Jeppe Büchert Netterstrøm / Bjørn Poulsen (eds.): Feud in Medieval and Early Modern Europe, Aarhus: Aarhus University Press 2007, 206 S., ISBN 978-87-7934-158-6, EUR 33,95
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In acht Beiträgen zur Fehde in unterschiedlichen Regionen Europas vom frühen Mittelalter bis zur frühen Neuzeit umreißen die allesamt für diese Thematik bestens ausgewiesenen Autoren Jesse L. Byock, Trevor Dean, Jeppe Büchert Netterstrœm, Helgi Porláksson, Christine Reinle, Daniel Lord Smail, Hillary Zmora ein wichtiges Thema der individuellen und kollektiven Gewaltbereitschaft, Gewaltabwehr und Gewaltanwendung. Die lokalen und regionalen Exempel erfassen in genauen Analysen Island, Marseille, Siena, Bayern und Dänemark, pauschal auch größere Gebiete wie das deutsche Reich oder andere Lokalitäten (z. B. Korsika, Florenz, Orvieto). Sie erfassen des Weiteren unterschiedliche soziale Gruppen, die sich der Fehde bedienten, Bauern ebenso wie Bürger und Adelige, und greifen darüber hinaus den Aspekt geschlechtsspezifischer Handlungsweisen und Ausgrenzungen auf, indem der Anteil von Frauen an der Fehde untersucht wird. Zweierlei beeindruckt an diesem aus einer Tagung des Jahres 2003 an der Universität von Aarhus 2003 entstandenen Band besonders: zum einen der ausführliche und brillante Forschungsüberblick der 60seitigen Einleitung, der tatsächlich europäisch vergleichend den Gegenstand analysiert, und zum anderen die methodische Sorgfalt, mit der alle Kontribuenten sich dem Problemfeld widmen, wie Fehden von artverwandten Konflikten unterschieden werden können. Das Letztere erweist sich für breite Zeiten des Mittelalters als eine schwer, beinahe kaum zu lösende Fragestellung, sofern es sich nicht um Blutfehden handelt. Erst allmählich entwickelten sich Formen der geregelten Fehdeeröffnung und -absage. Aber auch diese scheinen kein zweifelfreies Instrumentarium für die Differenzierung zwischen der Fehde und einem beliebigen gewalttätigen Konflikt zu sein. Einige Autoren sehen daher in der akribischen Beschreibung von Ursachen, Verlauf und Ende der Gewaltanwendung die einzige Möglichkeit, dem Phänomen Fehde näherzukommen, da dadurch die Basis für vergleichende Untersuchungen erweitert wird. Andere Autoren fordern hingegen, einen Katalog von Definitionsmerkmalen der Fehde zu erstellen. Diese Definitionen fallen jedoch bezüglich der Anzahl der Merkmale sowie des Inhalts der zu erfüllenden Kriterien durchaus unterschiedlich aus (74; 96-99) und lenken daher wiederum den Blick auf die Abgrenzungsschwierigkeiten. Ähnliche Typologisierungsprobleme werden innerhalb der Forschung zum Fehdewesen diskutiert, wenn einerseits die Existenz von Frauenfehden oder von Bauernfehden bejaht, andererseits abgelehnt wird. Insgesamt eröffnet sich dem interessierten Leser ein spannendes, virulentes Forschungsfeld, das noch manche Überraschung bereitzuhalten scheint. Der einzige nicht historische Beitrag stammt vom Anthropologen Christopher Boehm, der die Blutrache nicht als ein spezifisch auf den Menschen begrenztes Verhalten zu betrachten empfiehlt.
Brigitte Kasten