Jason Peacey: Politicians and Pamphleteers. Propaganda During the English Civil Wars and Interregnum, Aldershot: Ashgate 2004, xi + 417 S., ISBN 978-0-7546-0684-0, GBP 59,95
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Jonathan Scott: Commonwealth Principles. Republican Writing of the English Revolution, Cambridge: Cambridge University Press 2004, xii + 402 S., ISBN 978-0-521-84375-1, GBP 45,00
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Ann Hughes: Gangraena and the Struggle for the English Revolution, Oxford: Oxford University Press 2004
David J.B. Trim / Peter J. Balderstone (eds.): Cross, Crown & Community. Religion, Government and Culture in Early Modern England 1400-1800, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2004
Jens Metzdorf: Politik - Propaganda - Patronage. Francis Hare und die englische Publizistik im Spanischen Erbfolgekrieg, Mainz: Philipp von Zabern 2000
Jonathan Scott verfolgt in seinem jüngsten Buch die Geschichte republikanischer Ideen zur Zeit der Englischen Revolution und des Interregnums. Damit greift er ein Thema auf, das bereits in seinen Büchern über Algernon Sidney [1] im Zentrum stand, in seiner letzten großen Abhandlung über die Wirren Englands [2] jedoch nur einen Nebenaspekt darstellte. Dennoch ist dieses Buch so etwas wie die Quintessenz seiner bisherigen Beschäftigung mit dem England des 17. Jahrhunderts.
Sein Buch gliedert sich in drei große Teile, in denen er sich zunächst vor allem dem ideengeschichtlichen Hintergrund der republikanischen Texte widmet. Im Mittelteil analysiert er die Schriften von republikanischen Autoren und gruppiert seine Kapitel anhand von Schlüsselbegriffen wie Rebellion, Freiheit, Tugend oder Imperium. Der abschließende Teil bietet dann eine chronologische Erzählung mit einem kurz gefassten Exkurs bis in das frühe 18. Jahrhundert. Dieser Teil des Buches weist allerdings fast zwangsläufig mit dem Mittelteil inhaltliche Überschneidungen auf, die für den Lesefluss hinderlich sein können.
Die Stärke von Scotts Buch liegt sicherlich neben dem analytischen Teil, der sich sehr eingehend den verschiedenen inhaltlichen Strömungen widmet, vor allem in der Darstellung der unterschiedlichen Einflussfaktoren des frühneuzeitlichen Republikanismus. Neben der Rückbesinnung auf antike Traditionen, die über verschiedene Kanäle nach England transportiert wurden - zu nennen sind hier vor allem die Einflüsse von Machiavelli auf die englische Diskussion - weist er auch explizit auf die radikale Reformation als Quelle republikanischer Ideen hin. Verbunden mit dieser Aufnahme radikaler theologischer Diskussionsstränge ist natürlich auch eine erweiterte Liste von Autoren, die er in die Analyse einbezieht.
Dabei bezieht Scott sehr dezidiert Stellung, indem er z.B. James Harrington, der mit seiner Utopie "Oceana" bislang zu den großen Republikanern des 17. Jahrhunderts gezählt wird, in den Hintergrund drängt, weil diesem Buch und seinem Autor seines Erachtens keine repräsentative Position zukommt. Für Scott zählen hingegen ganz andere Namen, von einem so prominenten Literaten und Politiker wie John Milton bis hin zu bislang vielleicht nur Fachleuten bekannten Autoren wie Sir Henry Vane Jr. oder Marchamont Nedham. Vor allem letzterer kommt bei Scott zu hohen Ehren, obwohl oder gerade weil er in seinem Leben vielen Herren dienen musste und dennoch seinen republikanischen Idealen treu blieb.
