Beate Dignas / Robert Parker / Guy G. Stroumsa (eds.): Priests and Prophets among Pagans, Jews and Christians (= Studies in the History and Anthropology of Religion; 5), Leuven: Peeters 2013, XI + 248 S., ISBN 978-90-429-2974-6, EUR 47,00
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Peter Derow / Robert Parker (eds.): Herodotus and his World. Essays from a Conference in Memory of George Forrest, Oxford: Oxford University Press 2003
Beate Dignas / R. R. R. Smith (eds.): Historical and Religious Memory in the Ancient World, Oxford: Oxford University Press 2012
Beate Dignas / Engelbert Winter: Rome and Persia in Late Antiquity. Neighbours and Rivals, Cambridge: Cambridge University Press 2007
Der Band ist religiöser Autorität vom 1. bis 7. Jahrhundert n. Chr. gewidmet. Der Fokus liegt abgesehen vom Beitrag Scheids im griechischsprachigen Osten. Einige Beiträge widmen sich der Überlieferung priesterlicher Aufgaben und der Charakterisierung der Priester (Rajak, Dignas, Bremmer) andere thematisieren den Zugang zu Gott und Erkenntnis (McLynn, Belayche) oder leuchten religiöse Konzepte aus, die sich nicht durchsetzen konnten (Elm, Stroumsa). Die Einleitung Robert Parkers versucht weitere Verbindungen zu knüpfen, da die Beiträge zu einer Vortragsreihe in Oxford nicht aufeinander eingehen.
John Scheid (Priests and Prophets in Rome, 15-28) stellt mit gewohnter Solidität und großer Klarheit die Grundlagen religiöser Autorität in der Kaiserzeit dar. Senat und Amtsträger haben zwar religiöse Autorität, jedoch wurden in der Kaiserzeit Auslegungsstreitigkeiten über auspicia bspw. innerhalb der Führungsschicht in gewisser Weise obsolet, zumindest waren sie es nicht mehr wert, berichtet zu werden. Aus der auf Rom und Kaiser bezogenen Überlieferung lasse sich daher weder abnehmende Religiösität im Kontext der Staatsreligion, noch wachsende private Religiösität nachweisen.
Tessa Rajak (29-51) untersucht die Funktion der jüdischen Priester in der Zeit des Zweiten Tempels und nach dessen Zerstörung 70 n.Chr. Trotz politischer Autorität in hellenistischer Zeit nach außen wurde religiöse Autorität nach innen jedoch anders verhandelt. Rajak erklärt die Differenz zwischen "imagined and real" Priestern damit, dass das Idealbild der in Licht getauchten Priester, die mit Gott kommunizieren, den Zeugen einer gänzlich anderen Realität über schwere Zeiten hinweghelfen solle.
Mit den "Heiligen Berichten" des Aelius Aristides, in deren Zentrum Aristides' körperliches und geistiges Befinden während seines ersten 18-monatigen Aufenthalts im Asklepiosheiligtum von Pergamon steht, beschäftigt sich Neil McLynn (52-79): Priester spielen hier keine Rolle, für institutionalisierte Autorität bleibt kein Platz in Aristides' egozentrischer Darstellung.
Beate Dignas (80-111) vergleicht Lukians Karrikatur des Orakelpriesters, Alexander von Abonuteichos mit Plutarch, der sich den Pflichten der lokalen Elite stellte und Priester des Apollo von Delphi war, ähnlich wie T. Flavius Ulpianus, prophetes-Priester des Apollon von Didyma, dessen Familie schon lange in Milet und Didyma derartige Aufgaben übernommen hatte. Der Mehrwert dieses Vergleichs liegt vor allem darin, die Rolle der Herkunft und der langen Priestertradition zu unterstreichen, die Rolle der 'Berufung' und die persönliche Nähe zum Gott als autoritätsstiftend in Orakelheiligtümern zu verdeutlichen, und darauf zu weisen, dass vor allem in der späteren Kaiserzeit Priester ihr Amt nutzen konnten, um religiös-philosophische Werte zu vermitteln.
