aktivisten des Amtes Information der DAF selbst zu Verhaftungen. Es ist insofern irreführend, dieses Amt als einen Geheimdienst zu bezeichnen, wie es der Autor durchgängig tut. Vielmehr scheint es ein eigenständiger Disziplinierungsapparat gewesen zu sein, der mit anderen Behörden zusammenarbeitete. Auch sind Roths Thesen zur Bedeutung des Amtes Information der DAF durch das von ihm präsentierte Quellenmaterial nicht gedeckt. Aus den abgedruckten Schriftstücken lässt sich jedenfalls nicht ableiten, dass das Amt Information der DAF effizient gewesen sei, was sich im Frühjahr 1933 gezeigt habe, als mit dem kommunistischen Arbeiterwiderstand "aufgeräumt" wurde, und bei den Verhaftungswellen der Jahre 1933/34, als die Festnahmen mit "fast traumwandlerische[r] Sicherheit" erfolgten (41). Bis auf zwei Ausnahmen, die nur von institutionengeschichtlicher Relevanz sind, sind alle der von Roth präsentierten Dokumente erst nach dem März 1934 entstanden, also nach dem Zeitraum, auf den sich seine Hypothesen eigentlich beziehen.
Alles in allem drängt sich der Eindruck auf, dass das Amt Information der DAF zwischen 1935 und 1937 zwar für die Kontrolle der Arbeiterschaft im "Dritten Reich" von Bedeutung war, nicht aber als Ursache für die "Zerstörung der Arbeiterbewegung" anzusehen ist, wie Roths Buchtitel suggeriert. Von einer geringeren Bedeutung des Amtes Information der DAF wird des weiteren auch auszugehen sein, weil sich Robert Ley, der Leiter der DAF, 1937/38 dazu entschloss, es aufzulösen und in den Sicherheitsdienst (SD) der SS überführen zu lassen. Diese Selbstentmachtung hätte der stets auf Expansion seiner Zuständigkeiten drängende Ley wohl kaum zugelassen, wenn das Amt Information der DAF erfolgreich gewesen wäre.[6] Dennoch: Roth kommt das Verdienst zu, eine NS-Institution dem historiographischen Vergessen entrissen zu haben, die von 1933/34 bis 1937/38 zum vielgliedrigen sozialen Disziplinierungsapparat des "Dritten Reiches" gehörte. Sein Verständnis vom Terror als einem arbeitsteiligen, nicht auf Gestapo- und Polizeibehörden zu beschränkenden Aspekt der NS-Herrschaft wird von der künftigen Forschung stärker als bisher beherzigt werden müssen. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass Roth im Dokumententeil auf Annotationen und Erläuterungen verzichtet hat und den Lesern keine Einblicke in die reichhaltige Literatur zu den in den Quellen behandelten Themen gibt.[7]
Wie wichtig Roths Vorstellung vom NS-Terror als einem arbeitsteiligen Prinzip ist, wird erst deutlich, wenn man sie mit einer anderen Studie kontrastiert. Dabei handelt es sich um Eric A. Johnsons Monografie "Der nationalsozialistische Terror. Gestapo, Juden und gewöhnliche Deutsche", die 1999 bei Basic Books in New York erschien und seit kurzem in einer guten deutschen Übersetzung vorliegt. Die empirisch breit angelegte Untersuchung basiert auf einer Stichprobe aus den Akten der Gestapo-Außenstelle Krefeld (433 Fälle entsprechend 12,5 Prozent), den 105 Gestapoakten aus Krefeld, in denen Gesetzesübertretungen von Juden dokumentiert sind, einer Zufallsauswahl der Akten des Sondergerichts Köln (594 Fälle, also 2 Prozent der gesamten Überlieferung) sowie auf etwa 100 Sondergerichtsakten zum Ort Bergheim bei Köln. Darüber hinaus stützt sich Johnson auf eine schriftliche Umfrage unter 200 ehemaligen Einwohnern Kölns von 1993 und auf Entnazifizierungs- und Gerichtsakten. Seine Quellen stammen allesamt aus dem Rheinland, das durch viele strukturelle Besonderheiten (katholische Bevölkerungsmehrheit, Grenzlage zu den Niederlanden und Belgien, intensiver Braunkohlenbergbau und agrarisch verfasste Milieus) geprägt war.[8] Auf Grund dieser Besonderheiten sollten sich vorschnelle Verallgemeinerungen verbieten. Insbesondere wird man von der Situation, die im Rheinland herrschte, nicht unbedingt auf die Reichsebene zurückschließen können.
