Stefan Zizelmann: Um Land und Konfession. Die Außen- und Reichspolitik Württembergs (1628-1638) (= Europäische Hochschulschriften. Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; Bd. 941), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2002, 426 S., ISBN 978-3-631-50266-2, EUR 60,30
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Die Tübinger Dissertation, zunächst von Volker Press und nach dessen Tod von Sönke Lorenz betreut, versteht sich als Fortsetzung der Untersuchung von Axel Gotthard über die württembergische Außenpolitik 1608-1628. Daher beginnt die Arbeit von Zizelmann erst 1628 und widmet sich dem Dezennium bis 1638, dem Jahr der Rückkehr von Herzog Eberhard III. aus seinem Straßburger Exil.
Die Untersuchung ist chronologisch aufgebaut. Der Einleitung und einer Beschreibung der Situation des Herzogtums beim Tod von Herzog Johann Friedrich im zweiten Kapitel folgt das Dritte mit den Auswirkungen des Restitutionsediktes für Württemberg. Im vierten bis sechsten Kapitel werden das Schwanken des Herzogtums zwischen Kaiser und Schweden sowie der schließlich erfolgte Anschluss an Schweden thematisiert. Das siebte Kapitel beleuchtet die württembergische Politik im Heilbronner Bund, gefolgt von den Ausführungen über die Folgen der Schlacht bei Nördlingen im achten und neunten Kapitel. Abschließend werden im zehnten und elften Kapitel die kaiserliche Besetzung des Herzogtums und schließlich die mit dem Prager Frieden und den Verhandlungen mit dem Kaiser in Zusammenhang stehende Restitution des Herzogtums aufgezeigt. Die kleinteilige Gliederung erleichtert es dem Leser, den Aufbau nachzuvollziehen und die jeweiligen Themenschwerpunkte zu finden. Der Schriftgrad ist zwar etwas klein, das Druckbild und besonders die reproduzierten Stiche sind dagegen gut gelungen.
Zizelmann hat für seine Forschungen immerhin 15 Archive konsultiert, sodass der Arbeit eine breite Quellenbasis zu Grunde liegt. Für die verwandte Literatur lässt sich dies aber schon nicht mehr sagen. Diskussion oder Auseinandersetzung mit verschiedenen Forschungsmeinungen spiegelt sich nicht in den Anmerkungen wider. Sie dienen nur als Belegstellen unter Verwendung einer nicht sehr umfangreichen Literaturbasis. Gravierender als die eingeschränkte Literaturrezeption ist jedoch die im Ansatz stecken gebliebene Quellenanalyse. Streckenweise werden einfach Zusammenfassungen einzelner Briefe oder Gutachten (zum Beispiel 33, 49, 82, 88, 145, 176, 182, 210, 213, 289, 307, 345) aneinander gereiht, die Herstellung eines Zusammenhangs oder eine Einordnung erfolgt kaum oder gar nicht. Ein Beispiel: "Der Reichshofrat nannte Gründe für eine Komposition. Er meinte, sie sei der einzige Weg, dem Reich Ruhe und Sicherheit zu geben. Außerdem hätten sowohl katholische als auch protestantische Reichsstände und auch ausländische Potetentaten zu einer solchen geraten. [...] Dieser Darstellung widersprach aber der Geheime Rat. Er wies darauf hin [...]". Diese Aufzählungen führen ihrerseits dazu, dass mit Formulierungen wie zum Beispiel "die Kommissarien berichteten auch [...], die Kommissarien erwähnten auch [...], die Kommissarien erwähnten [...]" (79) nur einzelne Aussagen aneinander gehängt werden. Die Analyse oder Bewertung der Gutachten aber bleibt meistens aus. Hinzu treten häufige Wiederholungen oder schwache Formulierungen sowie stellenweise zu sehr dem Sprachduktus des 17. Jahrhunderts verpflichtete Redewendungen, wie "entbot sich alles Guten" (25), "Der [Kaiser] hörte es auch gnädig an und stellte seine baldige Resolution in Aussicht" (124), "[...] die Ulmer erklärt hätten, in des Kaisers Devotion verbleiben zu wollen" (138), um nur drei Beispiele zu nennen.
Einige Wertungen sind zudem fehlerhaft oder widersprüchlich. Die Aussage, "der Reichshofrat war vom Kaiser abhängig und daher katholisch" (30) ist verkürzt und überzeichnet. Auch die Annahme, gemäß dem Prager Vertrag sei Württemberg nur "zur Freundschaft" (305) mit dem Kaiser verpflichtet gewesen, ist falsch, schließlich handelte es sich um eine Afterlehensbindung. Ebenso ist es ungenau, dem Parlament in Dôle in Bezug auf Mömpelgard, das Recht zuzusprechen, "Herrschaften [...] verleihen lassen" zu können (338). Oxenstiernas Handeln in Bezug auf den Heilbronner Bund nur auf militärische Erfordernisse zu reduzieren (380), greift meines Erachtens zu kurz. Schließlich ist es unlogisch, eine "territorialpolitische Konkurrenz" zwischen Württemberg und Habsburg anzunehmen, wenige Zeilen später aber zu postulieren, mit dem Kaiser habe es keine "territorialpolitischen Reibungen" gegeben (378, 386).
Zudem stören die vielen undeutlichen oder einfach inhaltsleeren Formulierungen, von denen hier nur einige herausgegriffen werden sollen: "Die Gefährdung des Landes wirkte sich [...] in gewisser Hinsicht auch als Modernisierung aus" (38): Was versteht Zizelmann unter "Modernisierung", und was hat es mit der "gewissen Hinsicht" auf sich? Ähnlich auch Wertungen wie: "in dem damaligen, noch immer von konfessionellen Leidenschaften aufgewühlten Zeitalter" (317). "Die Aussichten für den Katholizismus in Württemberg mußten als trübe bezeichnet werden" (332), "zumal im Mittelalter die Rechtsverhältnisse vieler Gebiete noch nicht so waren, wie in späteren Zeiten" (336), "die politisch aktiven Personen [...] nach der württembergischen Staatsräson und gewissen allgemeinen, für die Zeit typischen Überzeugungen handelten" (383). Adjektive wie "damals", "typisch", "spätere Zeiten" sind in einer historischen Arbeit deplatziert.
Insgesamt trägt die Arbeit eine Fülle von Informationen aus unpublizierten Quellen zusammen, die sicherlich für die weitere Forschung über Württemberg und die Zeit des Dreißigjährigen Krieges sehr nützlich und wertvoll sind. Es gilt jedoch, die Ergebnisse in späteren Untersuchungen erst zu gewichten und vor allem zu bewerten, um zu einem wirklichen Verständnis der württembergischen Politik dieses Dezenniums zu gelangen.
Ludolf Pelizaeus