Rezension über:

Herbert Zielinski (Bearb.): Die Regesten des Regnum Italiae und der burgundischen Regna. Teil 3: Das Regnum Italiae vom Regierungsantritt Hugos von Vienne bis zur Kaiserkrönung Ottos des Großen (926-962), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2006, X + 503 S., ISBN 978-3-412-31605-1, EUR 115,00
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Rezension von:
Caspar Ehlers
Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt/M.
Redaktionelle Betreuung:
Christine Reinle
Empfohlene Zitierweise:
Caspar Ehlers: Rezension von: Herbert Zielinski (Bearb.): Die Regesten des Regnum Italiae und der burgundischen Regna. Teil 3: Das Regnum Italiae vom Regierungsantritt Hugos von Vienne bis zur Kaiserkrönung Ottos des Großen (926-962), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2006, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 3 [15.03.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/03/9974.html


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Herbert Zielinski (Bearb.): Die Regesten des Regnum Italiae und der burgundischen Regna

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Einige Jahre nach dem Erscheinen des zweiten Teilbandes (1997) der "Regesten des Regnum Italiae" liegt nun der dritte vor, der die Jahrzehnte zwischen Hugo von Vienne (* um 880, Königserhebung 926) und der Kaiserkrönung Ottos des Großen (962) abdeckt. Die Regesten 1436 bis 1487 verzeichnen die Geschicke Hugos von seiner Geburt bis zu seiner Erhebung zum König im Juli 926. Dem bereits in der Einleitung zum ersten Teilband aus dem Jahr 1991 dargelegten Prinzip, Regesten eines Regnums und nicht eines Herrschers vorzulegen, bleibt Zielinski treu. Daher werden auch im hier zu besprechenden dritten Band des dritten Teils ebenfalls die Nachrichten aufgenommen, die das Regnum betreffen. Dabei handelt es sich "um Aktivitäten, die vom Hof des Herrschers ausgehen oder zumindest königlichen Einfluß erkennen lassen" (vgl. Reg. Imp. I/3.1, VII). So entstehen drei Regestengruppen (Herrscherregesten, Nachrichten, die das Regnum betreffen, sowie solche, die das Hinwirken Fremder in das Regnum dokumentieren, vgl. ebenda), die in chronologischer Folge einander durchdringen. Diese Eigenheit in der Anlage der Reichsitalien gewidmeten Bände ist bereits nach Erscheinen des ersten Teilbandes überwiegend wohlwollend aufgenommen worden (vgl. Reg. Imp. I/3.2, V).

So wird konsequenterweise die Masse der für den dritten Teilband aufgenommenen Stücke aus Urkunden von Bischöfen aus dem italischen Regnum gebildet, die von königlichen Notaren geschrieben wurden und / oder deren Rechtsinhalt sie meist mit anderen zusammen bezeugt haben, mithin "all jene Chartae [...], in denen notarii domni regis (domnorum regum) und iudices domni regis (domnorum regum) vorkommen". Dies dokumentiert zum einen den immensen (und bislang für die Forschung kaum sortierten) Anstieg bei der Überlieferung von Privaturkunden mit Beteiligung königlicher Beamter, und zum anderen bietet es Hinweise auf die Reaktionen der Großen des Regnum gegenüber wechselnden politischen Konstellationen (vgl. Reg. Imp. I/3.3, VII). So dokumentiert der dritte Band mit gerade diesem deutlichen Übergewicht von tradierten Libellarurkunden auch die Wirkungsbreite und -reichweite der königlichen Kanzlei im Regnum Italiae und zeigt hier vor allem die enge Verbindung von herrscherlicher Kanzlei als Funktionselite mit den Bischöfen und führenden Geistlichen in ihrem Regnum.

Allerdings bleiben so die für das Regnum Italiae relevanten Stücke und Handlungen auf den ersten Blick im Hintergrund, denn der Anteil der Chartae liegt eben doch bei 50% von den insgesamt 1063 Regesten, während derjenige der Königsurkunden bei 20% liegt und die historiographisch gestützten Regesten 30% ausmachen (in erster Linie Liutprand von Cremona, Flodoard von Reims und der Continuator Reginonis, vgl. Reg. Imp. I/3.3, VIII).

Gegenüber den ersten beiden Teilbänden ist, wie Zielinski (ebenda, VIII) hervorhebt, ein Rückgang des Anteils der Diplome gegenüber den Chartae und übrigen Regesten zu beobachten. Dies mag zu einem gewissen Teil der Überlieferungslage geschuldet sein, erlaubt aber doch wohl auch die Erkenntnis, dass angesichts krisenhafter Symptome die Urkundentätigkeit der Herrscher in ihrem Regnum rückläufig war. Doch kann nicht festgestellt werden, dass der Übernahme der italischen Königswürde durch Otto I. von Ostfranken eine gelähmt wirkende Herrschaft Berengars vorausgegangen wäre.

Zuweilen originelle Formulierungen lockern den naturgemäß trockenen Ton der Regesten ab und auf - wie beispielsweise die Paraphrase des Berichts Flodoards zu etwa 931, dass die Griechen den Sarazenen, die sie bis Fraxinetum verfolgt haben, "schwer aufs Haupt" geschlagen und so die Sicherheitslage verbessert hätten (Nr. 1647).

Über nicht direkt aus den Quellen nachweisbare Handlungen, wie zum Beispiel die beiden vermuteten Romzüge Hugos im Juli 927 (Nr. 1523 und 1524) und Juni 932 (Nr. 1656 bis 1660) beziehungsweise der angebliche Romzug Ottos I. im Jahre 941 (Nr. 1903), werden abgewogen und dem neuesten Forschungstand entsprechend beurteilt. Dieser Eindruck steht für die Gesamtheit der hier zu besprechenden Regesten, die auch herausragende Nachrichten über das Wetter (wie beispielsweise Nr. 1966: "Immenser Schneefall" am 18. Februar 944) nicht übersehen haben. Dies gar entgegen der in Reg. Imp. I/3.1, VII dargelegten Absichten.

Um der oft überheblich klingenden Kritik am Handwerk der "Regestenschusterei" als "historischer Kunstform" zu begegnen, hat Zielinski seiner Einleitung zum dritten Teilband einen Satz von Walter Holtzmann vorangestellt, der 1962 gegenüber Reinhard Elze bemerkte, daß ein Regestenwerk nicht so einfach herzustellen sei, "wie viele der hervorragenden Genies [...] es sich vorstellen", denn diese seien "ja auch viel zu schlau für eine derartige Arbeit, zu der nur Dumme (as wie icke) die Lust aufbringen". Es ist Zielinski zu danken, dass auch er die Lust aufgebracht hat.

Caspar Ehlers