Derartige Bedenken wischt Johnson in seiner Einleitung jedoch mit einem Federstrich hinweg. Für ihn ist das Quellenmaterial repräsentativ genug, um seine erkenntnisleitenden Fragen zu beantworten. Johnson interessiert, wie die Gestapo funktionierte, welche mentalen Dispositionen die Gestapo-Beamten besaßen, wer von ihrem Terror betroffen beziehungsweise weniger betroffen war und inwieweit sich "gewöhnliche Deutsche" am Gestapo-Terror beteiligten (19). Nach einem etwas misslungenen Abriss der bisherigen Historiographie zum Thema, bei der er so unterschiedliche Gewährsleute wie Hannah Arendt, Martin Broszat, David Schoenbaum und Albert Speer (!) als Interpreten des NS-Terrors abhandelt, polemisiert Johnson gegen Gellately, Mallmann und Paul und wirft ihnen - nicht zu Unrecht - vor, sie sähen in der Gestapo "eine relativ machtlose Institution". Der Schlüssel zum Verständnis des NS-Terrors liege nicht in der Beteiligung "gewöhnlicher Deutscher", wie diese Autoren meinten, sondern in dessen "selektiver Natur" (31). Der Gestapo-Terror - so Johnson - habe sich vor allen Dingen gegen klar definierte Gegner wie Juden und Kommunisten gerichtet. In abgeschwächter Form seien katholische und protestantische Geistliche, Zeugen Jehovas und Homosexuelle verfolgt worden. Dagegen habe die Gestapo den "Durchschnittsbürger", auch bei nachgewiesener Regimekritik, weitgehend verschont.
Um seine Hypothese von der Selektivität des Gestapo-Terrors zu belegen, untersucht der Autor zunächst das polizeiliche Vorgehen gegen Juden (Teil II) und andere als Regimegegner behandelte Gruppen der deutschen Bevölkerung (Teil III). Er analysiert die Praxis der Gestapo, Juden in "Schutzhaft" zu nehmen, wobei seine Beispiele meist Angehörige von KPD und SPD betreffen (95 f., 106 und 110 f.). Dann skizziert Johnson die Behandlung, die Juden und Nichtjuden durch die Gestapo erfuhren, wenn sie der "Rassenschande" bezichtigt wurden. Dabei behauptet er, ein Erlass Reinhard Heydrichs vom 12. Juni 1937, männliche "Rassenschänder" nach Verbüßung ihrer Haftstrafe in ein Konzentrationslager (KZ) zu überstellen, sei in der Mehrzahl der Fälle gegen Juden angewandt worden (124, Anmerkung 68). Der empirische Beleg, den der Autor präsentiert, vermag jedoch nicht zu überzeugen, denn er bezieht sich nur auf einen Einzelfall und hat keine quantitative Relevanz. Auch ist die "Rassenschande" für Johnsons Hypothese vom "selektiven Terror" der Gestapo bedeutungslos, denn diese Delikte wurden gewöhnlich von der Kriminalpolizei (Kripo) bearbeitet und von dort an die Sondergerichte abgegeben.[9] In Teil III zeichnet Johnson das Vorgehen der Gestapo bei der Zerschlagung der Arbeiterparteien nach und kommt dann auf die Verfolgung von katholischen und protestantischen Geistlichen und der Zeugen Jehovas zu sprechen. An der brutalen und willkürlichen Behandlung dieser "Gegnergruppen" durch die Gestapo lässt er keinen Zweifel, wenngleich die Darstellung zu den katholischen Priestern nicht frei von Widersprüchen ist (vergleiche 247 f. mit 257 und 270).
