Clifford Ando: Imperial Ideology and Provincial Loyality in the Roman Empire (= Classics and contemporary thought), Oakland: University of California Press 2000, XXI + 494 S., ISBN 978-0-520-22067-6, GBP 39,95
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Clifford Ando: Law, Language, and Empire in the Roman Tradition, Philadelphia, PA: University of Pennsylvania Press 2011
Clifford Ando: The Matter of the Gods. Religion and the Roman Empire, Oakland: University of California Press 2008
Clifford Ando / Jörg Rüpke (eds.): Religion and Law in Classical and Christian Rome, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2006
Seit Polybios konnten die antiken Betrachter wissen, dass das römische Imperium seiner Ausdehnung nach mittlerweile zum größten aller Weltreiche geworden war, und je weiter die Zeit fortschritt, desto deutlicher zeigte sich, dass dies nicht nur an der römischen Verfassung und den militärischen Machtmitteln lag, wie der griechische Historiker gemeint hatte, sondern dass dieses Reich offensichtlich gottgewollt schien und nicht untergehen würde wie die Vorgängerreiche. Es war Edward Gibbon, der bereits 1781 schrieb: "The story of its ruin is simple and obvious; and instead of inquiring why the Roman empire was destroyed, we should rather be surprised that it had subsisted so long." Dieses Diktum nimmt Clifford Ando (2) zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung, die den Akzent nicht länger auf die Niedergangsgeschichte Roms legt, sondern auf die Frage, "why did the empire last so long?" (XIII). Er arbeitet dabei vor allem mit drei soziologischen Theorien:
1) Im Zentrum der Studie steht die Frage nach der Loyalität der Reichsbevölkerung und damit die Problematisierung des Gehorsams: Erstaunlich sei weniger das Gewaltpotenzial Roms über seine Provinzen als der fehlende Widerstand der einmal unterworfenen Völker. Dieser lasse sich nicht mit bloßem Gehorsam erklären, sondern nur mit freiwilliger Gefolgschaft und affektiver Zuneigung, also mit Loyalität.
2) Diese Beziehung von power und consensus versucht Ando mit Max Webers Konzeption der legitimen Herrschaft zu beschreiben. Hier stellt sich die Frage, wie die römischen Kaiser die Legitimität ihrer Stellung den Reichsbewohnern gegenüber annehmbar machten. Damit rückt das Problem der Ideologie in den Vordergrund. Mithilfe der Konzepte von Louis Althusser, Michel Foucault und Pierre Bourdieu untersucht Ando die Herrschaftsideologie und die Propaganda der römischen Kaiser in mündlichen und schriftlichen Verlautbarungen, in Bild- und Schriftmonumenten sowie in politischen Ritualen und Zeremonien.
3) Wenn legitime Herrschaft eine Frage des Konsenses ist, bildet die Kommunikation zwischen dem Kaiser in Rom und seinen Untertanen im Römischen Reich ein zentrales Problem, nicht nur wegen der weiten Entfernungen und den damaligen Reisebedingungen. Grundsätzlicher noch stellte sich das Problem, wie es überhaupt möglich war, sich zu verständigen, denn das Imperium integrierte eine Vielzahl heterogener Kulturen. Mit Jürgen Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns gewinnt Ando wichtige Kategorien zur Analyse der kaiserlichen Kommunikation mit den Reichsbewohnern et vice versa.
Der Zeitrahmen der Untersuchung ist weit gesteckt und umfasst nicht nur das gesamte Kaiserreich bis ins 6. Jahrhundert: Ando greift auch häufiger bis in die mittlere Republik zurück, um Kontinuitätslinien zu zeichnen. Der Zugriff auf die Überlieferung geschieht dabei weniger historisch als systematisch, sodass Zeugnisse aus unterschiedlichen Jahrhunderten nacheinander aufgeführt werden und damit der Eindruck von Kontinuität und zuweilen auch Statik entsteht. Zwei Zeitpunkte aber werden immer wieder als historische Wendepunkte hervorgehoben: die Herrschaft des Augustus, der als Protagonist fast aller neuen Phänomene erscheint, und diejenige Hadrians. Spätestens seit dessen Regierung herrschte nach Ando reichsweit "provincial loyality", und Rom war zur communis patria geworden.
