Ralf Blank: "Bitter Ends". Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet 1944/45, Essen: Klartext 2015, 364 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-8375-1192-5, EUR 22,95
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Bitter war das Ende des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet zweifelsohne: Erst legten die alliierten Bomberflotten das Industriegebiet in Schutt und Asche, ehe britische und amerikanische Bodentruppen den Ruhrkessel "aufwischten" - "mopping up the Ruhr" hieß das im Army-Jargon - und deutsche Durchhaltefanatiker Amok liefen. Diese letzten Monate des Zweiten Weltkriegs rekonstruiert Ralf Blank in seinem Buch "Bitter Ends". Eingeleitet wird der Band mit einem Vorwort Richard Overys, des Doyens der angelsächsischen Weltkriegsforschung; behandelt wir das Thema in fünf Kapiteln. Die Anordnung ist weitestgehend chronologisch, durchbrochen jedoch von eher systematischen, in der Regel durch Fallbeispiele im Zeitkontinuum eingehängten Abschnitten.
Thematisch steht rein quantitativ klar die Kriegführung im Vordergrund: Vor allem der Luftkrieg wird in großer Breite abgehandelt. Eine Stärke des Bandes ist der Blick auf die Funktionsträger der Partei mit Gauleiter Albert Hoffmann an der Spitze. Daneben erhält auch das Schicksal der Zivilbevölkerung ausreichend Aufmerksamkeit - die konstatierte "Erosion der Volksgemeinschaft" bleibt allerdings eindimensional und findet leider keinen Anschluss an aktuelle Debatten um die Gesellschaft im Nationalsozialismus. Der nationalsozialistische Terror und die Gewalt in der Endphase des Zweiten Weltkriegs gegen Zwangsarbeiter, Häftlinge oder alliierte Piloten, zuletzt aber auch die eigene Bevölkerung ist ein weiterer Schwerpunkt.
Blanks Buch bietet eine Darstellung der letzten Kriegsmonate im Ruhrgebiet, die viele wichtige Aspekte des Themas miteinander verknüpft und in eine Chronik der Kriegsendphase einbettet. Regionalstudien zu diesem Zeitraum, die vorhandene Vorarbeiten und aktuelle Forschungen zusammenführen, sind rar. Blank hat solche Vorarbeiten selbst geleistet, und die Abschnitte des Bandes, die darauf zurückgreifen, sind analytisch die stärksten: etwa, wenn es um Gauleiter Albert Hoffmann und seine Herrschaftspraxis im Gau Westfalen-Süd geht. Leider fehlt eine über das regionale Interesse hinausgehende Fragestellung, die die Analyse leiten und stärker strukturieren würde. Die chronologisch angeordnete Erzählweise kommt dem anvisierten Leserkreis zweifelsohne ebenso entgegen wie die 131 Abbildungen - das Buch wendet sich nicht in erster Linie an die Fachwissenschaft, sondern an den interessierten, historisch vorgebildeten Leser und Lokalforscher mit wissenschaftlichem Anspruch. Unter diesen Prämissen wird eine seriöse und handwerklich solide Arbeit geboten, ausführlich belegt und auf hohem Niveau, die auch dem Spezialisten Neues bietet. Sprachlich stolpert man gelegentlich über komplexe Sätze, vor allem aber über den (missglückten) Neologismus "Schlusskrieg" - warum der neben Kriegsende und Kriegsendphase überhaupt nötig ist, bleibt offen. Auch wäre der Rezensent an der einen oder anderen Stelle mit etwas weniger militärischer Operationsgeschichte, Flugzeugtypen oder Luftkriegsfotos zufrieden gewesen - dass der Bombenkrieg zu Blanks historiographischen Steckenpferden gehört, ist spürbar. Das jedoch ist zu verschmerzen, und viele andere Leser werden es ohnehin nicht als Nachteil empfinden.
Sven Keller