Antje Windgassen: Im Bund mit der Macht. Die Frauen der Diktatoren, Frankfurt/M.: Campus 2002, 244 S., 20 s/w-Abb., ISBN 978-3-593-36900-6, EUR 21,50
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In ihrem Buch "Im Bund mit der Macht. Die Frauen der Diktatoren" stellt Antje Windgassen
in einer Auswahl von zwölf Portraits Ehefrauen und Geliebte bekannter Diktatoren des 20. Jahrhunderts vor. Mit der Gegenüberstellung der einzelnen Frauengestalten beschreitet sie einen recht innovativen Weg. Historiker haben in der Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Diktatur bisher ihren Fokus vielfach in erster Linie auf die Machthaber selbst gerichtet und deren Werdegang beleuchtet. Die Begleiterinnen des Aufstiegs der Diktatoren spielten in den Darstellungen eher eine marginale Rolle und wurden hauptsächlich in ihrer Funktion als 'Frau an seiner Seite' betrachtet. Bei jenen Veröffentlichungen, die sich mit den Frauen der Diktatoren befassen, handelt es sich meist um Monografien. Vergleichende Studien sind eher die Ausnahme. Doch es scheint sich hier in jüngster Zeit zunehmend ein Wandel anzudeuten.[1]
Mit ihren Kurz-Biografien möchte Antje Windgassen nun der Diskussion eine neue Richtung geben. Dieses Vorhaben gestaltet sich jedoch nicht ohne Schwierigkeiten, denn es galt, die Fakten hinter den oftmals geschönten offiziellen Lebensläufen und subjektiven Erinnerungen der Memoiren zu ergründen. Die Informationen entbehren häufig der Vollständigkeit. Erklärtes Ziel der Untersuchung war es unter anderem, die Motivation der Frauen zu ergründen, die sie möglicherweise zur Wahl des betreffenden Mannes bewogen hat. Sind sie der vielbeschworenen Faszination der Macht erlegen? Wie haben sie selbst an der Macht partizipiert? Standen sie eher im Hintergrund und kümmerten sich um Kinder und Familie oder übten sie direkten politischen Einfluss aus? Windgassen präsentiert dem Leser Frauen, die "Partnerinnen und Vertraute, Mitwisserinnen, aktive Komplizinnen und manchmal sogar Mittäterinnen" (9) waren.
Die Auswahl der vorgestellten Frauen wurde maßgeblich von pragmatischen Überlegungen geleitet. Aufgrund der Fülle an Werken, die unlängst zu Hitlers Lebensgefährtin Eva Braun erschienen sind [2], hat Windgassen ihr kein Kapitel gewidmet. Darüber hinaus sucht der Leser auch Essays über Imelda Marcos oder Pinochets Gattin Lucia Hiriat vergeblich. Hier stand Windgassen nach eigenen Angaben nicht ausreichend Material zur Verfügung, obwohl beispielsweise in Bezug auf Imelda Marcos zumindest einige Literaturtitel verfügbar sind, die man hinsichtlich biografischen Materials hätte auswerten können.[3] Doch schließlich geht es der Verfasserin nicht um eine umfassende Analyse des gesamten Themas, sondern darum, einzelne Schlaglichter zu werfen. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass Windgassen sich nicht nur auf bekannte und bereits vielfach beschriebene Personen beschränkt, sondern mit Jekaterina Swanidse und Nadjeshda Allilujewa auch unbekanntere Frauen aus der Vergessenheit holt und in Erinnerung ruft. Diese werden dann auch gleich zu Beginn in einem Artikel über die Ehefrauen Stalins vorgestellt (11-39). Im Weiteren spannt Windgassen den Bogen von Mussolinis Frauen (41-86) über Carmen Polo de Franco (87-106), Jiang Qiing (107-127), Elena Ceauşescu (129-144) und Eva Perón (145-168) bis zu Margot Honecker (169-189) und Jovanka Broz Tito (191-211). Das letzte Kapitel ist Mirjana Markovic-Milošević gewidmet (213-229).
