Craig Stockings / Eleanor Hancock: Swastika over the Acropolis. Re-interpreting the Nazi Invasion of Greece in World War II (= History of Warfare; Vol. 92), Leiden / Boston: Brill 2013, XVIII + 645 S., zahlr. Abb. u. Kt., ISBN 978-90-04-25457-2, EUR 192,00
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Eirini Karamouzi: Greece, the EEC and the Cold War 1974-1979. The Second Enlargement, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2014
Kateřina Králová: Das Vermächtnis der Besatzung. Deutsch-griechische Beziehungen seit 1940, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2016
Adamantios Skordos: Griechenlands Makedonische Frage. Bürgerkrieg und Geschichtspolitik im Südosten Europas, 1945-1992, Göttingen: Wallstein 2012
Die australische Historiographie hat sich in den vergangenen 75 Jahren in einer beachtlichen Zahl von Büchern zwar um die Kämpfe gegen die deutschen Fallschirmjäger in Kreta 1941 gekümmert, aber der vorangegangene Feldzug auf dem griechischen Festland war kaum ein Thema. Deshalb ist das Erscheinen des hier zu besprechenden Buches zu begrüßen. Die Darstellung besteht aus drei Teilen. Nach einer 16-seitigen Einleitung beschreibt Teil I (Setting the Scene) auf 133 Seiten die Ereignisse vor dem Beginn der Operation Marita, also im Wesentlichen die politische Vorgeschichte und den Ablauf des italienisch-griechischen Kriegs im Winter 1940/41. Teil II mit über 370 Seiten enthält die Darstellung des Ablaufs der Kämpfe. Dieser Teil bietet viele bislang unbekannte Details aus australischen und neuseeländischen Archiven und bereichert die Kenntnisse über die Operation Marita. Teil III besteht aus drei Unterkapiteln mit zusammen 75 Seiten. Das erste bildet die Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie. Das zweite ist mit "Justifications, Vindications and Unnecessary Debates" überschrieben und befasst sich mit einzelnen problematischen Interpretationen und wissenschaftlichen Kontroversen. Das dritte Unterkapitel geht der Frage nach, ob und welchen Einfluss die Operationen Maritaund Merkur auf den Beginn des Russlandfeldzuges hatten. Die Autoren kommen, wie fast alle Historiker in den letzten Jahrzehnten, zu der Schlussfolgerung, dass die beiden Operationen keinen Einfluss hatten. Bedauerlicherweise fehlt hier der Hinweis auf Napoleon, der seinen Angriff auf Russland aus denselben Gründen wie Adolf Hitler am 22. Juni begann: Zuerst mussten die vom Frühjahrsregen durchnässten Felder abgetrocknet sein, sonst drohte der Angriff in Matsch und Schlamm stecken zu bleiben.
Es ist bedauerlich, dass die Autoren viele Ergebnisse der deutschen Historiographie nicht eingearbeitet haben. So haben sie das wichtige Buch von Ehrengard Schramm von Thadden übersehen. [1] Es enthält das groteske italienische Wortprotokoll über die Sitzung am 15. Oktober, auf der Benito Mussolini mit leichter Hand über den Angriff auf Griechenland entschied. Zugleich geht aus Schramm von Thaddens Darstellung ganz klar hervor, dass Hitler nichts Genaues von den Plänen Mussolinis wusste. Tatsächlich wollte er den Balkan ruhig halten, weil er von dort eine Flankenbedrohung beim Angriff auf die Sowjetunion befürchtete.
Wichtiger ist jedoch die Frage, warum Winston Churchill die Griechen unterstützte, obwohl er nicht über adäquate Truppenmengen im Nahen Osten verfügte. Es ist erstaunlich, dass die beiden Autoren den eigentlichen Grund übersehen haben. Beim italienischen Angriff auf Griechenland erwartete man in London, dass die Griechen rasch zusammenbrechen würden, und war erstaunt, wie wacker sie den Angriff abwehrten. Dies war der Grund für die Entsendung einer Einheit der Royal Air Force. Das Angebot, Truppen zu entsenden, stand in einem anderen Zusammenhang. Ende Oktober 1940 musste Churchill feststellen, dass ihm die finanziellen Mittel für das Cash-and-Carry-Programm ausgingen. Er informierte den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt darüber. Dieser entwickelte daraufhin das Lend-Lease-Programm, das aber im Gegensatz zum Cash-and-Carry-Programm den damals noch neutralistisch gesinnten Kongress passieren musste. Roosevelt warnte Churchill davor, dass das Lend-Lease-Gesetz vom Kongress abgelehnt werde, sollte ein weiteres Land, dessen Unabhängigkeit im Frühjahr 1939 von den Briten garantiert worden war - in diesem Fall also Griechenland -, ohne eine unterstützende Intervention der Briten den Nazis in die Hände fallen. Dies bedeutete, dass England Griechenland mit Truppen unterstützen musste.
Im Januar 1940 boten die Briten dem griechischen Staatschef Ioannis Metaxas die Entsendung von zwei Divisionen und einer Panzerbrigade an. Metaxas, der General war, erkannte sofort, dass diese Hilfe völlig inadäquat war und nur die Deutschen zu einem Angriff provozieren würde. Er lehnte sie daher ab. Churchill war hochzufrieden, konnte doch so die erfolgreiche Offensive gegen die Italiener in Nordafrika fortgesetzt werden.