In Teil IV will Johnson zeigen, dass die "normalen Deutschen" von der Gestapo besser behandelt wurden als Juden, Sozialdemokraten, Kommunisten, Geistliche und Zeugen Jehovas. Zu diesem Zweck präsentiert er die bereits erwähnte Umfrage, aus der hervorgeht, die meisten seiner Interviewpartner hätten die Gestapo als nicht bedrohlich wahrgenommen (282 f.). Die Kontrollgruppe ist quantitativ jedoch viel zu klein, um daraus die Schlussfolgerung ziehen zu können, "normale Deutsche" hätten nichts von der Gestapo zu befürchten gehabt. Zudem beschränkt sie sich auf die Stadt Köln. Danach skizziert Johnson die Verfolgung von jugendlichen Cliquen und Homosexuellen, ohne die einschlägigen Monografien von Alfons Kenkmann und Burkhard Jellonek zu rezipieren.[10] Dabei ist nicht einzusehen, weshalb gerade diese beiden Gruppen unter "gewöhnliche Deutsche" gefasst werden, galten sie der Gestapo doch stets als Gegner. Viel Mühe verwendet Johnson darauf, seine These vom selektiven Terror mit der Strafverfolgung bei den so genannten Rundfunkverbrechen zu belegen, mithin dem illegalen Abhören ausländischer Sender während des Zweiten Weltkrieges (352-376).[11] Die relativ milde Behandlung dieser Delikte durch die Gestapo zeigt aber nicht, dass ihr Terror selektiv war. Dazu hätte Johnson die Frage beantworten müssen, ob "Rundfunkverbrechen" bei "Gegnern" des NS-Regimes wie Kommunisten und Sozialdemokraten härter bestraft wurden als die von "gewöhnlichen Deutschen". Hier wird ein methodisches Problem offenkundig, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht: Die unterschiedliche Behandlung von "Gegnern" und deutscher Bevölkerung durch die Gestapo müsste anhand derselben Deliktgruppe nachgewiesen werden. Johnson jedoch vergleicht solange Äpfel mit Birnen, bis überhaupt nicht mehr klar ist, worum es ihm eigentlich geht.
In den Teilen V und VI widmet sich Johnson der Verfolgung der Juden im Krieg sowie der "Reinwaschung der Täter" nach 1945. Der Neuigkeitswert seiner Ausführungen zu diesen beiden Themen ist eher als gering zu veranschlagen. Wesentlich interessanter sind seine Schlussfolgerungen in Kapitel 12, "So viele Morde, so viel Schweigen" (464-489). Dort weist er nach, "Millionen deutscher Bürger" hätten noch während des Krieges vom Massenmord an den Juden erfahren (468, ähnlich 470, 476 und 486) und kritisiert zurecht, kaum einer habe die Stimme zum Protest erhoben (489). Eine Erklärung für diese Beobachtung liefert Johnson freilich nicht. Dies wäre umso dringlicher gewesen, hat er den Lesern vorher doch auf fast 500 Seiten eingehämmert, dass "gewöhnliche Deutsche" kaum etwas vom Gestapoapparat zu befürchten hatten. Warum schwiegen sie dann? Vielleicht weil sie selbst aktiv an der Pauperisierung und Verfolgung der Juden beteiligt waren? Die Mitwirkung der "gewöhnlichen Deutschen" an der Judenverfolgung, wie sie die neuere Holocaust-Forschung eindrucksvoll herausgearbeitet hat, ist dem Autor kaum eine Erwähnung wert.
Johnsons Studie weist eine Reihe von methodischen Unzulänglichkeiten auf. Er tendiert dazu, Terror mit der Gestapo schlechthin gleichzusetzen, als habe es während des "Dritten Reiches" keine anderen terroristischen Instanzen gegeben. Dies lässt sich an seiner inflationären Verwendung des veralteten Begriffs "Polizeistaat" zeigen (99, 167, 384, 516 und 591, Anmerkung 1). Des weiteren steht Johnson mit der Institutionengeschichte des NS-Regimes auf Kriegsfuß. Er erweist sich als unfähig, Aufgabenbereich und inneren Geschäftsablauf in den von ihm behandelten regionalen Gestapo-Dienststellen zu schildern. Allzu gern hätte man gewusst, worin die "beachtliche[n] Entscheidungsbefugnisse" der Leiter der regionalen Gestapostellen bestanden, außer dass sie "in dieser oder jener Weise auf jede Ermittlung Einfluß nehmen" konnten (62). Ebenso unklar ist, welche Aufgaben die Judenreferenten der Gestapo besaßen. Dass sie "täglich mit einzelnen Juden zu tun [hatten], um die Formalitäten für eine Emigration abzuwickeln oder Beschwerden über sie nachzugehen" (82), ist nicht unbedingt erhellend. Auch die Charakterisierung der Gestapo-Täter ist Johnson missglückt. Er ergeht sich in spekulativen Psychologisierungen und meint, viele von ihnen seien "unsichere Persönlichkeiten" und "abgestumpfte Gestapobeamte mit weniger eindrucksvollem Werdegang" gewesen (61 und 70).