Die Untersuchung ist in zehn Kapitel gegliedert, die wiederum in drei großen Abschnitten zusammengefasst sind. An die Einleitung (Kap. 1: "Communis Patria", 1-15) schließt sich der erste Teil unter dem nichts sagenden Titel "Ancient und Modern Contexts" (17-70) an. Darin geht es zunächst in Kapitel 2 ("Ideology in the Roman Empire", 19-48) um den Begriff der Ideologie und das Konzept der charismatischen Herrschaft. Dabei sei die kaiserliche Ideologie kein monolithisches Konstrukt gewesen, sondern ein vielfältiges System von Sinnangeboten an unterschiedliche Adressatengruppen, die akzeptiert, modifiziert oder zurückgewiesen werden konnten. Wie einzelne Ideologeme bei den Reichsbewohnern ankamen, und dass diese nicht alle Bilder, Metaphern und Symbole der kaiserlichen Ideologie gleichermaßen annahmen, vielmehr bestimmte bevorzugten und dadurch Erwartungshaltungen formulierten, zeigt Ando später an verschiedenen Beispielen.
Das Konzept der charismatischen Herrschaft benutzt Ando, um das Herrschaftsgefüge des Prinzipats zunächst allgemein zu charakterisieren. Im Rest des Kapitels entwickelt Ando dann die für ihn zentrale Auffassung vom Kaisertum als einem charismatischen Amt: Von Webers Einsicht ausgehend, dass charismatische Herrschaft nur in statu nascendi existiere und dann zur traditionalen oder rationalen Herrschaft tendiere, sieht Ando in Augustus die Gründerfigur, die der kaiserlichen Position selbst charismatischen Charakter verliehen habe, sodass diese später nicht mehr von 'schlechten' Kaisern oder solchen ohne Charisma hätte beschädigt werden können.
In Kapitel 3 ("The Roman Achievement in Ancient Thought", 49-70) rekonstruiert Ando die Bilder, die sich die Intellektuellen besonders im Osten des Reiches von dem Imperium Romanum gemacht haben. Zentral ist dabei das Lob der pax Romana, der römischen Gesetze und der großzügigen Bürgerrechtsvergabe sowie die daraus resultierende Vorstellung von Rom als der communis patria. In diesem Diskurs ist nicht das Bürgerrecht das entscheidende Kriterium der Differenz, sondern die Zugehörigkeit zum römischen Reich (68).
Das positive Bild vom Römischen Reich, das sich in der Überlieferung findet, möchte Ando nicht wie viele Forscher als verschleiernde Rhetorik devoter Intellektueller deuten. Er nimmt es vielmehr zum Anlass, diejenigen zu kritisieren, die "view first-century Greeks through twentieth-century postcolonial eyes" (60). Ando nennt vier Aspekte, die nicht einer anachronistischen Deutung des römischen Imperialismus verpflichtet seien:
1) Die kaiserliche Ideologie und die Interessen der Reichsbevölkerung hätten oft konvergiert, etwa in der Erwartung an den Frieden im Reich und an die Rechtförmigkeit der Herrschaftspraxis, was die Akzeptanz der neuen Ordnung gefördert habe.
2) Der Glaube an die göttliche Sanktion des Imperium Romanum und daher an dessen Dauer, die das charismatische Kaisertum vermittelt habe, hätte gleichfalls die Zustimmung der Reichsbevölkerung zur römischen Herrschaft bewirkt.
3) Die Erfahrung der Objektivität und Institutionalität der römischen Bürokratie und Herrschaft, in der die Delegierten des Princeps von diesem kontrolliert und bestraft wurden, also die Routinisierung der charismatischen Herrschaft in und durch Institutionen habe einen Konsens der Beherrschten über die Legitimität der sozialen Ordnung hergestellt.
