Rezension über:

Gilles Béguin: Buddhist Art: An Historical and Cultural Journey. Transl. by Narisa Chakrabongse, Bangkok: River Books 2009, 400 S., 680 colour ill., 22 maps, 78 plans, ISBN 978-974-9863-87-9, USD 70,00
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Rezension von:
Martha Schulz
Institut für Orient- und Asienwissenschaften, Universität Bonn
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Conermann
Empfohlene Zitierweise:
Martha Schulz: Rezension von: Gilles Béguin: Buddhist Art: An Historical and Cultural Journey. Transl. by Narisa Chakrabongse, Bangkok: River Books 2009, in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 7/8 [15.07.2012], URL: https://www.sehepunkte.de
/2012/07/22006.html


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Gilles Béguin: Buddhist Art: An Historical and Cultural Journey

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Was ist buddhistische Kunst? Und in welchen Regionen findet man buddhistische Kunst? Die konzeptionellen Schwierigkeiten, die Geschichte einer religiös aufgeladenen Kunst zu schreiben, die sich von Indien aus über verschiedene Wege nach Zentralasien, China und von dort über Korea nach Japan, aber auch über Sri Lanka nach Südostasien ausgebreitet hat, liegen auf der Hand. Dennoch hat sich Gilles Béguin, der ehemalige Conservateur Général des Musée Cernuschi, Musée des Arts de l'Asie de la Vilee de Paris, an diese Aufgabe gewagt.

Das Buch besteht aus achtzehn Kapiteln und lässt sich in vier regionsbezogene Themenbereiche untergliedern, die sich unabhängig voneinander lesen lassen. Dabei richtet sich der Autor an eine breite Leserschaft. Und in der Tat machen ein sehr eingängiger Stil und die geschickte Einbettung geschichtlichen Hintergrundwissens den Text zu einer leicht zugänglichen Lektüre. Hinzu kommt der Verzicht auf Fußnoten. Fachtermini - meistens auf Sanskrit - sind kursiv und in Klammern gesetzt, diakritische Zeichen fehlen. Abbildungen werden in den Text eingebunden, und ausreichendes Kartenmaterial erleichtert dem Leser die Orientierung. Indizes wie Literaturverzeichnis runden das Buch ab.

Im ersten Themenbereich werden die Ursprünge des Buddhismus behandelt. Zunächst gibt der Verfasser eine kurze Einführung in die Doktrinen des Buddhismus und erläutert die drei "Fahrzeuge" Theravada, Mahayana und Vajrayana. Er betont in diesem Zusammenhang, dass vor allem die Pali- und Sanskrit-Texte, die chinesische Pilgermönche nach Ostasien brachten, als gemeinsamer Nenner der außergewöhnlichen Vielfalt buddhistischer Vorstellungen fungierten. Im anschließenden Kapitel leitet Béguin zur Kunst über. Die religiösen Bauten fungierten, so der Autor, im Grunde als 'heilige Objekte der Bewahrung'. Die Reliquien seien zum Kunstobjekt geworden und die äußere Hülle, die stūpa, habe sich zu einem adäquaten architektonischen Konzept entwickelt, das sich über die Gesamtheit Asiens ausbreiten konnte. Die Repräsentation der frühen buddhistischen Ikonografie sowie stilistische und ikonografische Merkmale werden abschließend vorgestellt.

Das dritte Kapitel behandelt das Ursprungsland Indien und befasst sich mit der Geschichte des Buddhismus unter besonderer Berücksichtigung der Rolle von Stiftern und Herrschern. Unter anderem erläutert Béguin hier Entwicklungen in der Höhlenarchitektur und Orte, an welchen Reliefszenen des Shakyamuni zu finden sind. Konflikte oder Auseinandersetzungen mit anderen Religionen oder Ländern werden hingegen nicht thematisiert. Der Abschnitt klingt mit einer Skizze der Expansion des Buddhismus in Asien aus.

Der zweite Themenbereich spannt dann einen Bogen von Indien über Sri Lanka und führt weiter nach Südostasien. Dabei folgen die Abschnitte regionalen Aspekten: Java, das Reich der Khmer, das Königreich von Champa, Srivijaya, Thailand und Myanmar (Burma). In diesen Kapiteln widmet sich Béguin sowohl den bekanntesten Monumentalwerken des Buddhismus als auch der Ausbreitung der Religion in Südostasien. Dabei fällt auf, dass der Verfasser lediglich 'heile' Abbildungen, also nicht beschädigte Skulpturen, Figuren oder Tempelanlagen zeigt.

Die buddhistische Kunst in Zentralasien steht im Mittelpunkt des folgenden Themenbereichs. Besprochen werden Gandhara und Westzentralasien, das Tarimbecken, Nepal, Tibet und die Mongolei. Der Einbezug Gandharas in diesen Zusammenhang ist vor dem Hintergrund der Interaktion zwischen hellenistischer Kultur und buddhistischer Kunst sinnvoll und nachvollziehbar. Immerhin etablierte die Gandhara-Kunst eine eigene Ikonografie und prägte einen neuen Stil, der später bis nach China gelangte. Der Autor stellt zudem Funde aus dem Tarimbecken vor, von denen leider nur einige wenige erhalten sind. Zahlreiche Abbildungen aus dem Himalaya-Gebiet von Objekten, die nicht aus Museen stammen, zeigen eindrucksvoll die Vielfältigkeit der Kunst in dieser Region.

Abschließend wird im letzten Themenbereich Ostasien mit Beispielen aus China, Korea und Japan besprochen. Béguin hebt besonders die Bedeutung der Höhlentempel von Dunhuang hervor, die ein Ensemble von gemalten und geformten Motiven bilden. Die Vermischung der Einflüsse und die Übersetzung auf die regionale, lokale Kultur unterscheiden sich von jeglicher bis dahin in dem Buch vorgestellten Kunst. Es folgt eine Übersicht über das 'goldene Zeitalter' der Tang Dynastie. Den Glanz des Buddhismus in China auf weniger als dreiunddreißig Seiten zu beschreiben, ist eine Herausforderung, aber die zahlreichen Bildbeispiele verwöhnen den Leser. Und auch in den sich nun anschließenden Kapiteln über Korea und Japan werden immer wieder Verbindungen zu China thematisiert. Die Fotografien der Zen Klöster und Gärten bieten am Ende des Buchs sogar einen Bezug zur zeitgenössischen Präsenz des Buddhismus in Japan.

Wer von Gilles Béguin eine 'theoretische' und 'methodische' Debatte oder eine Diskussion der zum Teil sehr umstrittenen Datierung buddhistischer Skulpturen erwartet hat, wird enttäuscht. Und wer eine systematische Auseinandersetzung mit den ikonografischen Elementen der buddhistischen Kunst oder mit regionalen Merkmalen und Unterschieden wünscht, muss zur entsprechenden Fachliteratur greifen. Béguin bleibt in seiner Darstellung der verschiedenen Ausdrucksformen der buddhistischen Kunst und Architektur weitgehend deskriptiv. Daher eignet sich das Buch in erster Linie als Überblickwerk und Lehrbuch für Kunststudierende der buddhistischen Kunst in Asien. Darüber hinaus schafft es der Autor, eine umfassende Zusammenstellung der bekanntesten buddhistischen Kunstwerke zu liefern und die Vielfalt der buddhistischen Kunst in eine Narration einzubinden. Besonders interessant sind dabei die Kapitel über die 'Randgebiete' und die 'Überbrückungsländer', die bislang in der Forschung noch nicht hinreichend berücksichtigt worden sind.

Martha Schulz