Rezension über:

Thomas Josef Mitterecker: Das Erzstift Salzburg im Zweiten Koalitionskrieg. Kämpfe - Besetzung - Folgen (= Europäische Hochschulschriften. Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; Bd. 914), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2001, 138 S., ISBN 978-3-631-38420-6, EUR 25,00
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Rezension von:
Michael Hochedlinger
Österreichisches Staatsarchiv / Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien
Redaktionelle Betreuung:
Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Michael Hochedlinger: Rezension von: Thomas Josef Mitterecker: Das Erzstift Salzburg im Zweiten Koalitionskrieg. Kämpfe - Besetzung - Folgen, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2001, in: sehepunkte 2 (2002), Nr. 9 [15.09.2002], URL: https://www.sehepunkte.de
/2002/09/2603.html


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Diese Rezension erscheint auch in PERFORM.

Thomas Josef Mitterecker: Das Erzstift Salzburg im Zweiten Koalitionskrieg

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Der politischen Ereignisgeschichte werden vielerlei Vorwürfe gemacht, viele mit Fug und Recht, manche aber auch durchaus zu Unrecht. So ist ihr die Vogelperspektive der klassischen Diplomatiegeschichte nicht notwendigerweise auf den Leib geschrieben. Gerade an den Schnittstellen von bedeutenden europäischen Weichenstellungen und Lokalgeschichte wären Fragen aufzuwerfen und zu beantworten, die bisher leider allzu oft ungefragt geblieben sind. Wie wurden etwa die territorialen Bestimmungen großer Friedensschlüsse in den betroffenen Regionen konkret umgesetzt, wie reagierte die Bevölkerung, wie wirkten sich die Veränderungen der politischen Landkarte Europas auf die Lebensverhältnisse der Betroffenen aus, wie die Kampfhandlungen?

Die komplexe Geschichte des Fürsterzbistums Salzburg in der kritischen Übergangsphase vom eigenständigen Reichsterritorium zur Eingliederung in die Habsburgermonarchie erscheint gerade unter diesem Gesichtspunkt besonders lohnend. Bereits im Frieden von Campo Formio 1797 den Österreichern versprochen, bewahrte das Heimatland Mozarts seine Selbstständigkeit noch bis 1803, als es - säkularisiert - gemeinsam mit anderem Reichsgebiet und zum Kurfürstentum aufgewertet, dem landlos gewordenen Großherzog der Toskana zufiel. Erst 1805 erfolgte der Anschluss an das Kaisertum Österreich, ehe 1809 die Franzosen, 1810 die Bayern die Herrschaft im Lande übernahmen. 1816 kam Salzburg, auf die Hälfte seiner ursprünglichen Fläche zurückgestutzt, definitiv an Habsburg.

Thomas Mittereckers Salzburger Magisterarbeit, die sich auf der Grundlage kriegs- und lokalgeschichtlicher Literatur mit den Kämpfen des 2. Koalitionskrieges auf Salzburger Gebiet im Jahre 1800 und der anschließenden französischen Besetzung des Landes bis April 1801 beschäftigt, verspricht exemplarische Einsichten in die "alltagsgeschichtlichen" Folgen der hohen Politik. Leider beschränkt sich aber der Autor in seiner detailreichen und scharf gegliederten Studie nach einer kurzen Einleitung zur Situation Salzburgs um 1800 und kurzen Hinweisen zu österreichischen Annexionsabsichten seit dem 18. Jahrhundert (19-33) im wesentlichen auf die Darstellung des militärischen Ereignisablaufs im Stil klassischer Kriegsgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts und die Würdigung des Salzburger Anteils daran (35-77). Da der Arbeit bedauerlicherweise keinerlei Kartenmaterial beigegeben ist, frustriert die denn doch zu detailliert geratene Ausbreitung der Operationen bisweilen mehr als dass sie erhellt.

Demgegenüber ist Kapitel vier "Die Franzosen als Besatzung" (79-100) etwas knapp geraten. Obwohl Mitterecker aus lokalgeschichtlichen Untersuchungen eine Fülle von Daten und Fakten (überwiegend zu französischen Truppenverlegungen im Lande, Kontributionen, Requisitionen und Kunstraub) zusammengetragen hat, fehlt dem Abschnitt jene packende Plastizität, die man sich von der interessanten Konfrontation zwischen französischen Revolutionstruppen und Salzburger Bevölkerung eigentlich erwartet hätte. Dazu wäre wohl ein eingehendes Archivstudium in Wiener, Salzburger und Pariser Archiven nötig gewesen, das im Rahmen einer Magisterarbeit freilich nicht geleistet werden kann. Vielleicht hätte sich aber auch durch Heranziehung der leider gänzlich unberücksichtigt gebliebenen französischen Literatur so manche Einseitigkeit vermeiden lassen.

Ein kurzer Ausblick auf das wechselhafte Schicksal Salzburgs zwischen 1801 und 1861 beschließt die Arbeit (101-111).


Michael Hochedlinger