Ute von Heyl: Giambattista Mengardi (1738-1796). Umbruch zum Klassizismus in der venezianischen Malerei (= Studien zur Kunstgeschichte; Bd. 145), Hildesheim: Olms 2002, 388 S., 102 Abb., ISBN 978-3-487-11723-2, EUR 68,00
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Diese Rezension erscheint auch in KUNSTFORM.
Astrid Arnold: Villa Kérylos. Das Wohnhaus als Antikenrekonstruktion, München: Biering & Brinkmann 2003
Geneviève Espagne / Bénédicte Savoy: Aubin-Louis Millin et l'Allemagne. Le Magasin encyclopédique - Les lettres à Karl August Böttiger, Hildesheim: Olms 2005
Sebastian Schütze / Madeleine Gisler-Huwiler (eds.): Pierre-François Hugues D'Hancarville: The Complete Collection of Antiquities from the Cabinet of Sir William Hamilton, Köln: Taschen Verlag 2004
Die Künstlermonografie zu Giambattista Mengardi, geboren 1738 in Padua und 1796 gestorben in Venedig, stellt laut Verlagsprogramm, dessen Text fast wörtlich auf der Rückseite des Werkes abgedruckt ist, nichts Geringeres als eine Darstellung des für den sich auch in Venedig vollziehenden künstlerischen Umbruch zum Klassizismus dar. Eigenartig mutet im Untertitel des Buches das Fehlen eines definitiven Artikels für diesen an. Im Verlagstext kann man lesen, dass Mengardi als Schüler Giambattista Tiepolos und Lehrer Antonio Canovas eine Brückenfunktion hierfür zukomme und so erscheint es nur legitim und verdienstvoll, dass sich endlich die kunsthistorische Forschung, in diesem Fall Ute von Heyl, sich dieses Künstlers annahm. Die nun vorliegende Monografie beruht auf der von der Universität Bonn angenommenen Dissertation der Autorin im Jahre 2000.
Dem Genre entsprechend bietet das Werk einen soliden inhaltlichen Aufbau: Einer die Forschungslage kritisch referierenden Einleitung folgt eine in "Jugendjahre in Padua", "mittlere Jahre" und "letzte Jahre in Venedig" unterteilte Biografie, an die sich eine Werkanalyse anschließt, die wiederum nach Gemälden, Grafik sowie der druckgraphischen Rezeption unterscheidet, bevor ein ausführlicher Werkkatalog mitsamt Anhang das Buch beschließt. Insbesondere letzterer (273-300) lässt den Fleiß der Autorin nachvollziehen, die als Stipendiatin des Deutschen Studienzentrums in Venedig die Bestände der örtlichen Archive sichtete und dabei wichtige biografische Eckdaten des Künstlers anhand von Primärquellen verifizieren konnte. Komplementiert werden diese Quellen auf den Seiten 306 bis 308, wo, klar gegliedert, die ungedruckten Nachweise aufgelistet sind. Nützlich sind ebenfalls die folgende Übersicht der biografischen Daten (301-302) sowie Verzeichnisse seiner Schüler und Stecher (303-304), erstere wiederum auf Primärquellen beruhend, deren Namen außer Antonio Canova und Raffaele Morghen in erster Linie Venedigkennern geläufig sein dürften. Inhaltlich vertieft werden solche Bezüge in Kapitel 3.3 unter dem Aspekt "Mengardi und die venezianische Malerei im ausklingenden 18. Jahrhundert" angegangen, jedoch sind diese Künstlerpersönlichkeiten auf Grund der disparaten Forschungslage fast noch schwerer zu fassen als Mengardi selbst und so spiegeln die hierfür genutzten sieben Seiten leider auch die Informationsdichte wider.
