Caspar Ehlers / Helmut Flachenecker (Hgg.): Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung. Sechster Band: Geistliche Zentralorte zwischen Liturgie, Architektur, Gottes- und Herrscherlob: Limburg und Speyer (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 11/6), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2005, 298 S., 50 Abb., 2 Karten, ISBN 978-3-525-35309-7, EUR 96,00
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Die Bände der Reihe Deutsche Königspfalzen sind teure, aber handwerklich so ausgezeichnet gestaltete Bücher, dass sie Lust auf Lesen machen. Der hier anzuzeigende Band, der die Ergebnisse zweier Tagungen im Rahmen der Projekte "Germania Sacra" und "Repertorium der deutschen Königspfalzen" präsentiert, enthält 15 Beiträge, 2 Karten und 50 zum Teil farbige Abbildungen. Die Aufsätze verteilen sich auf vier Bereiche. 1. Zentrale Orte; 2. Architektur als Ausdruck von Herrschaftsideologie; 3. Königsgrablege - Hoher Anspruch und vergessliche Tradition; 4. Stiftskirchen und ihre Liturgie.
In ihrer Einleitung stellen die Herausgeber, die darüber hinaus mit zwei weiteren Beiträgen vertreten sind, die Kernfrage des Bandes, ob denn Speyer und Limburg an der Lahn (nicht etwa das salische Limburg an der Haardt) überhaupt vergleichbar sind. Sie wird mit dem Hinweis auf die zentralörtliche Funktion beider Kirchen bejaht. Dem ist nicht zu widersprechen, doch trifft dieser kleinste gemeinsame Nenner auch auf andere Kirchen zu, sodass gerade die Gegenüberstellung von Speyer und Limburg an der Lahn deutlicher hätte begründet werden müssen. Fast zwangsläufig stehen dann die einzelnen Beiträge in der Untersuchung jeweils spezifischer Probleme eher nebeneinander, als dass sie eine gemeinsame Fragestellung komparatistisch verfolgten. Die Stärken des Bandes liegen somit in den Einzelergebnissen - die Leistung des Vergleichs muss der Leser selbst erbringen.
Die Beiträge fallen durch ihre große Bandbreite auf. Klassische Epochen- und Fachgrenzen werden durch die Konzeption des Bandes sinnvoll aufgebrochen. Thematisch wird der Bogen von der Politik über die Architektur und Memoria bis zur Liturgie gespannt. Chronologisch decken die Untersuchungen den Raum vom Frühmittelalter bis ins 20. Jahrhundert ab. Die Umsetzung dieses breiten Ansatzes erlaubt es dem Leser, die Zusammenhänge zwischen Liturgie und räumlicher Gestaltung der Kirchen, tagespolitischem Geschehen und langfristigen Strategien der Memoria sowie die ganz unterschiedliche Wahrnehmung hochmittelalterlicher Zentralorte im Verlauf der Jahrhunderte zu erkennen.
Ein deutlicher Schwerpunkt liegt nichtsdestotrotz auf der Untersuchung Speyers als Königsgrablege im Mittelalter; ein Drittel der Aufsätze ist diesem Thema gewidmet. Gerold Bönnen geht den Gründen für den Wechsel der Salier von Worms nach Speyer nach. Er stellt heraus, wie sehr Konrad II. Speyer als gut ausbaubare Bischofsstadt betrachtete, die ihm sehr viel größere Entfaltungsmöglichkeiten als das benachbarte, wohl etablierte Worms bot (141-156). Stefan Weinfurter (156-173) kann sich mit Caspar Ehlers (119-140) darauf einigen, dass sich unter Heinrich V. das salische Verständnis vom Dom zu Speyer änderte, betont aber, dass auch vor Heinrich V. von einer Grablege mit dynastischem Bezug gesprochen werden muss. Der Unterschied liegt freilich darin, dass dieser frühere Bezug sich aus dem Gedanken des theokratischen Königtums herausgebildet hatte, während sich dann unter Heinrich V. die Vorstellung von der dynastischen Rechtsfolge in den Vordergrund schob. Das Bild der Kaisergräber in der Speyrer Bistumschronik untersuchend, kommt Helmut Flachenecker zu dem bemerkenswerten Ergebnis, dass die Königsgräber nicht im Zentrum des Interesses der Speyrer Geschichtsschreiber standen (183-196). Diesem Befund sollte weiter nachgegangen werden ebenso wie der Frage der nachsalischen Königsgräber, zu der Odilo Engels eine zu knapp gehaltene Skizze liefert (175-181).
Insgesamt gesehen gelingt es der überwiegenden Zahl von Beiträgen, wertvolle Ergebnisse zu verschiedenen Aspekten geistlicher zentraler Orte zu liefern. Sie lassen die Funktion und das Wirken solcher Orte im Verlauf von über 1000 Jahren in einem klareren Licht erscheinen und können vielleicht an anderer Stelle in Verbindung mit der Erforschung weiterer Zentralorte den Vergleich ermöglichen, der hier durchaus stärkere Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte.
Jörg Peltzer