Rezension über:

Alfonso Marini (a cura di): Il processo di canonizzazione di Celestino V. 2 (= Corpus Coelestinianum; 1/2), Firenze: SISMEL. Edizioni del Galluzzo 2016, V + 359 S., ISBN 978-88-8450-721-1, EUR 56,00
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Rezension von:
Andreas Fischer
Institut für Mittelalterforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Fischer: Rezension von: Alfonso Marini (a cura di): Il processo di canonizzazione di Celestino V. 2, Firenze: SISMEL. Edizioni del Galluzzo 2016, in: sehepunkte 17 (2017), Nr. 1 [15.01.2017], URL: https://www.sehepunkte.de
/2017/01/29505.html


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Alfonso Marini (a cura di): Il processo di canonizzazione di Celestino V

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Grundlage des Kanonisationsverfahrens, das Peter vom Morrone, den späteren Papst Cölestin V., zu Beginn des 14. Jahrhunderts zur Ehre der Altäre erhob, war ein Informativprozess, bei dem Zeugen im unmittelbaren Umfeld seines Wirkens befragt wurden. Clemens V. war es, der im Jahr 1306 Giacomo Capocci, Erzbischof von Neapel, und Federico Raimundi di Lecio, Bischof von Valva und Sulmona, mit dieser Inquisitio in partibus betraute. Im Mai des Jahres begannen sie damit, Zeugen in Neapel zu befragen. Ihre Nachforschungen führten sie schließlich bis nach Ferentino, der letzten Station im Jahr 1307, wo der ehemalige Einsiedler und Papst verstorben war und zunächst auch begraben lag. An all diesen Orten erkundigten sich die päpstlichen Beauftragten nach einem vorgegebenen viergliedrigen Schema bei den Zeugen nach Peter-Cölestin: im Fokus standen dabei sein Leben vor dem Pontifikat, seine Kirchen- und Klostergründungen, die von ihm zu Lebzeiten und nach dem Tod bewirkten Wunder und seine publica fama im Sinne eines heiligmäßigen Lebens.

Die Zeiten überdauert haben die Zeugenvernehmungen in den Orten Neapel, Capua, Castel di Sangro, Sulmona und Santo Spirito di Valva, durchgeführt in einem Zeitraum vom 3. Mai bis 6. Juni 1306. Sie blieben in einer Handschrift erhalten, die sich heute im Archivio Capitolare in S. Panfilo in Sulmona (Archivio Santo Spirito del Morrone 14) befindet. Der Codex aus dem 14. Jahrhundert stellt allerdings nicht das Original, sondern wohl eine Kopie aus der Feder von Cölestinermönchen dar. Auf ihn stützt sich die vorliegende Neuausgabe des Textes, der schon einmal von Franz Xaver Seppelt kritisch ediert worden ist. [1] Der Band ergänzt die ebenfalls unter anderem vom Herausgeber edierten und übersetzten Dokumente zum Kanonisationsverfahren, die in einem ersten Band des Corpus Coelestinianum erschienen sind und bereits Gegenstand einer Besprechung waren. [2]

In der Einleitung wird zunächst die Handschrift beschrieben und dabei die zeitgenössischen und späteren Hände, die Randnotizen hinterlassen haben, verzeichnet (4f.); ergänzende Informationen kann der Leser dem ersten Band der Dokumente zum Kanonisationsprozess Cölestins V. entnehmen (Bd. 1, 9-11). Auch die Editionskriterien und die Maßgaben bei der Übersetzung des Textes werden erläutert. Der Herausgeber möchte sich von der seiner Auffassung nach zu weitgehenden Interpunktionspraxis in der Edition von Seppelt distanzieren, auf die er ohnehin nur äußerst selten Bezug nimmt: ein kritischer Abgleich der dort gebotenen Version findet kaum statt (etwa 180 Anm. a oder 216 Anm. c), am Ende werden jedoch drei Zeilen ergänzt, die sich nicht in Seppelts Ausgabe finden (306 Anm. e). Die Marginalnotizen in der Handschrift werden im kritischen Apparat in den Anmerkungen unter dem lateinischen Text wiedergegeben; Anmerkungen im Text verweisen auf den historischen Kommentar (309-313). Bei der Übersetzung verzichtet der Herausgeber auf die Wiedergabe der formelhaften Bestandteile, die das Genus der Zeugenbefragung mit sich bringt, und bietet so einen gut lesbaren Text der mehr als hundert Zeugenaussagen. Ein Index der zitierten Handschriften (317) sowie der Orts- und Personennamen (319-359), die sich auf beide Bände der Coelestiniana beziehen, beschließen die Monographie.

Die Anlage der Edition verdeutlicht, dass beide Teile der Ausgabe der Dokumente zum Kanonisationsverfahren Peters vom Morrone-Cölestins V. zusammen betrachtet und benutzt werden müssen. Der Herausgeber verzichtete etwa im historischen Kommentar auf Verweise zu Personen, die schon im ersten Band begegnen. Dies erscheint drucktechnisch vielleicht sinnvoll und ökonomisch günstiger, zwingt den Leser aber dazu, bei jeder Person, die nicht mit einem Verweis auf den Kommentar bedacht wurde, zunächst das Register und dann den entsprechenden Eintrag im ersten Band zu konsultieren. Ohnehin fällt der historische Kommentar insgesamt eher knapp aus. Dabei greift er oft auch inhaltlich zu kurz: Verweise auf Eubel, Hierarchia catholica, sind angesichts vorhandener (nicht nur italienischer) Literatur zu einzelnen Protagonisten wenig weiterführend. Auch eine Gesamtbibliographie, die entsprechende Einträge aus beiden Bänden umfasst, fehlt: der Herausgeber begnügt sich auch im zweiten Band damit, die verwendete Literatur im Zuge der jeweiligen Erstnennung in den Anmerkungen vollständig zu zitieren, ohne freilich bei späteren Bezugnahmen Querverweise anzuführen. Für den Leser ist dieses Verfahren angesichts der Kürze der Einleitung im zweiten Band nicht weiter problematisch. Insbesondere für den ersten Band hätte man sich aufgrund der Ausführlichkeit der einführenden Bemerkungen eine Bibliographie gewünscht, mit der man sich leicht einen Überblick hätte verschaffen können.

Insgesamt bietet dieser Band zusammen mit seinem Vorläufer erhebliche Vorzüge: erstmals liegt nunmehr das Material zum Heiligsprechungsprozess des Einsiedlerpapstes geschlossen und zugleich in italienischer Übersetzung vor. Damit dürften die Quellen einerseits einem erweiterten Leserkreis zugänglich geworden sein. Andererseits finden auch künftige Forschungen darin zahlreiche Anknüpfungspunkte, mit denen unsere Kenntnisse nicht nur des Nachlebens Peters vom Morrone vertieft werden können.


Anmerkungen:

[1] Monumenta Coelestiniana. Quellen zur Geschichte des Papstes Coelestin V., hg. von Franz Xaver Seppelt (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte; 19), Paderborn 1921, 209-331.

[2] S. dazu http://www.sehepunkte.de/2016/12/28136.html.

Andreas Fischer