Im zweigeteilten Beitrag von Nicole Belayche stehen der Begriff des manteis (Seher) und die "Beichtinschriften" Lydiens und Phrygienss im Zentrum (112-135), was der Titel "Priests as Diviners: An Impact on Religious Changes in Imperial Anatolia" nicht vermuten lässt. Nach einer längeren Erläuterung, weshalb eine strikte Trennung der Funktionen und Begriffe der Seher und Priester weder antik noch modern angemessen sei, widmet sie sich den Bußinschriften, in denen keine Priester genannt werden. Belayche vermutet aber, dass der von Unglück oder Krankheit Betroffene erst im Heiligtum durch einen Priester erfahren habe, dass es sich um eine Strafe handele und es auch ein Priester war, der dann die übliche Wiedergutmachung, das Aufstellen einer Stele, empfahl.
Bei Jan N. Bremmer dagegen bevölkern Priester wieder die Texte, im griechische Roman und in biblischen und apokryphen Erzählungen (136-161) vom spätem 1. Jahrhundert bis ins 4. Jahrhundert. Der Vortragsstil des Beitrags wurde beibehalten und um Fußnoten und Nachweise bereichert. Eine Auflistung der Priestergestalten in diesen Erzählungen lässt ihn am Ende resümieren, dass Priester in diesen Texten nur eine Nebenrolle spielten.
Mit der Spätantike (bis in die islamische Zeit) beschäftigen sich die letzten drei Beiträge. Susanne Elm stellt Gregor von Nazianz Konzept christlicher Führungsaufgabe als Theosis (individuelle Gottesgleichkeit) vor (162-184). Dabei macht sie überzeugend deutlich, dass das Konzept des oikeosis pros theon ein Konzept der Stoa ist, dass erst durch Plotin in den Neuplatonismus integriert wurde. Oikeosis verbinde das Individuum mit Menschheit, Kosmos, vor allem aber mit der Natur. Der Christ der nach Theosis strebe, müsse durch Reinheit und gebildetem Zugang zum Logos die Verbindung mit Gott suchen, was ihm in Einsamkeit besser gelänge. Danach aber solle er das aus dieser Verbindung entstandene Wissen an die Gläubigen, die nicht diese (exklusiven) Voraussetzungen haben, weitergeben - als Priester und Bischof.
Kai Trampedach untersucht die konkurrierenden Autoritätsansprüche des syrischen Säulenheiligen Daniel und Kaisers Leo I. (185-207), ein Beispiel, das in den letzten Jahrzehnten schon vielen als Einstieg zur Diskussion um das Thema Autorität und Heiligkeit von Bischöfen und Asketen und ihrer Verbindung mit staatlicher Macht diente. Trampedachs Beitrag hierzu ist die Idee, dass es sich um einen "deal" handele, von dem sowohl der Säulenheilige als auch der Kaiser profitiert hätten, bei dem das Verhältnis zum Heiligen insbesondere eine wichtige Stütze des theokratischen Anspruchs des Kaisers Leo gewesen sei.
Im letzten Beitrag des Bandes (208-229) geht es Guy G. Stroumsa dem Titel nach um die falschen Propheten im frühen Christentum. Selten entlarve die Ineffizienz der Prophetie, häufiger aber unter anderem, dass die Propheten selbst moralisch wertlose Menschen seien, und dass die Weissagungen genutzt werden, um die Gläubigen von Gott abzuwenden - so die Quintessenz der Texte bis ins 1. Jahrhundert Nach einigen Beispielen aus dem 2. Jahrhundert (Marcus Magus, Montanus) widmet er sich zunächst Mani und dann folgend dem 7. Jahrhundert und der Frage der Einschätzung Muhammeds als echtem oder falschen Propheten durch Christen, Juden und der von ihm postulierten weiter existierenden jüdisch-christlichen Sekten.
Ein etwas ungewöhnlich gestalteter Sach- und Namensindex (230-248) schließt den Band ab.
Der Leser dieser Sammlung erfährt vieles zum Thema religiöse Autorität im römischen und byzantinischen Reich und darüber hinaus, auch vieles, das man aufgrund des Titels wohl eher nicht erwartet hätte: So waren die Lesefrüchte für die Rezensentin durchaus ein Gewinn.
Marietta Horster