Rezension über:

Martin Slepička: Úcta k svatému Jeronýmovi v českém středověku. K 1600. výročí smrti církevního otce svatého Jeronýma 1. vyd. Ostrava: Repronis, Ostrava: Repronis 2021, 235 S., ISBN 978-80-7329-464-9, CZK 329,00
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Rezension von:
Pavlína Rychterová
Institut für Mittelalterforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
Redaktionelle Betreuung:
Christoph Schutte
Empfohlene Zitierweise:
Pavlína Rychterová: Rezension von: Martin Slepička: Úcta k svatému Jeronýmovi v českém středověku. K 1600. výročí smrti církevního otce svatého Jeronýma 1. vyd. Ostrava: Repronis, Ostrava: Repronis 2021, in: sehepunkte 23 (2023), Nr. 10 [15.10.2023], URL: https://www.sehepunkte.de
/2023/10/38440.html


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Diese Rezension erscheint auch in der Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.

Martin Slepička: Úcta k svatému Jeronýmovi v českém středověku

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Die Monografie des jungen tschechischen Historikers Martin Slepička ergänzt auf einzigartige Weise die bisherige Forschung über die Präsenz des heiligen Hieronymus in der mittelalterlichen Kultur Mitteleuropas. Akribisch summiert der Autor im ersten Kapitel die relevante Forschung, im zweiten Kapitel eher knapp das Leben des heiligen Hieronymus und im dritten Kapitel eher spekulativ dessen Kult im mittelalterlichen Böhmen. Schon der früheren Forschung ist die relativ geringe Präsenz des heiligen Hieronymus in der böhmischen Frömmigkeitslandschaft bis zur Hälfte des 14. Jahrhunderts nicht entgangen. Erst die mit Kaiser Karl IV. verbundene Überlieferung dokumentiert ein gesteigertes Interesse, er gliederte den heiligen Hieronymus in seine elaborierten Identifikationsangebote ein. Diese formulierte er gemeinsam mit den Intellektuellen seines Hofes, um die diversen Eliten seines Reiches anzusprechen.

Die ältere tschechische Forschung hat im Grunde die wichtigsten Kenntnisse zu diesem speziellen Thema zusammengetragen, und Julia Verkholantsev hat den Befund für die englischsprachige Leserschaft in einer ansprechenden Form zugänglich gemacht. [1] Soňa Černá hat vor kurzem eine substantielle Analyse der Überlieferung der sogenannten Hieronymus-Briefe beigetragen [2], deren Autor, Johannes von Neumarkt, einer der nächsten Mitarbeiter des Kaisers war. Slepička ignoriert zwar die jüngsten Beiträge von Černá, allerdings liegt sein Schwerpunkt nicht auf der textuellen Tradition, sondern auf der ikonografischen Überlieferung, deren Katalog der zweite Teil des Buches gewidmet ist. Und dieser Katalog, ergänzt um eine bilanzierende Einleitung, kann sich sehen lassen. Eine Beurteilung seiner Vollständigkeit muss entsprechend spezialisierten Kunsthistoriker:innen vorbehalten bleiben, hier kann nur anerkennend bemerkt werden, dass Fachleute, die etwas mehr über die Hieronymus-Ikonografie in Böhmen wissen und nicht übermäßig bibliografieren wollen, hier sehr gut bedient werden. Der Katalog diverser Abbildungen des Heiligen wird mehr oder weniger akkurat (soweit dies eben möglich ist) chronologisch organisiert, wobei Buchilluminationen, die deutlich in der Überzahl sind, sich mit Fresken aus kleinen böhmischen Kirchen, Tafelbildern, Statuetten, Stichen und sogar einer Tonfliese und einem Messgewand abwechseln. Das streng eingehaltene chronologische Prinzip ist etwas gewöhnungsbedürftig, obwohl es einer inneren Logik nicht entbehrt - steht doch der heilige Hieronymus im Zentrum der Untersuchung und nicht ein spezifisches Medium. Außerdem werden die unterschiedlichen Medien in der Einleitung zum Katalog detailliert behandelt. Die Lemmata zu den einzelnen Abbildungen des Heiligen sind streng deskriptiv gehalten und jeweils um eine Bibliografie ergänzt, die keine offensichtlichen Lücken aufweisen.

Überhaupt ist Deskription der einzige methodische Ansatz, der in dem Werk zum Tragen kommt. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass ein nicht so buchaffiner Leser sich eventuell fragen könnte, warum eine derart ausgerichtete Arbeit dem (Fach-)Publikum überhaupt in Buchform angeboten werden muss, anstatt ihren Inhalt in einer Open Access-Datenbank zu präsentieren. Leider jedoch werden Datenbanken - mögen sie auch noch so zeit- und arbeitsaufwändig sein - in den historischen Fächern nicht als alleinige Qualifikationsarbeit akzeptiert, obwohl sie mittlerweile einen integralen Bestandteil eines jeden kompetitiv erworbenen Projekts darzustellen scheinen. Zu selten wird daher die Frage diskutiert, was dieser Umstand einerseits für die Qualität der Datenbanken bedeutet und andererseits für die Karrieren der jungen wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen, welche die kostbare Zeit, die sie dem Aufbau ihrer Konkurrenzfähigkeit auf dem umkämpften Arbeitsmarkt widmen sollten, mit dem Befüllen einer Datenbank verbringen, die ihr:e Vorgesetzte:r in einem seiner beziehungsweise ihrer kompetitiven Projekte versprochen hatte. Die unschöne Antwort darauf, egal aus welchem Blickwinkel, dürfte nicht allzu schwer fallen. Insofern ist die Arbeit von Slepička für ihre Akribie zu loben; er hat ein nützliches Instrument für seine Fachkolleg:innen bereitgestellt; die Energie, Zeit und Sorgfalt, die er dieser Arbeit gewidmet hat, sind unbedingt zu würdigen.


Anmerkungen:

[1] Julia Verkholantsev: The Slavic Letters of St. Jerome. The History of the Legend and Its Legacy, or, How the Translator of the Vulgate Became an Apostle of the Slavs, DeKalb 2014.

[2] Soňa Černá: The Letters of St Jerome of the Prague Chancellor and Notary John of Neumarkt. A Transmission History, in: Pavlína Rychterová (ed.): Pursuing a New Order I. Religious Education in Late Medieval Central and Eastern Central Europe, Turnhout 2019, 47-74.

Pavlína Rychterová