Rex Rexheuser (Hg.): Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697-1763 und Hannover-England 1714-1837. Ein Vergleich (= Deutsches Historisches Institut Warschau. Quellen und Studien; Bd. 18), Wiesbaden: Harrassowitz 2005, VII + 495 S., ISBN 978-3-447-05168-2, EUR 78,00
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Im November 1997 wurde in Dresden mit einer Konferenz an die dreihundert Jahre zuvor geschlossene sächsisch-polnische Personalunion erinnert. Die von polnischen, britischen und deutschen Historiker gehaltenen Vorträge sind in dem hier zu besprechenden Band abgedruckt. Das Thema, ein Vergleich der sächsisch-polnischen und der hannoverisch-englischen Personalunionen, ist ambitioniert. Handelt es sich doch bei England und Polen um Territorien, die nicht nur wegen ihrer geographischen Lage, sondern auch wegen der je eigenen Geschichte und Verfassung europäische Außenpositionen besetzt hielten.
Der Versuch eines Vergleiches dieser beiden Fälle einer Personalunion hat zunächst das Problem zu lösen, genügend spezielle Sachkunde über die Vergleichsobjekte zu Verfügung zu stellen. Hierzu wird ein sehr praktisches Verfahren befolgt, indem in einem ersten Schritt vorgegebene Themen für jedes der Länder der Personalunionen gesondert behandelt werden und auf diesen aufbauend dann ein weiterer Beitrag den Vergleich vornimmt. Ein solcher Ansatz mit Grundlagen- und Vergleichsreferaten kann durchaus Vorbildfunktion gewinnen für ähnliche komparatistische Untersuchungen, die dank des wachsenden Interesses an transnationalen Vergleichen zunehmen.
Inhaltlich kreist der Vergleich um fünf Themen. Sie zeigen, dass das Interesse weniger der Personalunion als einer frühneuzeitlichen Organisationsform von Herrschaft gilt; vielmehr rücken die Bedingungen ihrer Existenz in den jeweils konkreten historischen Situationen in den Mittelpunkt. Das hat zur Folge, dass wenig Ertrag abfällt für die allgemeine Diskussion, wie sie auch schon zur Zeit der Konferenz über Aspekte der Composite Monarchy (Mehrfachherrschaft) geführt wurde. [1] Viel hingegen erfährt man über die Verhältnisse in den betrachteten Herrschaften und Ländern und über die Ausgestaltung der Existenzbedingungen der Personalunionen. Die Leitthemen sind dabei: 1. Gründung und Fortsetzung der Personalunion, 2. Institutionen und Prozeduren im politischen Verhältnis der Staaten, 3. Interessen und Ziele, 4. Der Hof als Schauplatz und Vermittler, 5. Die Personalunion als Problem des Monarchen.
Zehn Beiträge für Sachsen-Polen und acht Beiträge für Hannover-England wenden sich einem dieser Leitthemen zu und dienen als Grundlage für vergleichende Artikel, von denen es nur vier an der Zahl gibt, weil das erste Leitthema der Gründung und Fortsetzung der Personalunion keinen Bearbeiter gefunden hat.
Während die Grundlagenpapiere sich tendenziell vor allem darauf beschränken, vorhandene Forschungsergebnisse und -erkenntnisse zusammenzutragen, wie es besonders deutlich der Beitrag von Jeremy Black zeigt, führen die Vergleichsbeiträge weiter und öffnen durch die Gegenüberstellung neue Perspektiven etwa auf die Rolle unterschiedlicher Konfessionen, das Akzeptanzproblem der Personalunion, die "Synergieeffekte", die landesrechtlichen Grenzen für politisches Handeln, die unterschiedlich ausfallenden mittel- und langfristigen Folgen. Daneben werden aber auch bekannte Einsichten als weiterhin gültig bestätigt, so diejenige, dass die Ausformung einer Personalunion wesentlich von deren personalem Element, nämlich zunächst von dem Monarchen und sodann von seiner Dynastie, abhing.
Insgesamt macht der Band unschwer deutlich, dass zwei Fälle von Personalunionen in den Blick genommen werden, bei denen der Vergleich nicht so sehr Gemeinsamkeiten als vielmehr Unterschiedlichkeiten zu Tage fördert. Die Feststellung der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten von frühneuzeitlichen Personalunionen ist ein wesentliches Gesamtergebnis des Bandes und erschwert es, die Personalunion als einen Herrschaftstypus schlechthin zu begreifen.
Anmerkung:
[1] Siehe dazu Helmut G. Koenigsberger: Zusammengesetzte Staaten, Repräsentativversammlungen und der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, in: ZHF 18 (1991), 399-423; John H. Elliott: A Europe of Composite Monarchies, in: Past and Present 137 (1992), 48-71; sowie Franz Bosbach: Mehrfachherrschaften im 17. Jahrhundert, in: Uta Lindgren (Hg.): Naturwissenschaft und Technik im Barock. Innovation, Repräsentation, Diffusion, Köln 1997, 19-35.
Franz Bosbach