Rezension über:

Joachim Oepen / Wolfgang Schaffer (Hgg.): Kirche, Kanzel, Kloster. Pfarrgründungen, Kirchenbau und Seelsorge in der Kölner Neustadt 1880-1920, Köln: Greven-Verlag 2006, 176 S., ISBN 978-3-7743-0389-8, EUR 19,90
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Rezension von:
Michael Klöcker
Historisches Seminar, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Laux
Empfohlene Zitierweise:
Michael Klöcker: Rezension von: Joachim Oepen / Wolfgang Schaffer (Hgg.): Kirche, Kanzel, Kloster. Pfarrgründungen, Kirchenbau und Seelsorge in der Kölner Neustadt 1880-1920, Köln: Greven-Verlag 2006, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 10 [15.10.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/10/12390.html


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Joachim Oepen / Wolfgang Schaffer (Hgg.): Kirche, Kanzel, Kloster

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In diesem Werk wird die kirchliche Neuorganisation in der - im Rahmen der Stadterweiterungen um die Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen - Kölner Neustadt detailliert und anschaulich vorgestellt, vor allem in Hinsicht auf die katholische Pfarrorganisation mit ihren neuen Kirchen. Es bietet damit ein eindrucksvolles großstädtisches Beispiel der kirchlichen Modernisierungen im Kontext der industriellen Urbanisierung.

Die (von Hiltrud Kier skizzierte) "profane" Stadterweiterung erforderte neue katholisch-kirchliche Seelsorgestrukturen. Insbesondere die äußeren Aspekte und Strukturen, auch das kirchliche Leben (anknüpfend an die "instruktive" Studie Christoph Schanks von 2004 über das katholische Milieu in Köln) werden fundiert rekonstruiert, so die Pfarreien St. Michael, Herz Jesu (Wolfgang Schaffer), St. Agnes, St. Maternus, Maria Hilf (Joachim Oepen), und St. Paul (Gabriele Oepen-Domschky). Wenn Joachim Oepen Kirchenbauplätze und Pfarrsystem darstellt, so wird dabei auch die Bedeutung des im Juli 1884 gebildeten Komitees von drei Domkapitularen, Kölner Pfarrgeistlichen und "Notabeln aus den Pfarreien" deutlich. Um 1920 waren der Bau der Kirchen (stilistisch dominierend war die Neugotik) und die Schaffung des Pfarrsystems weitgehend abgeschlossen. Das (nicht nur) finanzielle Engagement der Kirchenbauvereine, Mäzene und Honoratioren erweist Stärke und Durchschlagskraft des damaligen Kölner katholischen Milieus. Eindrucksvollstes Beispiel: der Grundstückshändler, Bauunternehmer und Zentrumspolitiker Peter Joseph Roeckerath, Financier der neugotischen Kirche St. Agnes (nach dem Dom größter Kölner Kirchenbau), der diese Kirche dem Andenken seiner Ehefrau Agnes widmete.

Die herausgebildete gemeindliche Scheidung von Alt- und Neustadt diesseits und jenseits der Ringstraße ist inzwischen geschwunden. Auf mittlerer Sicht werden die wenigsten der zunächst als Rektorate und Kapellengemeinden konstituierten Neustadtpfarrgemeinden als eigenständige Pfarreien weiter existieren: eine Folge der Erosion des traditionellen kirchlichen Lebens in jüngster Zeit.

Auf die Darstellung des damaligen evangelischen Lebens im linksrheinischen Köln konnte angesichts der diesbezüglichen Studie Barbara Becker-Jáklis von 1988 verzichtet werden. Sybille Fraquelli berücksichtigt in ihrer prägnanten Darstellung von Architektur und Baugeschichte der Gotteshäuser in der Kölner Neustadt auch die Gotteshäuser der evangelischen, jüdischen und altkatholischen Gemeindemitglieder. Besondere Beachtung verdient Wolfgang Schaffers Rekonstruktion des vor allem sozialen Wirkens von Ordengemeinschaften in den Neustadtgemeinden; bemerkenswert ist, dass im Untersuchungszeitraum in der sehr großen Gemeinde St. Agnes keine Ordensniederlassungen gegründet wurden.

Die Herausgeber, Wissenschaftliche Archivare, sind bei der Verzeichnung von Pfarrarchiven auf die Idee zu dieser Publikation gekommen, die auf der konsequenten Auswertung von vor allem im Historischen Archiv des Erzbistums Köln, dann aber auch in den jeweiligen Pfarrarchiven liegender Quellen basiert. Zur ansprechenden Gestaltung der durchweg flüssig verfassten Beiträge gehört eine reiche Bebilderung.

Michael Klöcker