Darüber hinaus ist Johnsons willkürliche Hypothesenbildung zu kritisieren. Ungeachtet der Tatsache, dass sein Quellenmaterial aus dem Rheinland nicht zur Verallgemeinerung taugt, bombardiert er die Leser mit Interpretationen, denen er beispielhaften Charakter für das gesamte Reichsgebiet zumisst. Stets liest Johnson nur das in die Dokumente hinein, was in sein vorgegebenes Wahrnehmungsschema vom selektiven Terror passt. Beides lässt sich anhand seiner Ausführungen zu den Denunziationen zeigen. Johnson behauptet, diese hätten für polizeiliche Ermittlungen nur eine marginale Rolle gespielt (169, 269, 384, 392, 402 f. und 515). Dabei geht die Mehrzahl der Beispiele, die er für Gestapo-Ermittlungen anführt, auf Denunziationen aus der Bevölkerung zurück (96, 106, 113 f., 123, 213 f., 233 und öfter)! Johnsons Übersicht auf Seite 165 zeigt, dass 41 Prozent der Fälle, in denen die Krefelder Gestapo von 1933-1939 gegen Juden ermittelte, durch eine Denunziation ausgelöst wurden. Ohne diese Widersprüche in seiner Argumentation zur Kenntnis zu nehmen, schlussfolgert Johnson apodiktisch, die Gestapo und das NS-Regime hätte die Juden und die Opposition auch verfolgt, wenn es keine Denunziationen gegeben hätte (403). Wer sich derartige Urteile ersparen möchte, sollte lieber auf die Lektüre dieses in vielerlei Hinsicht ärgerlichen Buches verzichten.
Auch Robert Gellately, einer der Nestoren der Polizeiforschung, hat eine neue Monografie vorgelegt, mit der er an frühere Forschungen anknüpft. Sie trägt den sperrigen Titel "Hingeschaut und weggesehen. Hitler und sein Volk" (das englische Original hieß "Backing Hitler", was soviel wie "Unterstützung für Hitler" bedeutet). Gellatelys neue Studie beinhaltet nun nicht, wie es der Titel suggeriert, eine detaillierte Analyse des Verhältnisses zwischen Hitler, NS-Regime und deutscher Bevölkerung. Vielmehr geht es darin wieder um die Aktivitäten der Gestapo, angereichert mit Ausführungen zur Rolle von Kripo und Ordnungspolizei. Gellately will zeigen, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung den polizeilichen Maßnahmen gegen Juden, Sinti und Roma, polnische Zwangsarbeiter, "Asoziale" und Homosexuelle zustimmte und sich selbst aktiv daran beteiligte (14 und 22). Erst daraus erklärt sich der reißerische Untertitel des Buches "Hitler und sein Volk". Die angeblich positive Haltung der Bevölkerung zum Polizeiterror sieht Gellately als Beleg dafür an, dass das NS-Regime populär gewesen sei. Der NS-Staat sei eine Konsensgesellschaft gewesen, weil die polizeiliche Verfolgung der Regimegegner die einhellige Zustimmung der Bevölkerung gefunden habe.
Um diese Hypothese zu belegen, wendet sich Gellately zwei Untersuchungsfeldern zu: Den Aktivitäten, die die Gestapo und andere Polizeien von oben entfalteten, und den Denunziationen, mit denen die Bevölkerung vor Ort zur polizeilichen Praxis beitrug. Im Mittelpunkt von Gellatelys Darstellung des aktiven polizeilichen Handelns steht die Errichtung der KZ nach 1933. Anhand von Tageszeitungen wie dem "Völkischen Beobachter" - dem Propagandaorgan der NSDAP - untersucht er, was die deutsche Bevölkerung von den KZ wissen konnte, und dies war mehr, als nach 1945 zugegeben wurde (81 f. und 85 f.). Dieser Befund stimmt durchaus mit neueren Forschungen zur "Öffentlichkeit" des KZ-Systems von Sybille Steinbacher und Jens-Christian Wagner überein.[12] Gleichwohl bleibt er im Rahmen der Gesamtargumentation, es handele sich beim "Dritten Reich" um eine populäre Diktatur, problematisch: Das Wissen um die Existenz der Lager kann nicht mit der Zustimmung zu dem darin praktizierten Terror gleichgesetzt werden. Aus schönfärberischen Zeitungsberichten zur "Umerziehung" ließe sich auch der umgekehrte Schluss ziehen, dass das NS-Regime in Bezug auf die KZ unter einem öffentlichen Rechtfertigungsdruck stand. Weitere Forschungen werden erweisen müssen, wie hoch die Akzeptanz der KZ wirklich war. Empirisch abgesichert sind Gellatelys Aussagen durch den Verweis auf die Presse jedenfalls ebenso wenig wie die Behauptung, die "Reichstagswahlen" vom November 1933 und die "Volksabstimmung" im August 1934 bewiesen, "daß das deutsche Volk die Lager und die neue Polizei akzeptierte oder zu tolerieren bereit war" (89).
