Khaled Anatolios: Athanasius (= The Early Church Fathers), London / New York: Routledge 2004, VIII + 293 S., ISBN 978-0-415-20202-2, GBP 50,00
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Athanasios von Alexandrien zählt zu den Kirchenvätern des 4. Jahrhunderts, denen auch die althistorische Forschung seit Langem besonderes Interesse schenkt. So widmet sie sich immer wieder dem Phänomen, dass Athanasios als östlicher Theologe hinsichtlich des Verhältnisses von Staat bzw. Kaiser und Kirche offenbar eine Position vertritt, die man gemeinhin als typisch westlich ansieht, und sich daher der üblichen Ost-West-Dichotomierung zu entziehen scheint. Große Aufmerksamkeit widmet man auch seiner komplexen Rolle in den verschiedenen Phasen des Arianismusstreites, der in den letzten Jahren im Zuge der Auseinandersetzung mit innerkirchlichen Konflikten verstärkt ins Blickfeld geraten ist. Dabei hat sich bei den meisten Althistorikern die Ansicht durchgesetzt, dass eine adäquate Beschäftigung mit Athanasios nur möglich ist, wenn man auch seine theologischen Standpunkte und deren Wechselwirkungen mit seinem praktischen Handeln berücksichtigt. Auf diese Weise beugt man nicht zuletzt der Gefahr vor, Athanasios auf den 'Machtpolitiker' zu reduzieren, als den man ihn in der Vergangenheit nicht selten gezeichnet hat. [1]
Einen differenzierten Einblick in zentrale theologische Positionen des Athanasios bietet die zu besprechende Monografie von Khaled Anatolios. Der Autor hat bereits 1998 die Studie "Athanasius. The Coherence of his Thought" vorgelegt. In jener Arbeit hat er sich besonders mit dem Nexus von Gott und Schöpfung und dessen Verknüpfung mit der Gnadenlehre in den Schriften des Athanasios beschäftigt und diesen im geistesgeschichtlichen Kontext verortet. Jene Thematik kommt auch in der vorliegenden Arbeit wieder zur Sprache. Daneben werden weitere wichtige Elemente seiner Lehre ins Visier genommen, so seine Position zur Trinität, zur Christologie, zur Relation von Gott und Christus sowie zum Konnex von theologischen Positionen und anthropologischen Vorstellungen bei Athanasius. Ebenso wie in seiner früheren Arbeit zeigt Anatolios die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Themen auf, zu denen sich der Bischof äußert. Er geht insofern über seine vorherige Untersuchung hinaus, als er nun zentrale Passagen aus den Schriften des Athanasios in Übersetzung präsentiert und mit kurzen Einleitungen versieht - im Einzelnen sind dies längere Auszüge aus den Reden gegen die Arianer, die Schrift De decretis, die Briefe an Serapion über den Heiligen Geist sowie der Brief Nr. 40, der an den Bischof Adelphios adressiert ist.
Die Auswahl der Texte erfolgt mit Blick auf die zuvor behandelten Themen. Aus Sicht des Historikers ist zu bedauern, dass wesentliche Texte, die aufschlussreich sind, um Bezüge zwischen den theologischen Positionen des Athanasios und seinem konkreten Handeln zu eruieren, nicht vorgestellt werden - beispielsweise die Epistula encyclica, die Apologia ad Constantium, die Apologia secunda und schließlich die Historia Arianorum.
Insgesamt lässt sich die Arbeit gut verwenden, um sich über die Ansichten des Athanasios speziell zur Christologie detailliert zu informieren. Möchte man aber einen Schritt weitergehen und deren Bedeutung für spezifisch historische Fragestellungen ermitteln, hat man andere Literatur heranzuziehen.
Anmerkung:
[1] Beispielhaft seien genannt E. Schwartz: Kaiser Constantin und die christliche Kirche, Leipzig / Berlin, 2. Aufl., 1936 (1. Aufl. 1913), und H.-G. Opitz: Euseb von Caesarea als Theologe, in: Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft 34 (1935), 1-19; einen Überblick über derartige Interpretationsansätze gibt T. D. Barnes: Athanasius and Constantius. Theology and Politics in the Constantinian Empire, Cambridge (Mass.) / London 1993, 1-3.
Karen Piepenbrink