Arthur J. Pomeroy: 'Then it was Destroyed by the Volcano'. The ancient world in film and on television, London: Duckworth Publishers 2008, viii + 152 S., ISBN 978-0-7156-3026-6, GBP 14,99
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Wie überaus produktiv sich das Forschungsfeld Antike und Film in den letzten Jahren gestaltet, zeigt die Monographie "Then it was destroyed by the Volcano". The Ancient World in Film and Television von Arthur Pomeroy, Associate Professor of Classics der Victoria University of Wellington. Dominierten in den vergangenen Jahren verstärkt Einzelbeiträge in diversen Sammel- oder Tagungsbänden, so bietet der Autor, dessen Forschungsinteressen im Bereich der römischen Sozialgeschichte, der griechisch-römischen Historiographie sowie der Spätantike liegen, einen thematisch breiten Überblick zum Thema und folgt sowohl im allgemeinen Ansatz als auch im knappen Umfang der Publikation Gideon Nisbets Ancient Greece in Film and Popular Culture aus dem Jahre 2006.
Der ungewöhnliche Titel ist einem Ausspruch der britischen Schauspielerin Joan Collins entnommen, die in einem Interview 1981 die zeitgenössischen Moralvorstellungen, die ihrer Meinung nach zur Ausbreitung der Immunschwäche AIDS führten, mit der Situation der römischen Gesellschaft der Antike in Verbindung setzte. Der Autor wählt diese unreflektierte Anschauung bewusst, um das Fortbestehen stereotyper Sichtweisen auf die antike Vergangenheit zu veranschaulichen. Das Kernthema der Monographie bildet die Verwendung der Antike in unterschiedlichen Filmproduktionen. Die Palette der Forschungsobjekte reicht von den großen Hollywood-Historienfilmen und dem italienischen Genrekino der 1960er Jahre über populäre TV-Serien und Mangas bis zum Autorenfilm.
Das erste Kapitel The Actress and the Playwright (7-12) führt allgemein in die Verwendung der Antike in Literatur und Film ein und beschäftigt sich relativ knapp mit den Filmadaptionen der bekannten Historienromane The Last Days of Pompeii (1834) und Quo Vadis (1895) und geht auf die Antikenrezeption in Alexandre Dumas' Roman Le Comte de Monte-Cristo (1844-1846) ein. Am Ende des Abschnitts schlägt der Autor den Bogen zum folgenden Kapitel Hymns to the Ancient World in (the) Buffyverse (13-28) in dem Pomeroy sich mit der Verwendung von antiken Elementen in der erfolgreichen US-amerikanischen Popkultur-Fernsehserie Buffy the Vampire Slayer (1997-2003) und deren Spin-off Angel (1999-2004) widmet. Dabei liegt die Konzentration auf der Verwendung der lateinischen und griechischen Sprache in den beiden Serien. In Verbindung mit den unterschiedlichen Produktionen The Pillow Book (1996) und Nightmare on Elm Street (1984) zeigt der Autor das Identifikationspotential der Antike und offenbart den spielerischen, oft ironischen Umgang der beiden Serien mit klassischen Bildungsidealen.
Abschnitt 3, The Peplum and Other Animals (29-59), beschäftigt sich mit dem neo-mythologischen Film, einer europäischen Unterart des Antikfilmgenres, welcher seine Blütephase Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre erfuhr. Pomeroys Begrenzung des Subgenres auf von italienischen Regisseuren gedrehte italienische Filme im Zeitraum von 1958 bis 1965 (48) greift zu kurz, da einerseits schon Werke vor 1958 entstanden waren, die dieser Unterkategorie zurechenbar sind, und andererseits diese Produktionen zumeist als internationale Kooperationen mit Beteiligten vor und hinter der Kamera aus Europa und den USA realisiert wurden. Um die Unterform allgemein zu erfassen, behandelt Pomeroy die Geschichte der italienischen Filmindustrie anhand der erfolgreichen Spartacus-Produktionen von 1913 und 1952 (30-32) und setzt sich mit der italienischen Literaturadaption Gli ultimi giorni di Pompeii (1959) (36-46) auseinander. Abschließend widmet sich der Autor dem britischen Herkules-Darsteller Reg Park (49-58) in den beiden lockeren Mythenadaptionen Ercole alla conquista di Atlantide (1961) (51-54) und Ercole al centro della terra (1961) (54-58). Interessant erscheint der Erklärungsansatz Pomeroys für den Erfolg und die Beliebtheit der Mythenadaptionen beim italienischen Publikum: "Muscleman movies also provided a reassuring sense of the worth of masculine labour in an era of rapid industrialisation, particularly in Italy's north, both for southern migrants who provided the human capital for these developments and for those left behind. The emphasis in such films on the protection of the weak from the overpowering forces also struck a nerve with the underprivileged and exploited" (37).