Im relativ knapp gehaltenen Vergleich im Nachwort kommt Windgassen zu dem Schluss, dass sich die Mehrzahl der analysierten Frauen ganz bewusst für ihre Männer entschieden habe, um aus dieser Verbindung Profit zu ziehen, sei es in finanzieller, gesellschaftlicher oder politischer Hinsicht. Summa summarum skizziert Windgassen in ihren Darlegungen überwiegend die altbekannte Geschichte der jungen Frau aus ärmlichen Verhältnissen, die durch den Einsatz ihrer weiblichen Reize zielstrebig die gesellschaftliche Leiter nach oben klettern möchte. Als Ausnahmen werden nur Jekaterina Swanidse, Nadjeshda Allilujewa und Rachele Mussolini beschrieben. Für sie war ihre jeweilige Beziehung allem Anschein nach in erster Linie keine Frage des Prestiges. Doch auch sie konnten sich letztlich nicht der "Erotik der Macht" (232) entziehen, die generell auf Frauen anziehend wirken soll. In diesem Zusammenhang verweist Windgassen auf den archaischen Instinkt der Frau, sich einem starken Mann zuzuwenden, der das Überleben gewährleistet und für eine gesunde Nachkommenschaft sorgt. Wenn die Diktatoren zu dem Zeitpunkt des Kennenlernens auch noch nicht immer ihre einflussreiche Position bekleideten, so strahlten sie, laut Windgassen, wohl dennoch bereits den Willen zur Führerschaft aus. Dieses autoritäre Auftreten soll die Frauen beeindruckt haben, wie eine Aussage von Rachele Mussolini belegt: "Mir gefiel sein unerschrockener Charakter, der bei Bekämpfung eines Hindernisses erst dann Halt machte, wenn es beseitigt war. Es machte großen Eindruck auf mich, wenn alle ihm auf den Versammlungen aufmerksam zuhörten und er seine Reden mit der Bestimmtheit einer Herausforderung führte" (232).
Möglichen Schlussfolgerungen und einem detaillierten Vergleich der einzelnen Personen hat Windgassen leider nur wenig Raum gewährt. Sie beschränkt sich auf ein knappes Resümee von gerade einmal zwei Seiten, das Vieles offen lässt. So wirkt der kurze Verweis auf die erotisierende Wirkung der Macht als alleiniges Bindeglied zwischen den Lebensläufen der Frauen etwas flach. Zudem wäre eine genauere Betrachtung des Aspekts Macht und Gewalt, also ein Vergleich bezüglich der Einbindung der Frauen in die Verbrechen der Diktaturen, wünschenswert gewesen.
Da es doch wohl um eine wissenschaftliche Darlegung und nicht um eine populärwissenschaftliche Betrachtung geht, wäre sowohl eine tiefergehende Einordnung in die Forschungslandschaft als auch eine bessere Ausstattung mit Fußnoten vorteilhaft gewesen. So werden beispielsweise an vielen Stellen historische Hintergründe nicht weiter durch Sekundärliteratur untermauert. Darüber hinaus kennzeichnet Windgassen bisweilen ihre eigenen Thesen nicht als solche, sondern formuliert sie als Tatsachen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie von Jekaterina Swanidse behauptet: "Absolut unpolitisch, bereit sich bedingungslos unterzuordnen und ausschließlich auf ihre Rolle als treu sorgende Ehefrau und Mutter beschränkt, liebte und bewunderte sie ihren Mann rückhaltlos. [...] Sie war die Frau und damit dem Manne untertan [...]. Und da sie diese Vorschrift nicht anzweifelte, sondern sie im Gegenteil als gut und richtig empfand, akzeptierte sie ohne Murren die traditionelle Frauenrolle ihrer Zeit" (13). Für derlei Charakterisierungen sollten Belege angegeben werden. Das trifft auch auf Zitate zu, die ohne Herkunftsnachweis mitgeteilt werden, wie etwa die Äußerung Carmen Polo de Francos: "In meinem Elternhaus waren wir alle Pazifisten. Mein Vater warnte mich davor, einen Soldaten zu heiraten, allein schon aus dem Grund, weil er beim Knall des ersten Schusses losrennen und mich alleine lassen würde" (89).
Ungeachtet der angesprochenen Kritikpunkte bietet das Buch trotz der schwierigen Quellenlage eine erste interessante Zusammenschau der einzelnen, zum Teil auch bisher eher unbekannten Frauen und ist gut lesbar. Vielleicht könnten weiterführende Studien die noch offenen Lücken schließen.
Anmerkungen:
[1] In diesem Jahr erscheint: Erich Schaake: Die Frauen der Diktatoren, München 2003.
[2] Zum Beispiel: Guido Knopp: Hitlers Frauen und Marlene, München 2001; Volker Pilgrim: Elias: "Du kannst mich ruhig 'Frau Hitler' nennen": Frauen als Schmuck und Tarnung der NS-Herrschaft, Reinbek 1994.
[3] Zum Beispiel: Beatriz R. Francia: Imelda and the Clans: A Story of the Philippines, 2. Auflage, Manila 1988; Carmen Navarro Pedrosa: Imelda Marcos (A Thomas Dunne Book), New York 1987.
Silke Eilers