Elizabeth A. Lehfeldt: Religious Women in Golden Age Spain. A Permeable Cloister (= Women and Gender in the Early Modern World), Aldershot: Ashgate 2005, x + 241 S., ISBN 978-0-7546-5023-2, GBP 45,00
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In den letzten Jahren hat sich die historische Frauen- und Geschlechtergeschichte vermehrt dem Leben von Frauen hinter den klösterlichen Mauern genähert. Auf diesem historiographischen Feld bewegt sich auch die hier anzuzeigende Publikation Religious Women in Golden Age Spain. Dabei steht weniger das klösterliche und religiöse Leben von Frauen im Vordergrund. Lehfeldt schreibt eine solide Sozialgeschichte der Frauenklöster in Valladolid von 1450 bis 1650, ihr Interesse gilt dabei durchgängig den immer wieder neu zu bestimmenden Grenzlinien zwischen der sakralen und säkularen Sphäre. Ziel ihres Buches ist es, den Platz der Klöster in der religiösen Geographie und der sozialen Landschaft Spaniens vom Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit zu bestimmen.
Lehfeldt tut dies in sechs Schritten. Zunächst werden uns die Klöstergründungen und ihre Stifter vorgestellt (Kap. 1: Bond Together in Community: Convents and their Patrons). Bis 1650 wurden 23 Frauenkonvente (und lediglich 13 Männerklöster) gegründet, die das städtische Bild Valladolids prägten. Eingebettet waren sie in die soziale und ökonomische Landschaft Spaniens durch mannigfaltige Patronagebeziehungen: Im Mittelalter waren dies vor allem die königliche Familie und adelige Stifter, im 16. und 17. Jahrhundert trat das städtische Patriziat, etwa Kaufleute und Bankiers, als Stifter in Erscheinung. Konventskirchen boten sich für Stiftungen und die Zurschaustellung des "social standings" besonders an, Seitenkapellen beherbergten Gräber und Wappen einflussreicher Familien. Durch testamentarische Schenkungen oder größere Geldsummen zu Lebzeiten (für das Lesen von Messen, Gebäude etc.) prägten diese Formen einer "religious patronage" (38) die spanische Konventlandschaft und schufen einen Raum "where secular and spiritual preoccupations intertwined" (38).
Die Verflechtungen zwischen Kloster und Welt, zwischen sakral und profan verdeutlichen Lehfeldt zufolge, dass Klöster spanischen Zeitgenossen Möglichkeiten offerierten "to promote both temporal and sacred agendas" (45). Die Grenzverwischungen gingen noch weiter, die Klosterökonomie war ein fester Bestandteil der lokalen Ökonomie - Klöster besaßen Ländereien, die sie verpachteten, sie vergaben Kredite und verwalteten das durch die Mitgiften eingenommene Kapital (Kap. 2: Blurring the Boundaries: The Significance of Convents as Estates Managers). Zusätzliche Kontakte mit der städtischen Ökonomie bestanden über die im Kloster produzierten Produkte (Wein, Früchte, Getreide etc.), die auf dem städtischen Marktplatz feilgeboten wurden. Die für dieses "financial management" benötigten Fähigkeiten erwarben Äbtissinnen und Nonnen in ihren Klöstern, denn diese waren "spiritual institutions" mit weltlichen Interessen. Damit konnten Frauen paradoxerweise ausgerechnet im Kloster ihre finanzielle "agency" entfalten. Dieser Ausbau ihrer Fähigkeiten und dieser Handlungsraum, das betont Lehfeldt, wären ihnen in der spanischen Gesellschaft verwehrt gewesen.
Die Durchlässigkeit der Klostermauern, die sozialen, ökonomischen und - im Folgenden auch: rechtlichen - Verflechtungen zwischen Kloster und Welt verfolgt Lehfeldt auch im folgenden Kapitel (Kap. 3: Litigious Behaviour: Convents and Lawsuits). Zivilklagen, die einzelne Nonnen gegen ihre Familien führten, sind der Eisberg (?) familiärer Konflikte um die finanziellen Ressourcen. Klösterliche Mitgiften wurden selten beim Eintritt in das Kloster ausbezahlt, sondern über Jahre abgegolten; zusätzlich waren Töchter auf die Unterhaltszahlungen ihrer Familien angewiesen. Meist wurden diese finanziellen Arrangements gebrochen, wenn die Eltern starben und die Brüder die Verwaltung des väterlichen Patrimoniums antraten. Obwohl eine gerichtliche Auseinandersetzung die Beziehung zwischen Klöster und Stifter gefährdete, schreckten Äbtissinnen nicht vor dem Rechtsweg zurück, um finanzielle Mittel für einzelne Nonnen (und damit für die Klöster) einzuklagen - Mittel, die Stifter zwar zum "social display" recht großzügig vergaben (vgl. Kap. 1), aber nur ungern in die Hände ihrer Töchter legten. Um ihrem Argument noch größeres Gewicht zu verleihen, wäre es sinnvoll gewesen, an dieser Stelle konkrete Zahlen zu nennen, die Auskunft über das Klageverhalten der Klöster geben - so erfahren wir nur, dass es sich um "numerous cases" handelt.
