Alexandra Kess / Judith Steiniger / Reinhard Bodenmann (Hgg.): Heinrich Bullinger Werke. Zweite Abteilung: Briefwechsel. Bd. 17: Briefe von Juni bis September 1546, Zürich: TVZ 2015, 547 S., ISBN 978-3-290-17782-9, EUR 145,00
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Peter Niederhäuser / Regula Schmid Keeling (Hgg.): Querblicke. Zürcher Reformationsgeschichten, Zürich: Chronos Verlag 2019
Irene Dingel / Herman J. Selderhuis (Hgg.): Calvin und Calvinismus. Europäische Perspektiven, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011
Irene Dingel / Herman J. Selderhuis (Hgg.): Calvin und Calvinismus. Europäische Perspektiven, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011
Herman J. Selderhuis / Martin Leiner / Volker Leppin (Hgg.): Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters , Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013
D. G. Hart: Calvinism. A History, New Haven / London: Yale University Press 2013
Den Zeitraum von lediglich vier Monaten umspannt der neue Band der Bullinger-Briefwechsel-Edition, der bereits im Jahr 2015 vorgelegt wurde. Trotz der Beschränkung auf diesen kurzen Zeitraum umfasst dieser Band 547 Seiten. Und was für politisch ereignisreiche Wochen waren dies - ausgehend von den politischen Spannungen im Vorfeld des Schmalkaldischen Krieges bis hin zum Beginn der militärischen Operationen im sogenannten Donaufeldzug. So erstaunt es nicht, dass angesichts dieser dramatischen Entwicklungen der Umfang der Briefe deutlich anwuchs.
152 Briefe - davon 37 von Heinrich Bullinger selbst - werden im vorliegenden Band wiedergegeben. Der Großteil dieser Briefe war bislang unbearbeitet: 97 Briefe sind erstmals ediert und abgedruckt, weitere 38 Schreiben sind bisher nur in Auszügen publiziert worden.
Mit den Schreiben wird die rege Anteilnahme der reformierten eidgenössischen Stände an den militärischen Auseinandersetzungen im Reich deutlich. Mitnichten, und dies belegen die Briefe eindrücklich, hatten die Politiker und Theologen der reformierten Stände auch nach den heftigen Abendmahlsstreitigkeiten der Jahre 1543-1545 das rege Interesse an den politischen Vorgängen im Reich und an den ausbrechenden Kampfhandlungen verloren. Ganz im Gegenteil beobachten sie die militärischen Auseinandersetzungen weiterhin mit großer Anteilnahme, dabei auf einen Sieg der protestantischen Truppen hoffend. Die Einbindung der Eidgenossenschaft in die gesamteuropäische Politik hielt den Streitigkeiten mit lutherischen Theologen und Politikern stand.
In jenen militärisch spannungsvollen Monaten des Jahres 1546 erweist sich Bullingers über viele Jahre hinweg gepflegtes, dicht gezogenes europäisches Netzwerk an vertrauenswürdigen Informanten als höchst leistungsfähig. Es ist eindrucksvoll zu beobachten, wie sehr es ihm in diesen Monaten gelang, wichtige politische und militärische Informationen zu sammeln, zu ordnen und diese kommentiert weiterzugeben. Mit 33 Korrespondenten stand der Zürcher von Anfang Juni bis Ende September 1546 im gedanklichen Austausch: überwiegend mit Korrespondenten aus Konstanz - hier ist Ambrosius Blarer zu nennen -, Augsburg - Johannes Haller -, schließlich Basel - Oswald Myconius - und auch aus Hessen. Inhaltlicher Schwerpunkt dieser Briefe sind durchweg die militärischen Geschehnisse und die sich daraus ergebenden möglichen politischen Konsequenzen. Bemerkenswert ist der hohen Anteil der deutschsprachigen Briefe. Sowohl Bullinger als auch seine Briefpartner schreiben auffallend häufig in deutscher Sprache. 60 der edierten Briefe wurden auf Deutsch verfasst, weitere 17 fast vollständig in deutscher Sprache. Dieser im Vergleich zu früheren Jahren ungewöhnliche Umstand ist vermutlich dem Inhalt der Briefe geschuldet. Nicht subtile theologische Debatten standen in diesen Wochen im Zentrum der Schreiben, sondern überwiegend militärische Nachrichten, die möglichst rasch auch an nicht der lateinischen Sprache kundige Politiker weitergegeben werden konnten.
Ausdrücklich hingewiesen sei auf die inhaltlich wertvolle und umfangreiche Einleitung zu diesem Band. Reinhard Bodenmann gibt nicht nur einen Überblick über die Inhalte der Briefe und ihre Korrespondenten. Er nimmt auch eine sorgfältige historische briefgestützte Kontextualisierung der Ereignisse zwischen Juni bis September 1546 vor und wirft zudem theologische und kirchenhistorische Fragen auf. Die Einleitung schließt mit Hinweisen zu weiteren biografischen Angaben von in den Korrespondenzen erwähnten Personen sowie weiteren Hinweisen zu Handschriften, Drucken und Druckern. Ausdrücklich unterstreicht der Rezensent den Hinweis, dass die Bände 1-15, also die Briefe zwischen den Jahren 1524 bis 1545, mittlerweile online abgerufen werden können und somit der interessierten Öffentlichkeit frei zugänglich zur Verfügung stehen (http:// www.irg.uzh.ch/hbbw).
Zur Edition: Die Arbeit an der Edition dieses Bandes wurde wie gewohnt mit beeindruckender Sorgfalt und inhaltlicher Prägnanz durchgeführt. Es zeigt sich, dass es der aktuellen Arbeitsgruppe um Reinhard Bodenmann, Alexandra Kess und Judith Steiniger gelingt, den hohen Vorgaben, die ihre Vorgänger der vergangenen Jahrzehnte mit diesem Gesamtwerk gesetzt haben, auf das Beste gerecht zu werden. Denn nicht nur die eigentliche Edition weiß zu überzeugen. Dem Abdruck der edierten Dokumente wird zudem in bewährter Weise eine gelungene inhaltliche Zusammenfassung vorangestellt, ein textkritischer wie auch ein sachkritischer Apparat erschließen die Briefe vollständig. Dabei gewinnen die edierten Briefe gerade durch den sachkritischen Apparat ihren hohen Wert für die historische Arbeit - mit großer Akribie werden die im Text erwähnten Personen, Ereignisse und Themen wie auch ihre inhaltlichen Bezüge im Apparat aufgelistet, erläutert und sorgfältig nachgewiesen. Das umfangreiche Register am Ende des Werkes erschließt das Werk für den Benutzer insgesamt.
Dieser vorliegende Band der Bullinger-Briefwechsel-Edition stellt einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Schmalkaldischen Krieges und seiner Rezeption durch die Eidgenossen dar. Es bleibt nicht nur für die Bullinger-Forschung sehr zu wünschen, dass es dem Team der Briefwechsel-Edition gelingen wird, ihre hohe Arbeitsgeschwindigkeit beizubehalten und möglichst rasch den Folgeband 18 zu präsentieren.
Andreas Mühling