Problematisch erscheint die Bildabfolge und das Layout des Abbildungsteils, welcher die textliche Argumentation in den analysierenden Kapiteln drei bis sechs von Anfang an nur sehr bedingt unterstützt, weil er den Einträgen im Werkkatalog folgt. Ein Beispiel sei dafür angeführt. Das Titelbild des Buches, das großflächige Deckenfresko "Die Götter empfangen Herakles im Olymp" (siehe 202-203 als Katalognummer M 24) im venezianischen Palazzo Priuli Manfrin, dessen Ausmaße man gerne erführe, wird auf Seite 350 als Abbildung 30 wiedergegeben und sinnvoller Weise kompositionell und stilistisch mit einem der Schlüsselwerke des internationalen Klassizismus, Anton Raphael Mengs' "Der Parnass" in der römischen Villa Albani verglichen. Dieser ist jedoch kleinformatig 38 Seiten später als Abbildung 100 zu finden. Dass beide nur mehr schwarz-weiß abgebildet werden konnten, ist sicherlich von ökonomischen Zwängen bestimmt gewesen und so sollte man honorieren, dass der Verlag in Zusammenarbeit mit der Autorin die meisten der Werke zumindest erstmals abgedruckt hat. Eigentümlich mutet dabei jedoch die Bildanordnung an einem gedachten oberen horizontalen Rand auf den einzelnen Seiten an, was mitunter dazu führt, dass großformatige Fresken und Gemälde fast en miniature abgebildet wurden und darunter halbe Seiten leer blieben. Es verschnupft zuweilen die Qualität der Bildvorlagen, die wohl von der Autorin im Veneto in situ geschossen wurden (zum Beispiel Abbildung 5, 335). Eine löbliche Ausnahme bei der Bildauswahl darf jedoch nicht unerwähnt bleiben: Die Gegenüberstellung des Paduaner "Ecce Homo" mit dem Kupferstich von Marco Pitteri, der zur Identifizierung des Gemäldes führte, sowie vergleichbaren Bildausschnitten führt auf vier gegenüber liegenden Seiten die Eindeutigkeit der Argumentation vor Augen (Abbildung 22-27, 344-347).
Ein Grundproblem von Künstlermonografien, die eher unbekannte Persönlichkeiten erstmals ins kunsthistorische Rampenlicht stellen, ist, die richtige Balance zu finden zwischen Biografie, prosopographischen Anmerkungen und Vorstellung sowie Analyse der einzelnen Œuvres. Insgesamt betrachtet ist dies von Heyl größtenteils gelungen, mit der Einschränkung, dass vor allem der analytische Aspekt zu Gunsten von ausführlichen Bildbeschreibungen zurücktritt. Hervorzuheben ist die Sorgfalt, mit der die Autorin bei der Materialsichtung und -sammlung vorging. So konnte sie die gestochenen Buchvignetten Mengardis aus Francesco Algarottis Werkausgabe in ihren Katalog eingliedern (siehe Kat. ZV 11-22, 265-270) - vielleicht verbleibt aber hier noch Nach-Forschungsbedarf (ZV 23, S. 270). Befremdend erscheint bei diesem Abschnitt des Katalogs, in dem die ermittelte Druckgrafik auf Grund des Erscheinungsjahres datiert werden kann, die Verwendung des Lateinischen. Wäre für eine Vignette, die in einem 1791 erstmals aufgelegten Buch abgedruckt wurde, nicht eine schlichte Datierung als "ante 1791" logischer erschienen als "um 1791, non post quem"?
Das Verdienst von Heyls Werk liegt in der Erschließung des Œuvres des Künstlers, und so kann man sich der Eigenwerbung des Verlages, dass hiermit erstmals ein systematisch zusammengestellter Werkkatalog vorliege, nur anschließen. Jedoch wird es kommenden Untersuchungen von Kunst- und Kulturhistorikern überlassen bleiben, dieses Werkregister, mitsamt seiner biografischen Einleitung als "Handwerkszeug" für weiterführende Analysen zu nutzen.
Hildegard Wiegel