Hatte sich der Autor im vorangegangenen Abschnitt in der Auseinandersetzung mit dem antiken Heros Herakles mit Erzeugnissen der Populärkultur beschäftigt, so folgt im anschließenden Kapitel The Odyssey, High and Low (61-93) die Betrachtung des homerischen Odyssee-Stoffes in sechs qualitativ sehr unterschiedlichen Kino- und Fernsehadaptionen. Die ersten drei Beispiele bilden Ulisse (1954) (63-66) und L'Odissea (1968) (67-73), zwei aus ihrer Entstehungszeit betrachtete klassische Mythenadaptionen, gefolgt von Il ritorno di Ringo (1965) (73-75), einer Produktion, die das Thema der Rückkehr nach langer Abwesenheit im Genre des Italo-Western verarbeitet. Die weiteren drei Variationen Brother, Where Art Thou? (2000) (76-79), Le mépris (1963) (79-82) und To vlemma tou Odyssea (1995) (82-92) tragen in der jeweiligen eigenwilligen Bezugnahme auf den antiken Stoff unverkennbar die Handschrift des Autorenfilms. Anhand des letzten Beispiels setzt sich Pomeroy mit der Antikenadaption im Werk des griechischen Regisseurs Theodoros Angelopoulos allgemein und im speziellen Fall mit Motiven des homerischen Stoffes vor dem Hintergrund der blutigen Auflösung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien auseinander.
Nach der Beschäftigung mit den Mythenadaptionen kehrt der Autor im letzten Großkapitel Alexander The Hero (95-111) zum historischen Stoff zurück und widmet sich einer bekannten Herrscherpersönlichkeit der Antike. Während die Darstellung des makedonischen Königs in den beiden biopics Alexander the Great (1956) (96-99) und Alexander (2004) (100-103) der US-amerikanischen Regisseure Robert Rossen und Oliver Stone die Thematik eröffnet, bietet die Auseinandersetzung mit den beiden asiatischen Produktionen, dem indischen Historienfilm Sikandar (1941) (104-106) und der japanischen Manga TV-Serie Arekusanda Senki (1997) (107-111), einen wichtigen Blick auf die bekannte historische Figur, fern jeder eurozentristischen Durchdringung.
Mit dem zweiseitigen Schlusskapitel "It's a Man's, Man's, Man's World" - except for Xena and Buffy (113-114) schneidet der Autor die Dominanz von männlichen Protagonisten im Antikfilmgenre an, ohne diese freilich zu vertiefen. Vorsichtig optimistisch äußert sich Pomeroy zur Zukunft des Genres, die er im Autorenfilm sieht (114). Abgerundet wird die Publikation durch die Anmerkungen (115-137), eine Filmographie (138-140), die allerdings keine Zitation verwendeter Szenen beinhaltet, und einer Bibliographie, die ausschließlich englischsprachige Literatur enthält.
Dem Autor ist eine intelligente Einführung in den Themenkomplex Antike und Film gelungen, die sich gerade mit ihren Erkenntnissen zum neo-mythologischem Film oder ihrer Betrachtung der asiatischen Historienadaptionen um die Erweiterung des Forschungsbestandes verdient macht, der aber eine stärkere argumentative Durchdringung gut getan hätte. Trotzdem ist die Publikation gerade für Einsteiger und Einsteigerinnen in das Rezeptionsfach zu empfehlen.
Alexander Juraske