Barry Robertson: Royalists at War in Scotland and Ireland 1638-1650, Aldershot: Ashgate 2014, XI + 224 S., ISBN 978-1-409-45747-3, GBP 70,00
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Forschungsarbeiten zu den britischen Bürgerkriegen in der Mitte des 17. Jahrhunderts haben sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt auf jahrhundertelang von der Whig-Historiografie ignorierte Themen konzentriert; neben der Erkenntnis, dass die Ereignisse in England zwischen 1638 und 1649/1660 nur im Kontext aller drei britischen Königreiche zu verstehen sind, rückte in jüngerer Zeit nun auch die royalistische Seite verstärkt in das Blickfeld der Geschichtsschreibung. Barry Robertson von der Universität Aberdeen kombiniert in seiner Monografie beide Themenbereiche: Royalisten in Schottland und Irland. Damit ist es ihm gelungen, in einem - gelinde gesagt - sehr gut erforschten Forschungsfeld einen tatsächlich unterforschten Gegenstand auszumachen und eine Antwort zu der Frage, warum Schottland bzw. Irland sich in den Bürgerkriegen so verhalten haben wie sie sich verhalten haben, anzubieten.
Robertsons Leitfrage, warum die durchaus vorhandenen royalistischen Gruppierungen in Schottland und Irland die militärische Auseinandersetzung mit den parlamentarischen Gegnern verloren, wird in dieser klassisch politikgeschichtlichen Studie anhand der näheren Analyse der Ereignisse in Schottland bzw. Irland untersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Adligen der beiden Königreiche, deren Ideen, Vorgehen und Ziele sowie der Wandel der royalistischen Gruppierungen und Ideen. Die zeitliche Eingrenzung bis 1650 (statt 1660) verweist dabei direkt auf die Orientierung an den militärischen Auseinandersetzungen und damit auf die Perspektive einer Niederlage des Royalismus.
Der Komplexität der unterschiedlichen royalistischen Akteure, Ideen und Ereignisse nähert sich Robertson durch eine nahezu mikrogeschichtliche Analyse. Er kann dabei nachweisen, dass insbesondere persönliche Verbindungen zum Monarchen sowie verbrachte Zeit am Hof entscheidend für eine royalistische Parteinahme waren (Kap. 2). Somit sei die Unterstützung Karls aber auch weniger eine Frage der politischen oder religionspolitischen Überzeugung gewesen als vielmehr eine Frage der Ehre und Loyalität, u.a. im Austausch für erhaltene Gunstbezeugungen. Schottische Royalisten unterstützten Karl I. trotz seiner Kirchenpolitik, während englische Royalisten sich oftmals in erster Linie als Verteidiger der episkopalen Kirche und damit in zweiter Linie auch Karls I. verstanden (193). Daneben waren - wenig überraschend - Allianzen und Gegnerschaften innerhalb der schottischen bzw. irischen Elite entscheidend dafür, für welche Seite sich ein Adliger entschied. Robertson gelingt es, die Dynamik der politischen Parteibildung sowohl in Reaktion auf die Ereignisse als auch im Hinblick auf die zunehmende Fragmentierung der Positionen aufzuzeigen.
Für Irland stellt er fest, dass eine Unterscheidung in Royalisten und Parlamentarier wenig sinnvoll sei, vielmehr kam es 1641 zum "war between monarchist Catholics and monarchist Protestants" (98). Deutlich stellt Robertson gerade für die irischen Royalisten heraus, in welchem Maße sie auch in die schottische Politik involviert waren und die Unterstützung Karls I. nicht selten in der Hoffnung auf politische Gunst, z.B. durch Titel oder Ländereien in Schottland oder Irland, erfolgte. Karls Niederlagen in England wirkten sich dementsprechend auch auf seine Unterstützer in Irland (und Schottland) aus, die sich vermehrt zurückzogen, nachdem Karls Niederlage immer wahrscheinlicher wurde. Das Scheitern der Royalisten in Schottland und Irland führt Robertson vor allem darauf zurück, dass es Karl I. nicht gelungen war, eine "fully united and committed party" (194) hinter sich zu bringen. Damit bestätigen die Ergebnisse Robertsons die klassische Sicht auf Karl I. als durch und durch unfähigen Politiker, die aktuell von Mark Kishlansky und vor ihm von Kevin Sharpe in Frage gestellt wird. [1]
Robertsons sehr detaillierte Arbeit zu den irischen und schottischen Royalisten während der britischen Bürgerkriege ist leider nach Ansicht der Rezensentin für Nicht-Experten der schottischen und irischen Geschichte während der Stuart-Zeit bzw. der britischen Bürgerkriege kaum verständlich. Weder die politischen Strukturen der beiden Königreiche noch die Akteure werden kontextualisiert oder auch nur einführend vorgestellt. Hier hätten eine Personenübersicht, ein Glossar, Karten oder wenigstens eine Chronologie für Orientierung sorgen können. Diese Monita sind ein umso schwerwiegenderes Versäumnis, als es sich sowohl bei den irischen als auch bei den schottischen Verhältnissen um politische Gesellschaften handelt, die sich in ihrer Komplexität und den Verwicklungen untereinander mit der Game of Thrones-Welt messen können.
