Christian Mann: Antike. Einführung in die Altertumswissenschaften (= Akademie Studienbücher Geschichte), Berlin: Akademie Verlag 2008, 243 S., ISBN 978-3-05-004401-9, EUR 19,80
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Den in jüngster Zeit zahlreich erschienen Einführungen und Studienbüchern zu den Fächern Klassische Philologie, Klassische Archäologie und Alte Geschichte, den Altertumswissenschaften im engeren Sinne, fügt Christian Mann mit seinem in der Reihe "Akademie Studienbücher" erschienenen Band "Antike - Einführung in die Altertumswissenschaften" ein weiteres Werk hinzu. Gemäß dem Titel unterscheidet sich dieses von den bisherigen jedoch dadurch, dass es nicht nur in eine, sondern zugleich in d i e Altertumswissenschaften einzuführen verspricht.
Der Autor gliedert den Hauptteil seiner Einführung (9-211) in 14 übersichtliche und chronologisch geordnete Kapitel, die jeweils einen Themenbereich behandeln - nach Mann "Schlaglichter" der Antike - und anhand derer er in "Gegenstand und Fragestellungen der Altertumswissenschaften" einführen möchte (7). Die Kapitel umfassen insgesamt den Zeitraum von den Anfängen der Archaischen Zeit (Kap. 1: Die Welt des homerischen Adels) bis zur Spätantike (Kap. 14: Das Ende Westroms - Ostrom unter Justinian); der griechischen Antike bis zum Ende des Hellenismus sind sechs, der römischen Antike acht Kapitel gewidmet. Im Anschluss an den Hauptteil bietet die Einführung einen "Serviceteil" (213-222), der Literaturhinweise sowie Forschungsinstitutionen und Web-Adressen anführt. Ein Anhang (223-243) mit den gängigen Verzeichnissen, einem Glossar und einer Zeittafel beschließt das Werk. [1]
Die Gliederung dieser Einführung ist übersichtlich und verständlich. Innerhalb der 14 Kapitel verfährt Mann stereotyp, indem er anhand einer Quelle bzw. eines Forschungsgegenstandes zunächst einzelne, kapitelrelevante Fragen aufwirft, um dann in drei Abschnitten jeweils einen Aspekt des Kapitelthemas zu vertiefen. Mit vier "Fragen und Anregungen" sowie einigen Lektüreempfehlungen zu Quellen und Forschung schließt der Autor die Kapitel ab. Innerhalb der jeweiligen Abschnitte werden sodann weitere Zeugnisse und Sachverhalte in einen kulturellen Kontext des jeweiligen Themas eingeordnet, wozu Mann ein breites und bunt gemischtes Spektrum der Darstellung nutzt. Knappe, nur wenige Zeilen umfassende erklärende Beschreibungen wechseln sich hierbei etwa mit inhaltlich-interpretatorischen Ausführungen oder auch der Darstellung von Forschungskontroversen ab. Der Band ist dadurch abwechslungsreich und insgesamt gut verständlich geschrieben.
Eine grundsätzliche Schwäche des zu besprechenden Werkes liegt hingegen in dem von Mann ganz überwiegend eingenommenen althistorischen Blickwinkel. Im weiteren Sinne berücksichtigt die Dreiteilung der Kapitel zwar zunächst die drei klassischen Altertumswissenschaften, jedoch wird dieses Schema spätestens ab dem sechsten Kapitel aufgegeben. Auch wird dem Leser keineswegs immer klar, um welches Fach der Altertumswissenschaften es sich gerade handelt. So führt Mann beispielsweise im Abschnitt zu den archaischen Siedlungsstrukturen (Kap. 2.1) zunächst den archäologischen Survey an, um daran anschließend den Bereich der Bauern, Knechte und Mägde in Hesiods Werken vorzustellen. Dass dabei auf eine feldarchäologische Methode ein insbesondere althistorisches Themenfeld mit entsprechenden Fragestellungen und ganz anderer Quellengrundlage folgt, erfährt der Leser hingegen nicht. Einzelne fachspezifische Bereiche werden hier sowie in den übrigen Kapiteln eher assoziativ, zumeist ohne allgemeine Erläuterungen und ganz selten schärfer akzentuiert aneinander gefügt, so dass dem altertumswissenschaftlich ungeübten Leser - der freilich Zielpublikum einer solchen Einführung ist - nur in Ausnahmefällen deutlich wird, ob es sich gerade