Thomas Adam: Die Gondelsheimer Rebellion von 1730. Ein Bauernaufstand und seine Folgen (= Die Gondelsheimer Geschichte; 5), Heidelberg / Ubstadt-Weiher / Basel: verlag regionalkultur 2005, 166 S., ISBN 978-3-89735-409-8, EUR 17,80
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Die im Titel genannte "Rebellion" von 1730 war, wie in der vorliegenden Arbeit hinreichend deutlich wird, lediglich der Höhepunkt eines Konfliktes zwischen der Gemeinde Gondelsheim und den Freiherrn von Mentzingen, der zwischen 1725 und dem Ende des Alten Reiches verschiedene Instanzen - von der Reichsritterschaft im Kraichgau bis zum Reichshofrat - beschäftigte und dessen Ablauf maßgeblich von der Einmischung der benachbarten Kurpfalz geprägt wurde. Er hatte einen Vorläufer zu Beginn des 17. Jahrhunderts, dessen vertragliche Regelung die prekäre Rechtsgrundlage für die kurpfälzischen Interventionen abgab.
Ursachen und Anlässe lassen sich gut mit anderen "Untertanenprozessen" im Alten Reich in Einklang bringen. Begrenzte Machtmittel, teils auf zweifelhaften Rechtsgrundlagen aufgebaut, sollten für überzogene herrschaftliche Ambitionen eingesetzt werden, während sich die Ressourcen der Untertanen angesichts von Bevölkerungszunahme und Realteilungspraxis zu Beginn des 18. Jahrhunderts verknappten. Auf beiden Seiten sorgten "schwierige" Charaktere dafür, dass für beinahe vierzig Jahre keine Chance auf Kompromisse bestand. Die "Gemeinde" trat dennoch nicht als geschlossener Block auf. Ein Drittel ihrer Angehörigen stand auf seiten des Freiherrn, darunter v.a. die herrschaftlichen Funktionsträger.
Wenngleich im Dorf Betriebsgrößen unter fünf Hektar dominierten, kann trotz der Ressourcenverknappung nicht von einem Verelendungsszenario ausgegangen werden. Es gibt vielfältige Hinweise auf Getreide- und auch Heuverkauf, zudem sorgte der Weinbau für Markterlöse. Die verkehrsgünstige Lage spiegelte sich darin wider, dass im Dorf, das bisweilen "Flecken" (d.h. "Minderstadt") genannt wurde, mindestens drei Wirtshäuser florierten. Anlass für den Ausbruch des Konfliktes war das Verlangen des Freiherrn von Mentzingen, für den Bau eines neuen Gefängnisturms Gemeindefronen einzusetzen. Bald zeigte sich jedoch, dass es in Wirklichkeit - wie in zahlreichen anderen Auseinandersetzungen auch - um die Frage von Waldeigentum und Holzrechten ging. Außerdem hatte der Freiherr ein Waldstück, das die Gemeinde beanspruchte, roden und darauf einen landwirtschaftlichen Betrieb anlegen lassen.
Der Gondelsheimer Konflikt war nicht der einzige Streitfall zwischen Obrigkeiten und Untertanen, in den kurpfälzische Stellen intervenierten, allerdings wurden die Auseinandersetzungen dadurch angefacht, dass Kurpfalz - ohne ausreichendes rechtliches Fundament - die Landeshoheit über das Dorf beanspruchte und den Freiherrn lediglich als "Vogtsjunker" anerkennen wollte. Der Reichshofrat dagegen unterstützte einseitig die Argumente des Freiherrn und der hinter ihm stehenden Ritterschaft. Zur "Rebellion" kam es, als 1730 Soldaten der kaiserlichen Festung Philippsburg beauftragt wurden, die Rechtspositionen des Freiherrn durchzusetzen. Sie mussten sich nicht nur der "aufwieglerischen" Partei der Untertanen erwehren, sondern wurden von einem zu Hilfe gerufenen kurpfälzischen Kommando angegriffen, wobei ein Todesopfer zu beklagen war.
Solange Pfälzer Soldaten im Ort lagen, konnten die "Rebellen" die Geschicke des Dorfes bestimmen, wobei sie nicht vor massiven Übergriffen auf ihre "ruhigen" Gemeindegenossen zurückschreckten. Mehr als zehn Jahre gelang es den "Rebellen", sich den vom Freiherrn gegründeten landwirtschaftlichen Betrieb anzueignen und ihn gemeinsam zu bestellen. Dass die Allianz mit den pfälzischen Soldaten und den benachbarten Lokalbeamten eher taktischer Natur war, zeigt die Tatsache, dass sich ein Großteil der Gondelsheimer noch kurz vor dem Höhepunkt der Rebellion von 1730 gemeinsam mit dem Freiherrn gegen pfälzische Übergriffe verteidigt hatten, die im Zusammenhang mit einer Privatfehde standen. Zu einer vertraglichen Übereinkunft kam es erst im Jahre 1774, als nicht nur Johann Reinhard von Mentzingen, sondern auch die meisten der führenden "Rebellen" von 1730 das Zeitliche gesegnet hatten.
Thomas Adams Darstellung verortet den Konflikt im verfassungsgeschichtlichen Kontext, sowohl auf landes- wie auf reichsgeschichtlicher Ebene. Darüber hinaus gelingt ihm eine sinnvolle Einordnung in den mittlerweile breiten Strom von Forschungen zu vergleichbaren "Gemeinderevolten". Der teilweise packenden Darstellung des Ablaufs und der Würdigung subjektiver Faktoren steht jedoch als Nachteil gegenüber, dass die wirtschaftlichen Grundlagen nicht eigens thematisiert, allenfalls indirekt erschlossen werden können.
Werner Troßbach