Angela Dressen / Klaus Pietschmann (eds.): The Badia Fiesolana. Augustinian and Academic locus amoenus in the Florentine Hills, Münster / Hamburg / Berlin / London: LIT 2016, II + 217 S., 58 Abb., ISBN 978-3-643-90808-7, EUR 29,90
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Angela Dressen: The Library of the Badia Fiesolana. Intellectual History and Education under the Medici (1462-1494), Firenze: SISMEL. Edizioni del Galluzzo 2013
Als Cosimo de' Medici nach der Eroberung der Macht den florentinischen Kirchen und Klöstern sein Geld für aufwendige Neubauten förmlich aufdrängte, winkten die einen (zum Beispiel die Franziskaner) indigniert ab, während die anderen wie die Dominikaner von San Marco und die Regulierten Augustiner-Chorherren von Fiesole dankbar annahmen - und ihre Niederlassungen auf diese Weise zu zentralen Medici Kult- und Erinnerungsorten werden ließen. Beide Klöster wurden von der kunst-, kirchen- und kulturhistorischen Forschung sehr ungleich mit Aufmerksamkeit bedacht. Dass die Abtei innerhalb der Stadtmauern den Löwenanteil des wissenschaftlichen Interesses einheimste, hängt mit der Prominenz zweier Ordensmitglieder zusammen: Bruder Angelico aus Fiesole stattete mit seinen Schülern die prestigeträchtigen Baulichkeiten mit Fresken aus; und unter dem Prior Girolamo Savonarola wurde San Marco ab 1494 für drei Jahre zu einem moralischen und politischen Brennpunkt, ja Entscheidungszentrum der governo largo-Republik.
Die Badia Fiesolana ist im Vergleich dazu von der Forschung eher stiefmütterlich behandelt worden - zu Unrecht, wie der in diesem Band zugänglich gemachte Ertrag der Tagung von 2013 in der florentinischen Biblioteca Laurenziana belegt. Das Kloster auf den lieblichen Hügeln vor den Toren von Florenz hatte, wie die Einführung von Angela Dressen und Klaus Pietschmann aufzeigt, in den krisenhaften Jahren der Medici-Herrschaft ab 1455 einen hohen Stellenwert für die Selbstdarstellung und Selbstrechtfertigung des Regimes, trat danach etwas in den Hintergrund, doch in den letzten Jahren Lorenzo il Magnificos zwischen 1489 und 1492 wieder stärker als ein Fokus der Hofbildung und Prestigekumulation hervor. So wurde hier und nicht wie eigentlich vorgeschrieben in Rom die Verleihung des Kardinalats an den sechzehnjährigen Giovanni de' Medici, Lorenzos zweitgeborenen Sohn, und damit die bei weitem wichtigste Statusaufwertung der Familie insgesamt zelebriert. Es war also kein Zufall, dass Giovanni zwei Jahre nach seiner Wahl zum Papst als Leo X. bei seinem triumphalen Einzug in seine Geburtsstadt hier ausgiebig Station machte und die Badia damit als einen Ort seiner Erwählung durch die Vorsehung würdigte. Dieser symbolträchtige Besuch wird im vorliegenden Sammelband leider nur sehr summarisch gewürdigt. Umso mehr Licht fällt auf das Do ut des der Medici-Parteichefs und der Äbte; dass diese für die so üppig fließenden Medici-Finanzen Gegenleistungen schuldeten, war allen Beteiligten klar.
Legt man die luziden, durch keinerlei humanistische Unterwürfigkeit gegenüber den Mächtigen abgefederten Ausführungen des Buchhändlers Vespasiano da Bisticci, der die beiden Klosterbibliotheken einrichtete, in dessen Vita Cosimos zugrunde, dann ging es diesem um zweierlei: gewisse unsaubere Geschäfte vor Gott und den Menschen weiß zu spülen und das Ansehen seiner Familie durch die Omnipräsenz ihres Wappens an Kirchen- und Klosterfassaden auf ein geradezu fürstliches Level anzuheben. Im Rahmen dieser Strategien hat Abt Timoteo Maffei, wie der Beitrag von Peter Howard zeigt, eine wichtige Rolle gespielt. Mit dem ganzen Renommee des hochgeschätzten Bußpredigers, der durch seine ausgefeilten rhetorischen Techniken die andächtigen Massen zu wahren Reue- und Zerknirschungs-Hysterien aufzupeitschen vermochte, sprach er den großen Fädenzieher von Florenz von allen Vorwürfen des Eigennutzes und überzogenen Ehrgeizes frei: Cosimos Freigebigkeit sei im Gegenteil ein edles Exempel der magnificentia, der Großzügigkeits- und Großartigkeits-Tugend, deren Früchte dem Glauben, der Moral und dem Gemeinnutz zugutekämen. In Anbetracht herber Kritik, auch aus den Kreisen des Patriziats, an der Bau- und Baufördertätigkeit Cosimos, die diesem sehr zu Recht fürstliche Ambitionen unterstellte, war diese Ehrenrettung von kaum zu überschätzender Bedeutung.
Darüber hinaus wurde der Neubau von Kloster und Kirche, wie die Untersuchungen von Angela Dressen, Mauro Mussolin, Jens Niebaum und Paolo Parmigginai zeigen, unter Maffei für die Medici zu einem Experimentierstadium, in dem sich austesten ließ, wie weit man in Sachen Propaganda gehen konnte. In dieser Hinsicht wagten sich die Weih- und Gratulationsinschriften in der Badia weiter vor, als es in Florenz selbst opportun schien. So rühmt die erstere Cosimo vollmundig als denjenigen, der alle seine Zeitgenossen an Macht und Ansehen (auctoritate), Reichtum (divitiis), Klugheit (prudentia) und Frömmigkeit (pietate) übertroffen und für Zierde und Ruhm des Vaterlandes ebenso wie für seine persönliche Würde (dignitas) und seine Gnade bei Gott (gratia) gewirkt habe. Eine solche Ruhmeshymne wäre im "restrepublikanischen" Florenz zweifellos kontraproduktiv ausgefallen, hier mochte sie angehen. Ein Vierteljahrhundert später trifft sich - wie die Beiträge von Laura Refe, Pietro Podolak, Stéphane Toussaint und Thomas Leinkauf belegen - in der Abtei von Fiesole unter dem klassisch gebildeten Abt Matteo Bosso ein von Lorenzo il Magnifico gesponsorter Zirkel, der mit seiner humanistisch eingefärbten "Zurück zu den Kirchenvätern"-Theologie und seiner sehr expliziten Kritik an Platon auf Distanz zu Marsilio Ficino und seinem Neoplatonismus geht - eine Entwicklung, die für die späte, deutlich traditioneller und konservativer eingefärbte Kulturpolitik des "Prächtigen" symptomatisch ist.
Fazit: die gut aufeinander abgestimmten Beiträge des Bandes sind interessante Bausteine für eine in regelmäßigen Abständen, je nach Ertrag der Forschung, neu vorzunehmende Analyse der Medici-Strategien auf dem langen und windungsreichen Weg zum Prinzipat.
Volker Reinhardt