Seine schillernde Biografie macht Marchamont Nedham auch zu einem wichtigen Zeugen in Jason Peaceys Buch über das Entstehen und die Mechanismen frühneuzeitlicher Propaganda in England. Die Studie ist in drei große Teile gegliedert, in denen er den Motor, die Mechanik und die Dynamik der Propaganda analysieren will. Mit diesen aus der Technik bzw. der Physik entliehenen Begriffen zielt Peacey zum einen auf die Antriebsgründe, zum anderen auf die Regeln bzw. die Netzwerke, die im Prozess des Erstellens und Publizierens von politisch wirksam werdenden Texten eine Rolle spielten, und letztlich natürlich auf die Wirkungen, welche die Propaganda in der dramatischen Situation der englische Revolution für die beiden verfeindeten Lager hatte.
Eine zentrale Rolle kommt in dem Buch dabei sowohl den Auftraggebern (Politikern) wie den Produzenten (Autoren) von propagandistischen Texten zu. Die Rezipienten, die Leser und die zu beeinflussende öffentliche Meinung, treten demgegenüber in der Darstellung etwas zurück.
Auf der Auftraggeberseite macht Peacey vor allem die Parlamentarier als diejenigen aus, die die Möglichkeiten der Propaganda intensiv nutzten, die Royalisten taten sich dagegen eher schwer, den Kampf um die öffentliche Meinung zu gestalten. Dies kann nach Peacey durch unterschiedliche Faktoren erklärt werden. Zum einen machte sich zumindest ab einem gewissen Zeitpunkt im Bürgerkrieg das Fehlen von wichtigen, etablierten Druckorten, wie z.B. London, für eine effektive Propaganda negativ bemerkbar, zum anderen könnte auch die insgesamt schlechtere Überlieferungslage ein schiefes Bild ergeben.
Neben solchen inhaltlichen Erkenntnissen liegt die Stärke der Studie sicherlich in dem Ansatz, das quellenkundliche Instrumentarium für frühneuzeitliche Texte zu erweitern. Peacey gelingt eine sehr eindrückliche Beschreibung eines solch grundlegenden Kontextes publizistischer Tätigkeit, der bei quellenkundlichen Analysen und Bewertungen stets mitgedacht werden sollte. Neben eigenen Überzeugungen, die in den Werken zum Ausdruck kommen, stand demnach bei vielen Autoren schlicht ebenso die Frage nach einem gesicherten Einkommen, nach gesteigerter sozialer Reputation oder weiteren Faktoren, die die Arbeit als "Auftragsschreiber" bedingten, im Raum. Das von Quentin Skinner formulierte Diktum, dass eine sprachliche Äußerung in einem publizierten Text als politischer Akt zu bewerten ist, erhält damit für die Analyse von Druckwerken eine neue Bedeutung. Autoren, die ihre Feder in den Dienst von Politikern stellen, produzieren dabei zwangsläufig Texte, die die politische Wirklichkeit verändern wollen. Dabei müssen sich Überzeugung und Auftragsarbeit nicht zwingend widersprechen - zu Recht taucht der "Wendehals" Nedham in beiden hier zu besprechenden Büchern an zentraler Stelle auf. Nedham wechselte im Laufe seiner schriftstellerischen Karriere mehrfach die Seiten, mal schrieb er für die royalistische Zeitung "Mercurius Pragmaticus", später dann für das offizielle Nachrichtenorgan der Republik, dem "Mercurius Politicus" - republikanische Ideen konnte er augenscheinlich in beiden Positionen formulieren und publizieren.
Hier schließt sich nun der Kreis zwischen den beiden zu besprechenden Büchern - Scotts Analyse des Republikanismus wird sicherlich die Diskussionen zu diesem Thema bereichern und bietet einen fundierten Einstieg in das Thema. Peacey ist es gelungen, das Spektrum der Kriterien bei der Analyse propagandistischer Texte um weitere kontextbezogene Aspekte zu erweitern, die bei der Untersuchung frühneuzeitlicher Drucke stets mitbedacht werden sollten.
Anmerkungen:
[1] Jonathan Scott: Algernon Sidney and the English Republic 1623-1677, Cambridge 1988; Jonathan Scott: Algernon Sidney and the Restoration Crisis 1677-1683, Cambridge 1991.
[2] Jonathan Scott: England's Troubles: Seventeenth-Century English Political Instability in European Context, Cambridge 2000.
Sebastian Barteleit