Als Beispiel für die Beteiligung der deutschen Bevölkerung an den polizeilichen Verfolgungsmaßnahmen untersucht Gellately dann die Denunziationen. Hier kann er sich auf eine reichhaltige Überlieferung aus den Akten der Gestapo-Stellen Düsseldorf, Würzburg und Neustadt an der Weinstraße stützen. Gellately weist nach, dass im Durchschnitt die Hälfte der Gestapo-Ermittlungen gegen Juden und polnische Zwangsarbeiter auf Denunziationen aus der deutschen Bevölkerung zurückgingen (Tabellen 2-4 auf den Seiten 219, 226 und 234). Bei den "Rundfunkverbrechen" lag der Prozentsatz noch deutlich höher (Tabelle 5 auf Seite 260). Daraus zieht Gellately die Schlussfolgerung, die Bevölkerung habe sich an allen Ecken und Enden selbst belauert (261), was er als "Terror 'Deutsche gegen Deutsche'" bezeichnet. Damit kommt er auf seine alte Hypothese zurück, die deutsche Gesellschaft habe sich selbst überwacht. Das mag angesichts der halben Million NSDAP-Blockleiter und anderer Parteifunktionäre, deren Augen und Ohren auf das Treiben ihrer Nachbarn fixiert waren, vielleicht zutreffen.[13] Dagegen sind die "Rundfunkverbrechen" das wohl denkbar unpassendste Beispiel für diese Hypothese. Michael P. Hensle hat gezeigt, dass nur 5.000 Personen auf Grund dieses Deliktes von den Sondergerichten verurteilt wurden.[14] Nach Schätzungen der BBC vom August 1944, das ist Johnsons oben besprochener Studie zu entnehmen, wurde ihr Programm täglich von 10-15 Millionen Deutschen abgehört. Von massenhafter Denunziationsbereitschaft bei "Rundfunkverbrechen" kann insofern nicht die Rede sein. Das schiere Gegenteil war der Fall.
Sind die Denunziationen nun ein Beweis dafür, dass die NS-Diktatur in toto populär war? Dagegen spricht, dass die Motive der Denunzianten, wie Gellately selbst ausführt, überwiegend eigensüchtiger Art waren. Nachbarschaftsstreitigkeiten sollten entschieden, private Probleme auf polizeilichem Weg entsorgt werden. Umso erstaunlicher ist, wie ungebrochen der Autor an seiner Überzeugung festhält, die Denunziationen seien ein stichhaltiger Beleg für die Popularität der Diktatur. Im Vergleich mit anderen Indikatoren, die auf einen Konsens zwischen Bevölkerung und NS-Regime schließen lassen, nehmen sie sich allerdings sehr geringfügig aus. Zu denken ist an den Hitler-Kult, der bisweilen Züge einer Massenhysterie annahm, die hohe Akzeptanz von Außenpolitik und militärischer Expansion und den Bereicherungswettlauf bei den "Arisierungen". Zu diesen Phänomenen verliert Gellately, trotz bester Quellen- und Forschungslage, kaum ein Wort. Ganz zu schweigen von Goebbels' Propagandaapparat und von der Sozialpolitik, mit deren Hilfe das NS-Regime die Bevölkerung virtuos an sich band.
So mag Gellatelys Buch als Überblicksdarstellung zur Geschichte der Gestapo im "Dritten Reich" seinen Wert haben. Im Hinblick auf die Frage nach der Popularität der NS-Diktatur - das eigentliche Thema der Studie - führen die Befunde jedoch nicht weiter. Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, bedarf es einer Verhaltensgeschichte der deutschen Gesellschaft im "Dritten Reich", bei der natürlich auch der politische Widerstand in den Blick genommen werden muss. Gellately ist die Zerschlagung des sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstandes durch die Gestapo und deren Angriff auf das katholische Milieu nur einige Randbemerkungen wert. Ebenso wenig erfahren die Leser darüber, wie populär Gestapo und Kripo eigentlich bei Arbeitern und Katholiken waren. Könnte es sein, dass eine Beschäftigung mit dieser Frage Gellatelys Diktum von der Popularität der NS-Diktatur nachdrücklich relativiert hätte?
