Rezension über:

Volker Hirsch / Gerhard Fouquet (Hgg.): Das Haushaltsbuch des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478) (= Basler Chroniken; 12), Basel: Schwabe 2009, XXVII + 492 S., ISBN 978-3-7965-2442-4, EUR 47,50
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Rezension von:
Joachim Schneider
Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Redaktionelle Betreuung:
Jürgen Dendorfer
Empfohlene Zitierweise:
Joachim Schneider: Rezension von: Volker Hirsch / Gerhard Fouquet (Hgg.): Das Haushaltsbuch des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478), Basel: Schwabe 2009, in: sehepunkte 11 (2011), Nr. 2 [15.02.2011], URL: https://www.sehepunkte.de
/2011/02/17483.html


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Volker Hirsch / Gerhard Fouquet (Hgg.): Das Haushaltsbuch des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478)

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Die zu besprechende Edition stellt der wissenschaftlichen Öffentlichkeit eine erstrangige Quelle zur Verwaltung eines spätmittelalterlichen geistlichen Fürstenhofes zur Verfügung. Denn es dürfte kaum einen anderen Text aus jener Zeit geben, der so minutiös die persönlichen Angelegenheiten eines geistlichen Fürsten über einen Zeitraum von 20 Jahren (1458-1478) von Tag zu Tag, von Monat zu Monat dokumentiert. Auf 524 Papierseiten des Originals erscheint so die ganze Spannbreite des täglichen Lebens eines geistlichen Reichsfürsten.

Die Einführung würdigt knapp den Text als Selbstzeugnis des Bischofs Johannes von Venningen, der sein Haushaltsbuch mit eigener Hand sorgsam führte und dabei, wie Bemerkungen erkennen lassen, an seine Nachlassverwalter und wohl auch die Nachfolger im Bischofsamt dachte, denen das Buch zu ihrer Orientierung dienen sollte. Bemerkenswert ist die strukturelle Unterdeckung der Ausgaben in Höhe von durchschnittlich 735 Gulden pro Jahr, die aus dem persönlichen Besitz des Bischofs ausgeglichen wurden bzw. werden sollten (vgl. Einleitung XIII, XVIf.; Text 184f., 215). Zu berücksichtigen ist, dass das Haushaltsbuch des Bischofs nur den "persönlichen" Haushalt und damit angesichts des bescheidenen Zuschnitts des Bistums einen beträchtlichen, aber eben nur einen Teil der Finanzen des Hochstifts erfasste. Doch ist auch Rechnungsüberlieferung aus den Ämtern erhalten, die ergänzend herangezogen werden kann.

Volker Hirsch hat bereits vor etlichen Jahren in einer Monographie über den Bischofshof Johannes von Venningens das Haushaltsbuch minutiös ausgewertet. [1] So beschränkt sich dann auch die vorliegende Edition auf einen knappen Lesartenapparat, während das angeführte Buch nun auch als ein umfassender Kommentar zu dem hier edierten Text gelesen werden kann. Der Mehrwert der Edition gegenüber der Monographie liegt allerdings nicht nur in der Dokumentation des Haushaltsbuches (samt Dienerverzeichnis) am Schluss, sondern vor allem darin, dass sie, über die bischöfliche Haushaltsführung hinaus, reiches Material für Fragen der allgemeinen Alltags-, der Preis-, Lohn- und Handwerksgeschichte, der Konsum- und Realiengeschichte und der Kulturgeschichte (zum Beispiel zeitgenössische Gabenpraxis, Aufträge für Kunstwerke, Wappenmalereien u.a.m.) liefert. Die Kommunikation in der Nah-Region überwiegt (Stadt Basel und hier immer wieder die Trinkstube 'zum Suffczen'!) gegenüber weiter reichenden Kontakten des Bischofs vor allem am Oberrhein entlang. Von besonderem Interesse sind die vielen Nachrichten zum Ausbau der bischöflichen Residenz in Pruntrut, der in jene Jahre fiel. Detaillierte Zusammenstellungen der Edition zu Münzen, Maßen und Gewichten erleichtern die Auswertung. Das Register erfasst die Personen- und Ortsnamen. Funktions- und Berufsbezeichnungen sind nur dann zu recherchieren, wenn deren Träger bestimmten Orten bzw. Institutionen zuzuordnen sind. Die Diener des Bischofs mit ihren Funktionen am Bischofshof erscheinen dagegen nur unter ihren Namen. Auch die vielen Realienbegriffe sind im bereits in dieser Form 35 Seiten umfassenden Register nicht mit aufgenommen.

Die Edition dieses außergewöhnlichen Dokuments aus dem Spätmittelalter, Frucht langjähriger minutiöser Erforschung der Herausgeber, bereichert unsere Kenntnisse über die materiellen Grundlagen der im Ganzen noch viel zu wenig bearbeiteten geistlichen Höfe und Residenzen im Spätmittelalter, liefert aber auch wertvolles Material zur allgemeinen Alltags-, Wirtschafts- und Realiengeschichte der Epoche. Nicht vergessen werden sollte dabei, dass das Bistum Basel zu den kleinsten, der Hof zu den bescheidensten im Römisch-deutschen Reich gehört haben dürfte (vgl. dazu die eine ungefähre Einordnung erlaubenden Reichsmatrikel des 15. und frühen 16. Jahrhunderts). Auch von daher ist die Erforschung der Finanz- und Realiengeschichte weiterer, auch größerer Bistümer ein dringendes Desiderat, soweit dies die Quellenlage zulässt, die freilich nur selten so vom Glück des Überlieferungszufalls begünstigt sein dürfte wie in diesem Falle. [2]


Anmerkungen:

[1] Volker Hirsch: Der Hof des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478). Verwaltung und Kommunikation, Wirtschaftsführung und Konsum (= Residenzenforschung; Bd. 16), Ostfildern 2004. Siehe die Rezension von Paul-Joachim Heinig in: sehepunkte 5 (2005), Nr. 10 [15.10.2005], URL: http://www.sehepunkte.de/2005/10/8432.html

[2] Vgl. das derzeit laufende Dissertationsprojekt unter: http://www.univie.ac.at/Geschichtsforschung/mitarb/katzler1.htm. [Seitenaufruf am 18.1.2011]

Joachim Schneider