Lou Heynens: Adel in 'Limburg' of de Limburgse Adel. Geschiedenis en repertorium 1590-1990, Maastricht: Uitgeverij Pons Mosae Editions 2008, 412 S., ISBN 978-90-79444-01-4, EUR 36,50
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Das Buch bietet eine allgemeine historische Einführung zum "limburgischen Adel", gefolgt von einem Repertorium knapp 200 adeliger Familien der Zeit zwischen 1590 und 1990, die für die heutige Provinz Limburg eine Rolle gespielt haben. Für jede Familie werden, soweit bekannt, grundlegende Informationen zur Herkunft, zu den bedeutendsten Familienmitgliedern, zu Verwandtschafts- und Besitzverhältnissen und gegebenenfalls zu ihrer Nobilitierung dargebracht, ergänzt um die wichtigsten Titel der Sekundärliteratur sowie weiterführender archivalischer Quellen. Manchmal werden auch einschlägige Archive im Ausland aufgeführt. Außerdem enthält der Band diverse Listen und Tabellen der Familien sowie eine Literaturliste. Diverse Abbildungen, die vor allem Porträts, Stammbäume und Fotos einzelner Adelssitze präsentieren, erhöhen die visuelle Attraktivität des Buchs.
Bemerkenswert ist, dass die zahlreichen Verbindungen des limburgischen Adels nach Deutschland und Belgien übersichtlich dokumentiert werden. Für sich betrachtet ist dieser Befund keineswegs neu oder aufsehenerregend, aber dieser Aspekt verdeutlicht ein weiteres Mal, dass Adelsgeschichte in dieser Region per definitionem grenzüberschreitend ist.
Mit seiner Untersuchung des limburgischen Adels im 19. und 20. Jahrhundert betritt der Autor bis heute nahezu unbekanntes Terrain. In der französischen Zeit verschwand vor allem der hohe reichsunmittelbare Adel aus den limburgischen Territorien. Zudem verlagerten viele Geschlechter, die zum Landadel gehörten, entweder nach 1815 ihren Lebensmittelpunkt in die deutschen Staaten, ab 1839 teils auch nach Belgien; einige starben im Laufe des 19. Jahrhunderts aus. Das hatte natürlich erhebliche Folgen für die Nutzungsgeschichte zahlreicher Schlösser und die Bildung des Archivguts. Im Jahr 2000 wurden von den 75 bedeutendsten Schlössern der Region allein noch sieben von adeligen Eigentümern bewohnt. Adelige Familienarchive erwähnenswerten Umfangs aus dem 19. und 20. Jahrhundert sind äußerst selten.
An dieser Stelle müssen allerdings auch einige kritische Bemerkungen vorgebracht werden. Dass der Autor viele Jahre in Diensten der Gräfin Christine de Marchand et d'Ansembourg de Loë, der letzten adeligen Bewohnerin von Kasteel Neubourg bei Gulpen, stand, ist an sich unproblematisch. Immerhin verdankt er dieser Anstellung auch den Kontakt zu vielen Personen adeliger Abstammung, sowohl in der Region als auch außerhalb in ganz Europa - Erfahrungen, von denen seine Publikationen durchaus profitiert haben. Allerdings hat die Nähe zum Adel auch seinen Preis, denn mitunter hätte etwas mehr Distanz zu den Objekten der Untersuchung gut getan. Deutlich wird dies etwa bei den streckenweise polemischen Ausführungen zur nord-niederländischen Adelspolitik gegenüber Limburg und dem limburgischen Adel. Es stellt sich die Frage, ob diese Form der Kritik tatsächlich auf Forschungsbefunden basiert.
Das insgesamt in einer klaren Sprache geschriebene Buch weist einige konzeptionelle Mängel auf, wie sie sich besonders in der Systematik der Einleitung offenbaren. Fallweise ist auch nicht immer der Rückbezug zur wissenschaftlichen Forschung klar. Und auch wenn Fachliteratur wie beispielsweise von Johannes Arndt und Winfried Dotzauer im Literaturverzeichnis aufgeführt ist, bleibt offen, inwieweit sie tatsächlich in ihrem Tenor rezipiert worden ist.
Auch in der Begrifflichkeit vor allem reichsgeschichtlicher Verhältnisse werden einige Untiefen offenbar. Termini wie Souveränität und Reichsunmittelbarkeit werden in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit nicht adäquat wahrgenommen, ebenso das Phänomen der Reichsstandschaft. Auch die bedeutende Rolle der sogenannten Matrikel zur Festlegung des Stimmrechts im Kreis- und im Reichstag sowie die Steuerveranlagung kommen hier nicht zur Sprache. Leider bleiben auch die Kategorisierungsversuche hinsichtlich des Adels selbst unbefriedigend. Da jede Systematik rasch an ihre Grenze gerät, wäre es um so wichtiger gewesen, dass der einzige Unterschied grundlegender Art, nämlich jener zwischen dem reichsunmittelbaren Adel und dem Landadel, deutlicher herausgearbeitet wird. Allein für die Heiratspolitik und die Aufnahme in hochadelige Stifte wird diese Differenzierung sehr genau durchgeführt.
Ungeachtet dieser kleineren Unzulänglichkeiten muss darauf verwiesen werden, dass der Autor den Versuch unternimmt, eine äußerst komplexe Materie für ein breiteres Publikum aufzubereiten. Eine solche Popularisierung von Fachliteratur ist so notwendig wie schwierig, zumal diese Art der komplexen Geschichte in der Provinz Limburg noch kaum Beachtung gefunden hat. Am Ende bleibt daher festzuhalten, dass das Buch für die Adelsforschung zweifelsohne eine weitklaffende Lücke zu schließen vermag. Gerade auch Forschenden aus Deutschland kann dieses Buch große Dienste erweisen. Angesichts der grenzüberschreitenden Bezüge vieler limburgischer Adelsgeschlechter dürfte das Buch gerade für die deutsche Adelsforschung nützlich sein.
Jacques van Rensch