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus den hier vorgestellten Monografien oder - anders gefragt - wie wird sich die neuere Polizeiforschung zum "Dritten Reich" in Zukunft entwickeln müssen? Zunächst geht aus Johnsons und Gellatelys Ausführungen hervor, dass die Denunziationsforschung mittlerweile doch deutlich an ihre Grenzen stößt.[15] Meines Erachtens sind hier keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten, die das bisherige Bild revidieren werden, wonach die Denunziationen ein notwendiger Bestandteil der polizeilichen Repression im "Dritten Reich" waren. Roth hat gezeigt, wie nötig es ist, das Amt Information der DAF und den SD in die Polizeiforschung zu integrieren. Er hat die Zusammenarbeit zwischen Polizei und NSDAP stärker berücksichtigt, als das zum Beispiel Gellately, Mallmann und Paul in früheren Forschungen getan haben. Daneben hat Roth nachgewiesen, wie repressiv Gestapo, DAF und SD gegen die Arbeiterbewegung vorging. Hier werden weitere Forschungen vonnöten sein, insbesondere zu den "Linksreferaten" in den regionalen Gestapostellen, um die polizeiliche Durchdringung der sozialdemokratischen und kommunistischen Milieus näher zu bestimmen. Ohnedies bedarf es einer stärkeren Regionalisierung der Polizeiforschung, um eine differenziertere Antwort auf die Frage nach dem Verhalten der deutschen Bevölkerung unter der NS-Diktatur geben zu können.
Wie eine solche Regionalstudie angelegt sein sollte, hat neuerdings Holger Berschel in seiner bahnbrechenden Studie zum "Judenreferat" der Gestapo Düsseldorf gezeigt.[16] Sowohl das Verhältnis regionaler Polizeiapparate zu den Berliner Zentralen als auch die vor Ort praktizierten Formen der Arbeitsteilung mit anderen Verwaltungsbehörden müssen dabei analysiert werden. Dazu gehört auch, dass man interne Kommunikationsstrukturen und den alltäglichen Verwaltungsablauf untersucht, und zwar sowohl zwischen Gestapo, Kripo, SD und deren jeweiligen Außenstellen als auch zwischen den Polizeien, staatlichen Behörden, Wehrmacht und Parteidienststellen. Es bedarf einer möglichst dichten Beschreibung der regionalen Verfolgungsnetzwerke.[17]
Alles in allem bleibt die Einsicht, dass die Polizeien nur einen Teil jenes terroristischen Netzwerkes bildeten, das sich die soziale Disziplinierung der jeweiligen Bevölkerung auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Staatliche Behörden wie Arbeits-, Sozial-, Jugend-, Fürsorge- und Gesundheitsämter, die Kripo und die Justiz gehörten ebenso dazu wie die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände und auch die Wehrmacht. Was das "Altreich" anbetrifft, so scheinen sich die NS-Polizeien während des Zweiten Weltkrieges mehr und mehr auf die Unterdrückung und Vernichtung "fremdvölkischer" Populationen konzentriert und die Kontrolle der deutschen Bevölkerung NSDAP und Wehrmacht überlassen zu haben. Auch vollzog sich ein Strukturwandel der Repression. Direkte polizeiliche Sanktionen oder auch gerichtliche Bestrafungen wurden durch informelle Kontrollmechanismen ersetzt, wie sie in Großorganisationen praktiziert werden. Soziale Disziplinierung fand zunehmend auch innerhalb der Apparate von NSDAP und Wehrmacht statt. Vergegenwärtigt man sich zum Beispiel, dass die NSDAP, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände zu Kriegsbeginn insgesamt 50 Millionen Mitglieder und 2.5 Millionen Funktionäre umfasste und die Zahl der Wehrmacht-Angehörigen die 20-Millionen-Marke überschritt, so wird man den internen Kontrollmechanismen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit schenken müssen. Hannah Arendt hat dies bereits 1955 erkannt, als sie in "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" davon sprach, die NSDAP habe die zweifelhaften Sympathien der in ihr "gleichgeschalteten" Bevölkerung im Alltag polizeimäßig überwacht. [18] Die Selbstüberwachung der deutschen Gesellschaft war also gar kein Politikfeld, in dem die NS-Polizeien tätig werden mussten, denn sie war eine Domäne der NSDAP.[19]