Zu der sehr spezifischen Ausrichtung der Studie gehört leider auch, dass jegliche Verweise auf Entwicklungen außerhalb der britischen Inseln fehlen, was zugegebenermaßen nicht ungewöhnlich für britische Forschung ist. Trotzdem hätten gerade Bezüge auf andere royalistische Bewegungen bzw. auf die zahlreichen Konflikte um Herrschaft in der Mitte des 17. Jahrhunderts Robertsons Untersuchung anschlussfähig für weitere Forschungen gemacht. Die fehlende Einordnung der Ergebnisse in übergreifende Forschungsdiskussionen wiegt hier ebenso schwer wie die nicht-kontextualisierte Spezialisierung. So ist anzunehmen, dass die quellengesättigte und detailreiche Studie der allgemeinen Forschung leider eher verschlossen bleiben wird.
Insgesamt ist Robertsons Werk als sehr klassisch britisch zu bezeichnen - im Positiven wie im Negativen. Hohe Quellensättigung, Detailliertheit, klare und leserorientierte Sprache, Argumentation und Struktur sind positiv hervorzuheben. Die politikgeschichtliche Herangehensweise zusammen mit der bewussten Konzentration auf den Adel als politischer Elite, dem chronologischen Aufbau und der weitgehenden Trennung der Analyse Schottlands von der Analyse Irlands lässt jedoch den Eindruck entstehen, dass sämtliche theoretischen Diskussionen seit den 1980er-Jahren an dem Autor vorbeigegangen sind. Das betrifft insbesondere die Beachtung von Kommunikationstheorien, Netzwerkanalysen oder Wissenshorizonten der untersuchten Adligen und ebenso aktuelle Adelsforschung allgemein, die Rolle von Wahrnehmungen und Repräsentationen u.ä. Sie hätten die Studie nach Meinung der Rezensentin bereichert und an die Forschungslandschaft außerhalb der Spezialforschung zu den britischen Bürgerkriegen anknüpfbar gemacht. Diese generelle Kritik muss hingegen im Hinblick auf die von Robertson immer wieder betonten Verbindungen und gegenseitigen Einflüsse der englischen, schottischen und irischen Akteure und Ereignisse eingeschränkt werden, da damit den britischen (wenn auch nicht europäischen oder globalen) transnationalen Aspekten der Bürgerkriege Rechnung getragen wird.
Für die Zielgruppe dieser Studie, Historikern der Bürgerkriege bzw. Schottlands und / oder Irlands im 17. Jahrhundert, ist die Arbeit von Barry Robertson eine Bereicherung, die durch ihren Detailreichtum zu weiteren Forschungen anregen kann. Historikern außerhalb dieser Zielgruppe wird es jedoch sowohl schwerfallen, seine Erkenntnisse auf andere Fälle zu übertragen, als auch die Arbeit mit Genuss zu lesen. Fehlender Kontext und Orientierungshilfen schränken den Lesegenuss erheblich ein.
Anmerkung:
[1] Mark A. Kishlansky: Charles I: A Case of Mistaken Identity, in: Past & Present 189 (2005), 41-80; Mark A. Kishlansky: Charles I. An Abbreviated Life, London 2014; Kevin Sharpe: The Personal Rule of Charles I, New Haven 1992.
Cathleen Sarti