um Studienbereiche der Klassischen Archäologie, Klassischen Philologie oder der Alten Geschichte handelt. Einen Überblick über fachspezifische Quellen, Quellengattungen, Methoden oder Fragestellungen, für die ein Studienanfänger ein solches Werk gewöhnlich zur Hand nimmt, bietet diese Einführung dabei ebenso wenig wie sie methodische und forschungsspezifische Eigenheiten der einzelnen Fächer benennt oder vermittelt - beides auch heutzutage für ein (BA-)Studium immer noch unabdingbar. [2] Dass zudem die wissenschaftliche Vielfalt der Einzelfächer nur ungenügend berücksichtigt wird, liegt vor allem an dem gewählten althistorischen Schwerpunkt. Angeführte Kontexte der insgesamt ohnehin nur wenig berücksichtigten Klassischen Archäologie und Philologie werden zumeist auf historische Zusammenhänge bezogen. Ließe sich etwa am Parthenon von Athen (Kap. 4.2) gleich eine ganze Reihe von klassisch-archäologischen Problemfeldern mit dazugehörigen Forschungsmethoden und -traditionen aufzeigen, bezieht Mann diesen Bau nach einer knappen Beschreibung einzig auf die historische Situation der Polis: Eine archäologische Quelle dient somit als bildlicher Ausgangspunkt für weitere historische Ausführungen (vgl. etwa Kap. 3.3; 6.2.;9.2.; passim).
Aus althistorischem Blickwinkel fällt vor allem auf, dass Mann die epochale Gliederung der Antike mit ihren Epochenbegriffen und zeitlichen Dimensionen - für Studierende einer der zentralen Zugänge für eine wissenschaftliche Orientierung innerhalb der Fächer - als bekannt voraussetzt, so dass der ungeübte Leser sich diesbezüglich zunächst in anderen Werken kundig machen muss. Bedauerlich ist weiterhin, dass zentrale, mitunter sogar epochenkonstituierende Themenfelder in Manns Auswahl seiner Schlaglichter keine Berücksichtigung gefunden haben: So spielen in dieser Einführung weder die Perserkriege noch Iulius Caesar oder eine Krise des Römischen Reiches im 3. Jh. eine Rolle. Und für die Archaische Zeit ist bei Mann die so genannte Große Kolonisation ebenso wenig ein Schlaglicht wie es für den Hellenismus die territorialen Großreiche sind - letzteres freilich eine der wesentlichsten Veränderungen innerhalb der Antike überhaupt, die zudem eine nicht unerhebliche Auswirkung für die Forschungsgegenstände der Klassischen Archäologie und Philologie nach sich zog.
Die von Mann vorgelegte Einführung ist entgegen ihrem Titel gerade keine Einführung in die Altertumswissenschaften, sondern ein flüssig geschriebenes Lesebuch zur Alten Geschichte, das einige archäologische und philologische Themenfelder anspricht, dem im Titel formulierten Anspruch aus archäologischer wie auch philologischer Sicht aber keineswegs gerecht wird. Will man sich als (angehender) Studierender in den Fächern der Altertumswissenschaften orientieren und hinsichtlich der jeweiligen Methoden und Problemstellungen einen strukturierten und fundierten Überblick verschaffen, muss man weiterhin für alle drei Bereiche der Altertumswissenschaften zu einer der zahlreichen fachspezifischen Einführungen greifen, die ihrerseits im vorliegenden Band weitestgehend unerwähnt bleiben.
Anmerkungen:
[1] Im Serviceteil fehlen unter anderem zahlreiche Einführungen zu den Einzeldisziplinen sowie etwa auch der "Oldenbourg Grundriss Geschichte", der aus althistorischer Sicht für Studenten bisher unverzichtbar ist. Fraglich ist weiterhin, ob das "DAI" und die "Denkmalämter" die einzig erwähnenswerten Forschungsinstitutionen im Bereich der Altertumswissenschaften sind.
[2] Mann formuliert einleitend (7f.) Einschränkungen hinsichtlich des Inhaltes seiner Einführung sowie hinsichtlich seiner altertumswissenschaftlichen Kompetenz jenseits der Alten Geschichte. Indem das vorliegende Werk aber eine "Einführung in die Altertumswissenschaften" sein soll, muss es sich freilich gerade daran messen lassen.
Volker Grieb