Wolfgang Weiß (Hg.): Fürstbischof Julius Echter. Verehrt, Verflucht, Verkannt, Würzburg: Echter Verlag 2017, 767 S., ISBN 978-3-429-04371-1, EUR 59,00
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Im Jahr 2017 jährt sich der Todestag des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn zum vierhundertsten Mal. Im Umfeld dieses Jubiläums kam es zu mehreren Tagungen und Ausstellungen, in deren Zentrum die Person und Regierungszeit Echters standen. Den Auftakt des Veranstaltungsreigens bildete im April 2016 eine Konferenz der Universität Würzburg, des Bistums Würzburg und des Würzburger Diözesangeschichtsvereins mit dem Titel "Fürstbischof Julius Echter - verehrt, verflucht, verkannt?" Die Beiträge dieser Veranstaltung bilden die Grundlage für den hier zu besprechenden Sammelband.
Bereits der Titel des Bandes verweist auf die noch heute polarisierende Wahrnehmung Julius Echters (1545-1617). So gilt Echter in der historischen Forschung einerseits als erfolgreicher frühabsolutistischer Regent und Idealtypus eines fürstbischöflichen Landesherren im Zeitalter der Konfessionalisierung. [1] Zu den Erfolgsgeschichten seiner ausgesprochen langen Regierungszeit (1573-1617) zählen unter anderem die von ihm gestifteten Institutionen. Einrichtungen der Echter Zeit wie das Würzburger Juliusspital oder die Julius-Maximilians-Universität, die neben dem Vornamen des ersten bayerischen Königs zugleich den des Würzburger Fürstbischofs trägt, bestehen nicht nur bis heute fort - sie prägten auch das Stadtbild Würzburgs nachhaltig. Andererseits wurde dem als äußerst ehrgeizig beschriebenen Echter bereits von seinen Zeitgenossen ein ambivalentes Zeugnis ausgestellt. Im Zentrum der Kritik stand und steht dabei meist seine rigide Konfessionspolitik. Zu den zahlreichen gegenreformatorischen Bemühungen zählte unter anderem die konsequente Ausweisung protestantischer Familien aus dem Würzburger Territorium. Umstritten und viel diskutiert ist der Fürstbischof auch aufgrund seiner Juden- und Hexenpolitik, wobei das Bild "des Hexenbrenners" durch die Forschung schon vor dem Jubiläumsjahr eine Neubewertung erfahren hat. [2]
Der Sammelband, der mit seinen 25 Beiträgen einen beachtlichen Umfang erzielt, sieht sich einer weiteren Differenzierung der Erinnerungsfigur "Julius Echter" verpflichtet. Das Buch deckt ein breites Themenspektrum ab und zeichnet ein weitgefächertes und ausgewogenes Bild, das deutlich werden lässt, dass die Person Echters trotz eines vergleichsweise guten Forschungsstands nicht wirklich als "weitgehend erforscht" [3] gelten sollte. So greifen einige Beiträge etwa die Frage nach der Richtigkeit einer getrennten Betrachtung von Religions- und Territorialpolitik auf und betonen die intentionalen Gemeinsamkeiten beider Bereiche.
Einen wesentlichen Schwerpunkt legen die Herausgeber auf die Rezeptionsgeschichte der Person Echters (11). Demzufolge steht das Kapitel, das sich multiperspektivisch mit dem Urteil der Nachwelt, der Geschichtsschreibung sowie den verschiedenen Erinnerungskulturen auseinandersetzt und möglichen "Überzeichnungen" auf die Spur kommen möchte (11), gezielt am Anfang des Bandes. Neben dem Beitrag von Wolfgang Weiß, dem eine ebenso kritische wie fundierte Auseinandersetzung mit der bisherigen Echter-Forschung gelingt, verdeutlichen die Aufsätze von Winfried Romberg, Karl Borromäus Murr und Gerhard Hausmann, die sich mit der Echter-Rezeption im Hochstift Würzburg, im Königreich Bayern sowie auf protestantischer Seite beschäftigen, das hohe Instrumentalisierungspotential des "streitbaren" Fürstbischofs.
Während der zweite der insgesamt sechs Themenblöcke eine historische Einordnung vornimmt, beleuchten die nächsten drei Beiträge biografische Aspekte wie Herkunft, Studium oder familiäres Umfeld. In diesen Bereich fallen auch Zeugnisse adeliger Selbstdarstellung wie sie von Enno Bünz am Beispiel des Echter'schen Familienteppichs erörtert werden. Im vierten Block setzen sich Frank Kleinehagenbrock, Thomas Horling und Michael Feineis mit der Herrschaftspraxis Echters auseinander, wobei die Autoren Fragen nach der Herrschaftsdurchsetzung, dem Verhältnis zum Domkapitel oder der Finanzpolitik des Fürstbischofs stellen. Abgerundet wird dieses Themengebiet durch die Referate von Sabine Ullmann zur Judenpolitik und Andreas Flurschütz da Cruz zu den Hexenverfolgungen im Bistum Würzburg.
Fünf Beiträge widmen sich dem zentralen Thema der "Katholischen Erneuerung und Konfessionalisierung." Johannes Merz, Sabine Arend, Ingrid Heeg-Engelhart, Elmar Hochholzer und Klaus-Bernward Springer diskutieren die Etappen und Strategien der Rekatholisierung, die Kirchenordnung von 1589, die Frauenklöster und -stifte, die Benediktinerabteien sowie das Verhältnis Echters zu den Predigerorden. Die vier Beiträge von Anja Amend-Traut, Niccolo Steiner, Sebastian Schmidt und Andreas Mettenleiter bilden schließlich die letzte Sektion, in deren Zentrum die Errungenschaften der Echter Zeit und das Engagement des Fürstbischofs für Bildung und Fürsorge stehen.
Das Buch schließt mit einem ausführlichen Orts- und Personenregister und einer umfangreichen, rund 120-seitigen Echter-Bibliografie, die nicht nur Quellen und Literatur, sondern auch Online-Ressourcen anführt.
Aufgrund des Umfangs und der Qualität der Beiträge, die alle in ihrer Interpretation über die Perspektive einer Regional- und Landesgeschichte hinweisen, ist zu hoffen, dass der Band eine breite Rezeption erfährt.
Anmerkungen:
[1] Johannes Merz: Julius Echter als "Typus der Gegenreformation", in: HJb 129 (2009), 65-82.
[2] Robert Meier: Julius Echter als Hexenretter. Eine Polemik anhand von Prozessen aus Neubrunn, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 77 (2014), 287-296 und derselbe: Alles anders als gedacht? Bischof Julius Echter und die Hexenverfolgung, in: Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 135 (2015), 559-568.
[3] Walter Ziegler: Würzburg, in: Anton Schindling / Walter Ziegler (Hgg.): Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 4: Mittleres Deutschland (= Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung; Bd. 52), Münster 1992, 116.
Stephanie Krauß