Michael Buddrus / Sigrid Fritzlar: Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871-1952. Ein biographisches Lexikon, Bremen: Edition Temmen 2012, 487 S., 114 s/w-Abb., ISBN 978-3-837-84044-5 , EUR 29,90
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Michael Buddrus und Sigrid Fritzlar, die sich bereits in den zurückliegenden Jahren um die Erforschung der (Zeit-)Geschichte Mecklenburgs verdient gemacht haben [1], präsentieren in ihrem neuesten Werk ein biographisches Lexikon, das sie den mecklenburgischen Landesregierungen und Ministern aus 51 Landtagen von 1871 bis 1952 widmen. Die Autoren setzten sich selbst das Ziel, "alle mecklenburgischen Minister, Regierungsmitglieder bzw. Leiter von ministeriumsähnlichen Ministerialabteilungen [...] zu ermitteln und biographisch zu porträtieren." (57) Erstmals liegt somit eine zusammenhängende Übersicht vor, die diesen speziellen Personenkreis über einen so langen Zeitraum betrachtet. Neben den 118 ausschließlich männlichen Biographien bietet der Band zudem eine vollzählige Übersicht der Kabinettslisten und einen Abdruck der jeweiligen Regierungserklärungen, die teilweise aus bisher nicht ausgewerteten Archivbeständen stammen und eine "aussagekräftige Ergänzung der Ministerbiographien" (58) darstellen.
Das Werk versteht sich als eine "quellengestützte Weiterführung" (8) einer älteren Arbeit von Helge Bei der Wieden [2] und setzt im Jahr der Reichsgründung 1871 an, in dem die beiden Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz Bestandteile des Deutschen Reichs werden und endet im Juli 1952 mit der Auflösung der Länder und der Gründung der Bezirke in der DDR.
Die Zeitabschnitte - 1871-1918, 1918-1933, 1933-1945, Mai-Juli 1945, Juli 1945-Dezember 1946, 1946-1952 - werden in der sechzigseitigen Einführung einzeln betrachtet und behandeln bspw. kleinere sozial-historische Auswertungen. Dieser einführende Text soll aber "keinen Abriß der mecklenburgischen Geschichte dar[stellen]." (8) So erfährt der interessierte Leser z. B., dass bis 1918 keiner der Minister Angehöriger einer politischen Partei war, für die Minister Mecklenburg-Schwerins in der Weimarer Republik eine "nahezu vollständige Parlamentsgebundenheit" (30) bestand und die "alten Eliten in Gestalt der Minister vollständig ausgewechselt" (37) wurden. Des Weiteren ist zu lesen, dass der mecklenburgische Gauleiter Friedrich Hildebrandt im März 1933 zum Reichs- bzw. Regierungskommissar für Mecklenburg-Schwerin ernannt wurde, was ihm einen Sitz und eine Stimme im Staatsministerium einbrachte und er somit Aufnahme im Lexikon fand. Hildebrandt, der im Mai 1933 zum Reichsstatthalter für Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Lübeck ernannt wurde, konnte in dieser Funktion die Minister ernennen, was zuvor das Recht des Parlaments gewesen war. Buddrus und Fritzlar betrachten diesen Umstand als die "entscheidende Zäsur für den Übergang von der Demokratie zur Diktatur." (41) In der Zusammenführung beider Länder zum Land Mecklenburg im Jahr 1934 und dem im selben Jahr erlassenen Gesetz über die Zusammensetzung des Staatsministeriums sehen Buddrus und Fritzlar "keine wirkliche [...] Änderung der 'Ministerialstruktur'" (9) sondern vielmehr einen Ausbau und eine Differenzierung. Die fortan neben dem Staatsministerium existierenden Fachabteilungen standen in einer direkten Fortsetzung der Ministerien und wurden deshalb in die Betrachtung mit einbezogen. Die Zeit der kurzen westalliierten Besatzung in Westmecklenburg vom Mai bis Juli 1945 ist wohl eines der unbekannteren Kapitel der mecklenburgischen Geschichte und es ist höchst erfreulich, dass die von den Amerikanern bzw. Briten eingesetzten Minister ebenfalls Teil der Untersuchung sind. Es ist wohl nur ausgewiesenen Kennern der Landesgeschichte bekannt, dass ein kleiner Teil Mecklenburgs für wenige Wochen einen Prime Minister besaß. In die anschließende Zeit der sowjetischen Besatzung, die am 1.7.1945 begann, fielen u. a. die ersten Wahlen (Dezember 1946) seit 1933 und der Beschluss, dem Land Mecklenburg-Vorpommern eine Verfassung zu geben (16.01.1947). Jedoch wurden "sowohl die mecklenburgische Landesregierung als auch das Landesparlament im Rahmen der 1947/48 einsetzenden Zentralisierungsbestrebungen und Gleichschaltungsbemühungen zu nachgeordneten Organen degradiert" (55), was nach Meinung von Buddrus und Fritzlar dazu führte, dass "zwischen 1934 und 1952 in Mecklenburg faktisch nur Aufsichtsregierungen" (55) existierten.
Die Darstellung der Lebensläufe präsentiert sich im gewohnten und bewährten Stil eines biographischen Lexikons. Die Einträge sind stichpunktartig gehalten, widmen sich den Lebens- und Herkunftsangaben, den Haupttätigkeiten und auch sonstigen Funktionen, Mitgliedschaften und Ehrungen. Oftmals sind sie mit einem Porträt der jeweiligen Person versehen. Ein großer Vorteil sind die vielen ergänzenden Fußnoten, die häufig aus den Quellen direkt zitieren und auf einzelne Aspekte näher eingehen. Das Blickfeld des Lesers auf die vorgestellte Person erweitert sich damit ungemein.
Das vorgestellte Buch kann als rundum gelungene Arbeit angesehen werden und setzt einen Maßstab für gedruckte Personenlexika, gerade weil es sich nicht auf die bloße Auflistung biographischer Grunddaten beschränkt, wie es in anderen (Online-)Lexika und/oder biographischen Datenbanken bereits für viele der aufgelisteten Personen der Fall ist, sondern zuvorderst auf neuen Quellensichtungen basiert und zudem mit einem großen Anhang besticht.
Anmerkungen:
[1] Michael Buddrus / Sigrid Fritzlar: Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich, Bremen 2011; Dies.: Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939-1945, Bremen 2009; Dies.: Die Professoren der Universität Rostock im Dritten Reich, München 2007.
[2] Helge Bei der Wieden: Die mecklenburgischen Minister und Regierungen 1918-1952, Köln / Wien 1977.
Matthias Glasow