Die neuere Polizeiforschung ist am Scheideweg angelangt. Sie wird sich zu einer Gesellschaftsgeschichte der Sozialdisziplinierung im "Dritten Reich" weiterentwickeln müssen, in der Gestapo, Kripo, SD und auch die weithin vernachlässigte Ordnungspolizei zweifelsohne eine wichtige Rolle spielen werden. Dabei reicht es allerdings nicht, lediglich den polizeilichen Zugriff auf renitente soziale Gruppen in der Bevölkerung in den Blick zu nehmen. Mit Detlev Peukert sei daran erinnert, dass Sozialdisziplinierung weit mehr umfasst als die schiere Polizeigewalt.[20] Exklusionsmechanismen waren auch im "Dritten Reich" immer von Maßnahmen zur Inklusion der Bevölkerung begleitet, die ebenfalls sozialdisziplinatorische Wirkungen entfalteten. Die soziale, kulturelle und ökonomische Integrationspolitik des NS-Regimes kann nicht einfach, wozu Gellately tendiert, ausgespart bleiben, wenn es um das Verhalten der deutschen Bevölkerung geht. Stattdessen bedarf es einer integrativen Analyse aller Möglichkeiten der sozialen Kontrolle, die dem "Dritten Reich" als modernem Staatsgebilde zur Verfügung standen. Das besondere Kennzeichen des NS-Regimes war, dass sich dessen Sozialdisziplinierung in beispiellosem Ausmaße radikalisierte und - im Verlauf des Krieges - immer mehr in terroristische Repression mündete. Es wird zu fragen sein, wie es zu diesem Radikalisierungsprozess kam. Dabei sollte der in der NS-Forschung mittlerweile so inflationär gebrauchte Begriff "normale Deutsche" schleunigst ad acta gelegt werden. Das "Dritte Reich" kannte keine Normalität, denn es gründete sich auf den permanenten Ausnahmezustand. Das geflügelte Wort von der "normalen Diktatur" ist eine Contradictio in adjecto.
Anmerkungen:
[1] Robert Gellately: Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft. Die Durchsetzung der Rassenpolitik 1933-1945, Paderborn / München / Wien / Zürich 1993.
[2] Klaus-Michael Mallmann / Gerhard Paul: Herrschaft und Alltag. Ein Industrierevier im "Dritten Reich", Bonn 1991, 164-326; Gerhard Paul: Staatlicher Terror und gesellschaftliche Verrohung. Die Gestapo in Schleswig-Holstein. Unter Mitarbeit von Erich Koch, Hamburg 1996; Klaus-Michael Mallmann / Gerhard Paul (Hg.): Die Gestapo. Mythos und Realität, Darmstadt 1995, sowie dies. (Hg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. "Heimatfront" und besetztes Europa, Darmstadt 2000. Eine Rezension dieses Bandes durch den Verfasser findet sich in: Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 17 (2001), 229-232.
[3] Dazu ist grundlegend Gisela Diewald-Kerkmann: Politische Denunziationen im NS-Regime oder Die kleine Macht des "Volksgenossen", Bonn 1995.
[4] Robert Gellately: Aspects of Self-Policing in the Third Reich and the German Democratic Republic, in: Journal of Modern History 68 (1996), 931-967, sowie ders.: Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft. Zur Entstehungsgeschichte einer selbstüberwachten Gesellschaft, in: Detlef Schmiechen-Ackermann (Hg.): Anpassung, Verweigerung, Widerstand. Soziale Milieus, Politische Kultur und der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland im regionalen Vergleich, Berlin 1997, 109-121.
[5] Mallmann / Paul: Herrschaft und Alltag (wie Anm. 2), 320.
[6] Zu Ley Ronald Smelser: Hitlers Mann an der Arbeitsfront. Robert Ley. Eine Biographie, Paderborn / München / Wien / Zürich 1989.
[7] Es fehlen so wichtige Studien wie Matthias Frese: Betriebspolitik im "Dritten Reich". Deutsche Arbeitsfront, Unternehmer und Staatsbürokratie in der westdeutschen Großindustrie 1933-1939, Paderborn 1991; Detlef Schmiechen-Ackermann: Nationalsozialismus und Arbeitermilieus. Der nationalsozialistische Angriff auf die proletarischen Wohnquartiere und die Reaktion in den sozialistischen Vereinen, Bonn 1998, sowie Michael Schneider: Unterm Hakenkreuz. Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933 bis 1939, Bonn 1999.
[8] Hierzu etwa Ralph J. Jaud: Der Landkreis Aachen in der NS-Zeit. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in einem katholischen Grenzgebiet 1929-1944, Frankfurt am Main / Berlin / Bern / New York / Paris / Wien 1997, 51-95.
[9] Dazu die Dissertation von Alexandra Przyrembel: Rassenschande. Vom Reinheitsmythos zum nationalsozialistischen Vernichtungsantisemitismus, die 2003 erscheinen wird. Zu den Sondergerichten allgemein Michael P. Hensle: Die Todesurteile des Sondergerichts Freiburg 1940-1945. Eine Untersuchung unter dem Gesichtspunkt von Verfolgung und Widerstand, München 1996, sowie Herbert Schmidt: "Beabsichtige ich die Todesstrafe zu beantragen". Die nationalsozialistische Sondergerichtsbarkeit im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1933-1945, Essen 1998.