4) Der römische Imperialismus der Kaiserzeit habe im Wesentlichen in der Schaffung einer neuen politischen Geografie bestanden; diese wiederum habe neue Loyalitäten hervorgebracht, die bei aller lokaler Rivalität auf das römische Zentrum ausgerichtet gewesen seien.
Im zweiten Teil des Werkes geht es um die Kommunikation des Kaisers mit der Provinzialbevölkerung. In Kapitel 4 ("The Communicative Actions of the Roman Government", 73-130) greift Ando zunächst die oben erwähnte Theorie des kommunikativen Handelns von Habermas auf, um zu erklären, warum Rom so außergewöhnliche Anstrengungen unternommen hatte, seine Reichsbewohner informiert zu halten. Roms einzigartige Stellung als Imperium beruhte nach ihm auf einer schrittweisen Ausweitung eines Regiments, das um die Herstellung von Konsens durch Kommunikation bemüht war (77). Rom setzte dabei nicht auf den einfachen, direkten Befehl, der sich auf keine gemeinsame Norm beruft, sondern appellierte ständig an moralische und rechtliche Vorstellungen, die alle Reichsbewohner teilen konnten.
Nach dem Rekurs auf die Theorie von Habermas ändert sich der Charakter des Werkes: War dieses bisher vor allem durch theoretische Erörterungen geprägt, so steht nun die zitierende, referierende und kommentierende Darlegung einer Vielzahl von Quellen unterschiedlichster Art aus mehr als sechs Jahrhunderten im Zentrum. Die Heterogenität der Zeugnisse, die oft nicht erkennbar aufeinander bezogenen Unterkapitel und eine Redundanz, die dadurch entsteht, dass viele Quellen an verschiedenen Orten behandelt werden, machen es allerdings dem Leser nicht leicht, einen roten Faden zu finden.
Im Mittelpunkt des 4. Kapitels stehen die zahlreichen kaiserlichen Konstitutionen. Nach Ando bezeugen die sorgfältigen Bestimmungen über den Aushang, die Lesbarkeit und Archivierung der offiziellen Dokumente das Interesse Roms an der Wahrnehmbarkeit derselben aufseiten der Reichsbewohner. Auf der anderen Seite lassen die vielen Kopien offizieller Schriftstücke erkennen, wie wichtig den Reichsbewohnern dieser Schriftverkehr war und wie sehr sie den damit verbundenen Prozeduren vertrauten. Laut Ando hatte diese ausgedehnte routinemäßige Kommunikation dreierlei zur Folge:
1) Die Bevölkerung wurde daran gewöhnt, regelmäßig an bestimmten Plätzen die Epiphanie des Kaisers in Form von sacrae litterae zu erwarten und diesen Bekundungen mit Verehrung zu begegnen (101).
2) All diese archivierten Dokumente repräsentierten eine römische Sicht auf die Geschichte des Reiches und seiner Städte; sie bildeten Puzzlesteine einer gemeinsamen Geschichte, in der die einzelnen Subjekte, Gruppen und Städte in Bezug auf den Kaiser verortet wurden (95).
3) Kaiserliche Dokumente aller Art waren die Grundlage sowohl der literarischen Historiografie wie der Panegyrik. Sie wurden auch von den Gegnern Roms anerkannt, welche die Dokumente zur Bestätigung der Wahrheit ihrer Behauptungen zitierten (128).
In Kapitel 5 ("Consensus in Theory and Praxis", 131-174) thematisiert Ando hauptsächlich schriftliche Dokumente, die eine "culture of loyalism" (134) bezeugen sollen, worunter er den Wettstreit um Loyalitätsbekundungen verschiedener Gruppierungen im Reich versteht. Er behandelt dabei einerseits Loyalitätsgesten der Reichsbevölkerung wie den regelmäßig wiederholten Eid. Auf der anderen Seite deutet Ando das gegenseitige Verhältnis von Kaiser und Senat unter Augustus und den 'guten' Principes als beispielgebend für die Provinzen, den Kaiser bei seiner Arbeit zu unterstützen. Die Loyalitätsbekundungen der Reichsbewohner erscheinen als Antwort auf den von Augustus so oft beschworenen consensus universorum.
