Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. Aus dem Englischen übertragen von Michael Bayer, Helmut Ettinger, Hans Freundl. Norbert Juraschitz, Renate Weitbrecht, 2. Aufl., München: C. Bertelsmann 2006, 653 S., ISBN 978-3-570-00924-6, EUR 26,00
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Frank Schauff: Der Spanische Bürgerkrieg, Stuttgart: UTB 2006
Eine voluminöse Gesamtdarstellung des Spanischen Bürgerkriegs legt der britische Militärhistoriker und erfolgreiche Sachbuchautor ("Stalingrad") Antony Beevor vor. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Neufassung seiner bereits 1982 veröffentlichten Bürgerkriegs-Studie. Sprache und Struktur sind weitgehend identisch. Unterschiede zeigen sich, so Beevor, vor allem in "Einzelheiten und Quellen" (543). Dabei berücksichtigt er nicht nur seither gewonnene Erkenntnisse der überwiegend englisch- und spanischsprachigen Forschungsliteratur, sondern stützt sich auch auf unveröffentlichte Quellen aus deutschen und russischen Archiven. In insgesamt 38 Kapiteln spannt Beevor auf 544 Seiten den Bogen von der Monarchie und ihrem Scheitern, über die Zweite Republik und den Bürgerkrieg bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Anhang finden sich Anmerkungen, Quellen, Orts-, Sach- und Personenregister, Karten über militärische Operationen sowie Kurzinformationen über die wichtigsten politischen Parteien und Organisationen.
Der Verfasser macht in der Einleitung deutlich, dass er den Krieg in Spanien vor allem als Teil des "internationalen Bürgerkrieg[s]" versteht, der mit der "Revolution der Bolschewisten endgültig begonnen"(12) habe. So spricht er in Analogie zu den Geschehnissen der Oktoberrevolution in Russland von der "Polarisierung zwischen Roten und Weißen" (12). Dies wird auch aus wertenden Kapitelüberschriften wie "Roter Terror" und "Weißer Terror" ersichtlich. Beevor geht von einer letztlich unausweichlichen Auseinandersetzung zwischen dem linken und rechten Lager in Spanien aus. Die so genannte Oktoberrevolution von 1934, jenen Generalstreik, der sich in Katalonien und Asturien zu einem sozialen Aufstand ausweitete, beschreibt er folgerichtig als Sündenfall der Linken. Tatsächlich war im politisch aufgeladenen Klima der Zweiten Republik der Regierungseintritt des rechtskonservativen Parteienbündnisses CEDA (Confederación Española de Derechas Autónomas) mit seinen ständestaatlichen Vorstellungen und seinem charakteristischen "Führer"-Kult von den linken Gewerkschaften und Parteien als faschistische Machtergreifung interpretiert worden. Zweifellos hat die von General Franco blutig niedergeschlagene "Revolution" zur Radikalisierung auf beiden Seiten maßgeblich beigetragen. Dennoch geht Beevor zu weit, wenn er behauptet, dass der "Konflikt im Land [...] sich schon vor dem Sieg der Volksfront im Februar 1936 so zugespitzt habe, dass er nicht mehr im Rahmen des Parlaments gelöst werden konnte" (54). Ebenso problematisch erscheint die Spekulation des Autors, einen anderen Wahlausgang hätte die Linke nicht akzeptiert. Beevor schließt sich einer geschichtsrevisionistischen Sicht von Autoren wie Ricardo de la Cierva an, wenn er unterstellt, die Erbitterung sei nach den Ereignissen vom Oktober 1934 zu groß gewesen, "als dass die Demokratie noch hätte funktionieren können" (55). Mit einer solchen Deutung vermindert der Verfasser die Verantwortung der Putschisten um Franco und beschönigt den antidemokratischen Charakter des versuchten Staatsstreichs.