Während die ersten drei Kapitel von Religious Women in Golden Age Spain die sozialen, ökonomischen und rechtlichen Verflechtungen zwischen den Klöstern Valladolids und der spanischen Gesellschaft des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit aufzeigen, sind die letzten drei Kapitel des Buches den Reformen von Staat und Kirche gewidmet, die eine schärfere Trennung der klösterlichen und der weltlichen Sphäre verfolgten. Schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts - und damit rund 100 Jahre vor dem Konzil von Trient - wurde die Mobilität und Autonomie der Klöster und ihrer Bewohner durch Reformbestrebungen gefährdet (Kap. 4: A Carpenter Resisted: Convents and Late Medieval Monastic Reforms). Lehfeldt beginnt mit einer Mikrogeschichte, die den manifesten Widerstand der Nonnen des Zisterzienserklosters San Quirce im Jahr 1461 gegen die Reformmaßnahmen des von Pius II. beauftragten Priors des Benediktinerklosters San Bonito in Valladolid zum Gegenstand hat. Diesen Versuch der Klausurierung der weiblichen Konventsgemeinschaft zum Schutz ihrer Keuschheit - die Priorin hatte ein Kind zur Welt gebracht - kontextualisiert Lehfeldt in der Tradition weiblicher Klosterautonomie und der Verankerung des Klosterlebens in der spanischen Gesellschaft. In dieser Perspektive kann sie zeigen, wie sehr die traditionelle Autonomie von Klöstern den Reformbemühungen widersprach, aber auch, dass der Widerstand gegen die Trennung weltlicher und klösterlicher Sphären des 15. Jahrhunderts dem Erhalt spezifisch weiblicher klösterlicher Identitäten galt.
In der Frühen Neuzeit verlagerte sich der Fokus der Konventsreformen zunehmend; nun stand die "universality of enclosure" (136) im Zentrum der Reformbemühungen, die geschlechtsspezifisch markiert waren. Es waren die spanischen Monarchen Isabella und Ferdinand, die die Klausurierung als ein spezifisch weibliches klösterliches Ideal propagierten (Kap. 5: Habits of Reform: Religious Women Before Trent). Isabellas Beichtvater hatte die fünf Sinne als Einfallstor der Sünde lokalisiert: Sie seien wie "windows through which - if not well sealed - the corrupt and pestilential air that kills the soul very easily enters" (137). Klausurierung war ein wesentliches Ziel der Regentschaft Isabellas und Ferdinands, da sie der Wiederherstellung und der Bewahrung der (sexuellen) Ordnung und religiösen Reinheit in den Frauenklöstern diente. Unterstützt wurden die Monarchen von den einflussreichsten Kirchenmännern der Zeit: Hernando de Talavera und Francisco Ximénez Cisneros - während die Klöster weiterhin um den Erhalt ihrer "corporate identity" und ihrer Tradition der Selbstverwaltung und Autonomie kämpften.
Schon allein durch diesen Rückgriff auf das 15. Jahrhundert gelingt Lehfeldt eine differenzierte und - historiographisch gesprochen - auch neue Einordnung der Auswirkungen des Konzils von Trient (1545-1563) auf das klösterliche Leben und das Leben religiöser Frauen im weiteren Sinne (Kap. 6: The Cloister and the World). Für spanische Nonnen bedeutete das "enclosure decree" Trients keineswegs einen drastischen Einschnitt in der Geschichte der Frauenklöster, da bereits seit dem 15. Jahrhundert die soziale und ökonomische Eigenständigkeit der Konventgemeinschaften gefährdet war, eine Tradition der Autonomie, die allerdings auch vehement verteidigt wurde. Dort, wo die Klausurierung erfolgreich war, internalisierten die Nonnen das klösterliche Ideal der Keuschheit und machten dies zu ihrer Bestimmung und ihrem religiösen Selbstverständnis. In vielen anderen Klöstern blieben, den Reformmaßnahmen zum Trotz, die Klostermauern durchlässig, und die Grenzen zwischen Welt und Kloster weiterhin verhandelbar. Auch nach Trient, so Lehfeldt, waren klösterliches Leben und städtische Gesellschaft Spaniens aufeinander bezogen, so dass sie weiter von dem "permeable cloister" sprechen kann.
Mit Religious Women in Golden Age Spain hat Elizabeth A. Lehfeldt eine ausgewogene und solide Studie über die religiöse Landschaft Spaniens von 1450 bis 1650 vorgelegt. Zu begrüßen ist ihre Entscheidung, die Untersuchung der Frauenklöster Spaniens jenseits etablierter Epochengrenzen zu betreiben - erst in der langen Dauer von 200 Jahren verlieren die Reformen des Konzils von Trient ihr einschneidendes, radikales Gesicht. Da Lehfeldt ihre Untersuchung schon im 15. Jahrhundert beginnt, kann sie die Reformmaßnahmen und Klausurierungsversuche als eine Bedrohung der klösterlichen Identität von langer Dauer lesen. Gerade hier hätte das Buch von einer breiteren, auch historiographischen Einordnung und Diskussion profitieren können, was aufgrund der bereits vorliegenden Arbeiten durchaus machbar gewesen wäre. So bleiben ihre Ergebnisse künstlich isoliert, was schade ist. Da sie die Geschichte der Frauenklöster vor allem als eine Sozialgeschichte schreibt, kann sie zwar überzeugend die vielfältigen Verflechtungen zwischen den Klöstern und der spanischen Gesellschaft aufzeigen; allerdings tritt dafür der klösterliche Lebensraum mit seinem kulturellen, religiösen und spirituellen Leben in den Hintergrund - über die im Kloster lebenden Nonnen erfahren wir äußerst wenig. Trotz dieser Kritikpunkte bleibt das Fazit positiv, denn Lehfeldt ist eine rundum lesenswerte Studie geglückt.
Daniela Hacke