In Kapitel 6 ("The Creation of Consensus", 175-205) interpretiert Ando zunächst das aurum coronarium als eine Geste der Dankbarkeit, die erwartet und bald auch gefordert wurde. Er zeigt aber zugleich, dass die Kaiser dafür erst einmal durch ihre Sieghaftigkeit gleichsam in Vorlage treten mussten. Auch die Akklamationen werden als Konsensritus behandelt. Von besonderem Interesse ist die Behandlung der Usurpationen, wobei Ando zeigen kann, dass derjenige Prätendent erfolgreich war, der am schnellsten nicht nur die Unterstützung von Senat, provinzialen Heeresgruppen und der Bevölkerung in Rom erlangte, sondern auch die Zustimmung der provinzialen Städte erhielt. Das lehrt, dass die Provinzialbevölkerung als vierte maßgebliche Akzeptanzgruppe im Sinne der Theorie von Egon Flaig, die Ando nicht zu kennen scheint, betrachten werden muss.
Kapitel 7 ("Images of Emperor and Empire", 206-273) behandelt die bildliche Kommunikation des Kaisers mit der Reichsbevölkerung am Beispiel der Münzen, der Kaiserbildnisse und der Standarten. Ando macht wahrscheinlich, dass die Münzbilder als Symbole und Botschaften Roms wahrgenommen wurden. Die Münzvorderseiten vermittelten die kaiserliche imago, während die Rückseiten bei den Betrachtern die Ideologie eines legitimen römischen Kaisertums verankerten. Ebenso schnell wie die Münzen wurden die neuen Kaiserbildnisse im Reich verbreitet. Nach einigen Bemerkungen zu den öffentlich aufgestellten bemalten Tafeln, mittels derer die Kaiser ihre Siege und Triumphe der Reichsbevölkerung mitteilten, kommt Ando auf die religiöse Bedeutung der militärischen signa zu sprechen, die gleichfalls Kaiserbildnisse trugen. Für alle Formen der bildlichen Kommunikation des Kaisers betont Ando, dass von den Bildern eine numinöse Wirkung auf die Betrachter ausgegangen, die Heiligkeit des Kaisers also wörtlich zu nehmen sei.
Der dritte Teil des Werkes nimmt die Ausgangsfrage auf; daher geht es in Kapitel 8 ("Orbis Terrarum and Orbis Romanus", 277-335) um den Weg, der von einer "imperialist mentality that divided the world into peoples already and not yet conquered" (330) zurückgelegt wurde, bis dann seit Hadrian griechische Reichsbewohner von "ihrem" Imperium sprechen konnten. Ando behandelt zunächst die Bedeutung der Sieghaftigkeit und des Triumphes für das kaiserliche Charisma. Er wendet sich dann den Triumphmonumenten zu und zeigt den Wandel ihrer Ikonografie in Rom und deren Rezeption in den Provinzen auf. Sehr früh schon adoptierten die Städte des Reiches römische Siege als eigene Siege und identifizierten sich so mit römischer Geschichte (305). Aufschlussreich ist auch der langsame Wandel der römischen Triumphalkunst: In der Abkehr von der imperialistischen Ikonografie nach Trajan sieht Ando den Wendepunkt in der römischen Wahrnehmung der Provinzen (319). Der Blick auf die Rezeption dieser imperialistischen Siegespropaganda in den Provinzen lehrt zudem, dass dort die kaiserlichen Botschaften schon früh umgedeutet worden sind. Solche Bilder hatten offenbar auch Rückwirkungen auf Rom; hier lässt sich zeigen, dass die kaiserliche Propaganda keine Einbahnstraße war.