Dass die Wahrheit auch in diesem Krieg geopfert wurde, veranschaulicht Beevor in einem kurzen Kapitel über den "Propagandakrieg und die Intellektuellen". Die entmachtete Republik verlor durch die antiklerikale Gewalt und die Schändung von Gotteshäusern in ihrem Herrschaftsbereich gleich zu Beginn die Propagandaschlacht. Die "nationalspanische" Seite lancierte eine groß angelegte Pressekampagne, die in einer "erfundene[n] Schauergeschichte" (309), der Vergewaltigung von Nonnen gipfelte. Erst als deutsche und italienische Flieger im April 1937 in Francos Auftrag die baskische Stadt Guernica durch einen Bombenteppich zerstörten, änderte sich die Lage. Beevor spricht zutreffend vom "größten republikanischen Sieg in diesem Propagandakrieg" (309). Im Kampf um die öffentliche Meinung konzentrierten sich die Aufständischen auf "ein ausgewähltes und mächtiges Publikum in Großbritannien und den Vereinigten Staaten", indem sie an die weit verbreitete "Kommunistenfurcht" (307) appellierten. Die Berichterstattung ausländischer Medien war nicht selten von Unkenntnis und Zufällen bestimmt: So wurden "in aller Eile Korrespondenten nach Spanien geschickt, wobei es keine Rolle spielte, ob sie die Landessprache beherrschten oder etwas von der Politik dieses Landes verstanden" (314).
Das Hauptaugenmerk des Verfassers gilt dem militärischen Verlauf des Krieges, der mit dem Eingreifen der Achsenmächte und der Sowjetunion seinen - nach Ansicht des einstigen Berufsoffiziers - "anfänglich dilettantischen Charakter verlor" (182). Hier entfaltet Beevor seine Stärken, indem er die entscheidenden Gefechte atmosphärisch dicht, detailreich, wenn auch mitunter etwas ausufernd nachzeichnet. Hervorzuheben ist insbesondere das Kapitel über die "Schlacht um Madrid". Nicht nur dort schöpft Beevor aus einem reichen Fundus an Augenzeugenberichten. Diese vielfach eingestreuten Aussagen illustrieren zwar anschaulich das damalige Geschehen, er montiert sie aber in den Text, ohne sie zu hinterfragen oder einzuordnen. So greift er des Öfteren unkommentiert auf das propagandistisch eingefärbte Kriegstagebuch des Stabschefs der Legion Condor, Wolfram von Richthofen, zurück.
Ein überkommenes Bild wird von der Bildung der Internationalen Brigaden vermittelt. Denn jüngste Forschungen [1] belegen, dass der von Beevor angeführte Komintern-Gründungsbeschluss vom 18. September 1936 (203) nur eine Entwicklung nachvollzog, die sich spontan und ohne Kontrolle der Kommunisten bereits in den Monaten zuvor ergeben hatte. Widersprüchlich sind Beevors Aussagen zur militärischen Vorbildung der Brigadisten. Wird zunächst der Eindruck erweckt, entgegen den propagandistischen Verlautbarungen von "spontanen Freiwilligen, Demokraten und Antifaschisten" habe die Komintern beschlossen, "Freiwillige mit militärischer Erfahrung einzuschleusen" (204), heißt es wenig später: "Die Mehrzahl [...] war fast untauglich und hatte überwiegend keine Ahnung von den elementarsten militärischen Fertigkeiten." (209)
Die Niederlage der Republik erklärt Beevor im Wesentlichen mit dem Versagen ihrer Generäle. "Somit war es weniger Franco, der den Krieg gewonnen hat: Die republikanischen Befehlshaber, deren Sache von Anfang an sehr schlecht stand, verschwendeten den Mut und den Opfergeist ihrer Soldaten und verheizten sie." (535) So berechtigt auch die Kritik sein mag, so überspitzt ist seine Schlussfolgerung. Denn auch bei einer anderen Strategie und Taktik hätten sich eingedenk der Hilfe der Achsenmächte die qualitativ bessere Ausrüstung der "Nationalen" und ihre wachsende Luftüberlegenheit schließlich doch durchgesetzt. In seiner Bilanz behauptet der Autor, angelehnt an Clausewitz, es habe sich beim Spanischen Bürgerkrieg "in der Tat um die Fortsetzung der Politik mit militärischen Mitteln" (530) gehandelt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Krieg bedeutete vielmehr das Ende der Politik.
Insgesamt ist das Urteil zwiespältig. Die Darstellung richtet sich an ein breites Lesepublikum und überzeugt als lebendig erzählte Kriegsgeschichte; in der politischen Analyse hingegen bleibt sie eher holzschnittartig. Den vielschichtigen Wirklichkeiten jener Jahre wird Beevor dabei kaum gerecht.
Anmerkung:
[1] Angela Berg: Die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, Essen 2005, 50 ff.; Frank Schauff: Der verspielte Sieg. Sowjetunion, Kommunistische Internationale und Spanischer Bürgerkrieg 1936-1939, Frankfurt a. M. 2004.
Walter Lehmann