[10] Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unterm Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich, Paderborn 1990, sowie Alfons Kenkmann: Wilde Jugend. Lebenswelt großstädtischer Jugendlicher zwischen Weltwirtschaftskrise, Nationalsozialismus und Währungsreform, Essen 1996.
[11] Dazu Michael P. Hensle: "Rundfunkverbrechen" vor Sondergerichten 1939-1945, in: Bulletin für Faschismus- und Weltkriegsforschung 12 (1999), 3-29.
[12] Sybille Steinbacher: Dachau - Die Stadt und das Konzentrationslager in der NS-Zeit: Die Untersuchung einer Nachbarschaft, Frankfurt am Main / Berlin / Bern / New York / Paris / Wien 1993; dies.: "Musterstadt" Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien, München 2000, sowie Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora, Göttingen 2001. Zu diesem Thema jetzt auch die Aufsätze in: Dachauer Hefte 17 (2001) mit dem Titel "Öffentlichkeit und KZ - Was wusste die Bevölkerung?".
[13] Dazu Detlef Schmiechen-Ackermann: Der "Blockwart". Die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen Terror- und Überwachungsapparat, in: VfZ 48 (2000), 575-602; Carl-Wilhelm Reibel: Die NSDAP-Ortsgruppen Dornbusch und Oberrad 1933-1945, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 65 (1999), 53-120, hier: 74-93, sowie Beate Meyer: "Goldfasane" und "Nazissen". Die NSDAP im ehemals "roten" Stadtteil Hamburg-Eimsbüttel, Hamburg 2002, 86-97.
[14] Hensle: "Rundfunkverbrechen", 28 f.
[15] So Bernward Dörner: "Heimtücke": Das Gesetz als Waffe. Kontrolle, Abschreckung und Verfolgung in Deutschland 1933-1945, Paderborn / München / Wien / Zürich 1998, 313 ff., der von einer "Fetischisierung" des Phänomens der Denunziationen spricht. Ähnlich auch einige Beiträge in: Inge Marßolek / Olaf Stieglitz (Hg.): Denunziation im 20. Jahrhundert. Zwischen Komparatistik und Interdisziplinarität, Köln 2001.
[16] Holger Berschel: Bürokratie und Terror. Das Judenreferat der Gestapo Düsseldorf 1935-1945, Essen 2001.
[17] Dazu jetzt auch Michael Stolle: Die Geheime Staatspolizei in Baden. Personal, Organisation, Wirkung und Nachwirken einer regionalen Verfolgungsbehörde im Dritten Reich, Konstanz 2001.
[18] Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Nach der deutschen Erstausgabe von 1955, aus dem Englischen durch die Verfasserin übertragen, 4. Aufl., München 1986, 651. Dazu die signifikante Fehlinterpretation bei Klaus-Michael Mallmann / Gerhard Paul: Die Gestapo. Weltanschauungsexekutive mit gesellschaftlichem Rückhalt, in: Dies. (Hg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg, 599-650, hier: 531 f., Fußnote 106, die Arendt als Vorläuferin jener "Idee der denunziatorischen Selbstüberwachung der Gesellschaft im totalitären Staat" in Anspruch nehmen. Arendt hingegen ging es nicht um Denunziationen, sondern um die Beteiligung der NSDAP an der sozialen Disziplinierung im "Dritten Reich".
[19] Zur Rolle der NSDAP im "Dritten Reich" generell Dietrich Orlow: The History of the Nazi Party; Bd. 2, Pittsburgh 1973; Johnpeter H. Grill: The Nazi Movement in Baden 1920-1945, PhD Dissertation, Chapel Hill 1983, sowie Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker: Geschichte der NSDAP 1920 bis 1945, Köln 1998.
[20] Siehe dazu zum Beispiel Detlev J. K. Peukert: Arbeitslager und Jugend-KZ. Die Behandlung "Gemeinschaftsfremder" im "Dritten Reich", in: Ders. / Jürgen Reulecke (Hg.): Die Reihen fast geschlossen. Beiträge zur Geschichte des Alltags unterm Nationalsozialismus, Wuppertal 1981, 413-434; Detlev J. K. Peukert: Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde. Anpassung, Ausmerze und Aufbegehren unter dem Nationalsozialismus, Köln 1982, sowie ders.: Grenzen der Sozialdisziplinierung. Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge 1878 bis 1932, Köln 1986.
Armin Nolzen