Doch im Januar 1941 starb Metaxas, und Roosevelt warnte Churchill vor der negativen Wirkung eines deutschen Überrennens von Griechenland auf die Lend-Lease-Debatte im Kongress, falls die Briten sich heraushielten. Churchill beauftragte den neuen Außenminister Anthony Eden, die Griechen dazu zu bringen, die nach wie vor inadäquate britische Hilfe zu akzeptieren. Auf dem Flug von Ägypten nach Athen beauftragte Eden den Begleitoffizier Francis de Guingand, die Zahl der britischen Truppen durch Hinzufügung von Trainsoldaten und Küchenpersonal aufzublähen, also den Griechen gefälschte Zahlen vorzulegen. Die beiden Autoren kennen zwar das Buch von de Guingand [2], erwähnen aber diese Episode nicht. Auch ihre weitere Darstellung der Eden-Dill-Mission vermeidet die klare Aussage, dass es Eden war, der schlicht vergaß mitzuteilen, ob die Jugoslawen in den Krieg eintreten würden oder nicht. Von dieser Aussage hing es ab, entlang welcher Linie Griechenland verteidigt werden sollte.
In ihrer Darstellung der Kämpfe in Albanien beschreiben die beiden Autoren richtig, dass Mussolini im Dezember 1940 befürchtete, dass seine Truppen durch die griechische Armee ins Meer geworfen werden könnten, und Hitler um Hilfe bat. Doch die weitere wichtige Entwicklung wird nicht erwähnt. Mussolini bat Hitler um Hilfe, doch dieser konnte wegen des Winters militärisch nicht eingreifen. Stattdessen startete er eine diplomatische Offensive. Er gab Metaxas zu verstehen, dass Berlin zwischen Griechenland und Italien vermitteln und einen Kompromiss herbeiführen werde, wenn die griechische Armee ihren Vormarsch auf Valona einstelle und die Italiener nicht weiter demütige. Metaxas griff in die Operationen der griechischen Armee ein. Er stoppte den Vorstoß auf den Hafen Valona und ließ stattdessen weiter im Osten vorstoßen, wo kein strategisches Ziel winkte. Die Italiener nützten die Zeit und schafften Truppen und Nachschub über die Adria. Als sie ihre Front stabilisiert hatten, endeten die deutschen Vermittlungsangebote abrupt. Metaxas musste erkennen, dass er betrogen worden war.
Aber nicht nur an dieser Stelle gibt es solche Ungenauigkeiten. Der ursprüngliche Angriffsplan der Deutschen hatte einen Durchbruch durch die sogenannte Metaxas-Linie durch Gebirgstruppen vorgesehen. Zu Recht stellen die beiden Autoren die Frage, warum der verlustreiche Angriff auf diese Bunkerlinie auch dann noch fortgesetzt wurde, als die Umgehung der Metaxas-Linie über jugoslawisches Gebiet möglich war. Ihre Erklärungen, dass die deutsche Führung den jugoslawischen Widerstand im Süden überschätzt habe, ist wenig glaubwürdig. Die tatsächliche Erklärung ist banaler und schrecklicher. Der General der Gebirgstruppen, Böhme, wollte beweisen, dass seine Truppe in der Lage war, auch eine gut ausgebaute Befestigungslinie zu durchbrechen. Die dabei auftretenden Verluste wurden schulterzuckend in Kauf genommen.
Bei der Beschreibung der Evakuierung der britischen Einheiten von Kalamata aus erwähnen die Autoren, dass auch griechische, jugoslawische und britische Zivilisten evakuiert werden wollten. Sie erwähnen aber nicht, dass der Evakuierungsbefehl nur den Abtransport von Kampftruppen vorsah, und dass nicht nur die Zivilisten zurückblieben, sondern auch alle Angehörigen der zypriotischen und palästinensischen Transporteinheiten, die teilweise mit Waffengewalt daran gehindert wurden, an Bord der Evakuierungsschiffe zu gehen.
Fazit: Die beiden Autoren haben gründliche Archivarbeit in Australien, Neuseeland und Großbritannien geleistet und auch das Bundesarchiv (Militärarchiv) in Freiburg und das Politische Archiv des Auswärtigen Amts in Berlin aufgesucht. Griechische Quellen und Literatur blieben aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse außen vor. Das Buch enthält eine beeindruckende Bibliographie von primär englischsprachigen Titeln, aber auch eine Anzahl von deutschen. Es ist allerdings bedauerlich, dass einige seit Jahren in der Historiographie bekannte Fakten nicht den Weg in diese Publikation fanden. Der Schwerpunkt der Studie liegt auf dem militärischen Sektor, weshalb die politischen Hintergründe oft etwas knapp ausfallen.
Anmerkungen:
[1] Ehrengard Schramm von Thadden: Griechenland und die Großmächte im Zweiten Weltkrieg. Wiesbaden 1955.
[2] Francis de Guingand: Operation Victory. London 1947.
Heinz A. Richter