Kapitel 9 ("The King is a Body Politick [...] for that a Body Politique Never Dieth", 336-405) handelt davon, auf welche Weise die Reichsbewohner in das Imperium integriert wurden. Ando zeigt, dass das Gefühl, Römer zu sein, weniger mit dem Bürgerrecht zu tun hatte, umso mehr aber mit bürokratischer Routine. Dass alle nur Untertanen eines Kaisers waren, wurde den Provinzialen in den verschiedensten Zusammenhängen deutlich. Ando erkennt in der Art und Weise, wie die Reichsbewohner vor den römischen Behörden agierten, ein grundlegendes Vertrauen in die Rationalität der römischen Herrschaft (373 ff). Im Rest des Kapitels behandelt er den Kaiserkult als die zentrale Form der Romanorum religio. Er wendet sich dagegen, die Attribute sacer und divinus bloß mit 'kaiserlich' zu übersetzen (393 f.) und betont, dass "herrschen" für die Reichsbewohner bedeutet habe, die rettende und heilende Macht eines Gottes zu besitzen.
In einem kurzen Schlusswort (Kap. 10: "Singulare et Unicum Imperium", 406-412) betont Ando noch einmal die einheitsstiftende Rolle des charismatischen Kaisertums des Augustus: Mit ihm sei zum ersten Mal ein Gott in der ganzen mediterranen Welt verehrt worden. So konnte der Kaiserkult als Focus gemeinsamer Heilserwartungen dienen. Doch Augustus habe auch "revolutionized ancient imperialism" (409), indem er die Monarchie als Garanten einer rechtförmigen Herrschaft etabliert und bürokratische Institutionen geschaffen hatte, die eine rationale Herrschaftsausübung gewährleisteten. Eine ausführliche Bibliografie, ein Sachindex und ein umfangreicher Quellenindex beschließen das Werk.
Dies ist ein Buch über den Konsens, der ein charismatisches Kaisertum mit seinen loyalen Untertanen verband, über die Integration unterschiedlicher Völker und Kulturen in eine communis patria, über eine vielgestaltige Kommunikation, die der militärischen Gewalt und des Aufruhrs nicht bedurfte. Man wird deshalb von ihm nicht die Geschichte von Dissens und Widerstand, von Gewalt und Ausschluss erwarten dürfen, die gleichfalls zum Imperium Romanum gehören. Die Stärke von Andos "essay" (XIII) liegt gerade darin, an einer Fülle von Einzelfällen aus allen Regionen und Epochen der Kaiserzeit dargelegt zu haben, dass imperiale Herrschaft auf Dauer nur erfolgreich sein kann, wenn sie den Konsens der Beherrschten gewinnt, organisiert und erhält. Es ist ein weiteres Verdienst aufgezeigt zu haben, dass die Reichsbewohner keine Opfer der kaiserlichen Propaganda waren, sondern die herrschenden Ideologeme mitgestalteten, und dass sie die römischen Institutionen und Prozeduren, mit denen das Reich herrschaftlich erfasst wurde, zu ihrem Vorteil nutzten: "Imperial ideology emerges here as the product of a complex conversation between center and periphery" (XIII).
Dies ist auch ein Buch über die Kommunikation des Kaisers mit einer der relevanten Gruppierungen seines Reiches: der Provinzialbevölkerung. Auch wenn andere Gruppen, mit denen der Kaiser ebenfalls kommunizierte, ins Blickfeld kommen, thematisiert Ando konkurrierende Loyalitäten oder ideologische Sinnangebote nicht. Diese Begrenzung des Themas verweist auf eine gewisse Schwäche des Ansatzes: Der Rahmen der Studie ist zeitlich und thematisch so weit gesteckt, dass vieles nur selektiv und nicht trennscharf genug behandelt werden kann. Die Fülle der Zitate und kommentierenden Referate aus der Überlieferung vermittelt zwar ein anschauliches Bild der erörterten Probleme; sie gehen jedoch zulasten der Interpretation und der Lesbarkeit. Andos Werk ist also ein gewollt einseitiges Buch über Ideologie, Konsens und Loyalität im kaiserzeitlichen Rom; ein nicht leicht zu lesender, (absichtlich?) unsystematischer Essay, der bekannte und weniger bekannte Quellen vielfach in neuer Perspektive deutet und dabei faszinierende Einsichten vermittelt. Der theoretische Ansatz bringt neue Gewichtungen und Erkenntnisse, müsste allerdings noch stärker mit den einzelnen behandelten historischen Phänomenen verknüpft werden.
Eckhard Meyer-Zwiffelhoffer