Rezension über:

Ian Worthington: Ptolemy I. King and Pharaoh of Egypt, Oxford: Oxford University Press 2016, XIX + 253 S., 4 Kt., 22 s/w-Abb., ISBN 978-0-19-020233-0, GBP 22,99
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Rezension von:
Peter Nadig
Mekelle University / Freie Universität Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Peter Nadig: Rezension von: Ian Worthington: Ptolemy I. King and Pharaoh of Egypt, Oxford: Oxford University Press 2016, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 11 [15.11.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/11/30486.html


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Ian Worthington: Ptolemy I

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Zu den herausragenden Herrschergestalten des Hellenismus gehört zweifelsohne Ptolemaios I., der Begründer der nach ihm benannten Dynastie der Ptolemäer. Als einer der frühen Weggefährten Alexanders des Großen begleitete er diesen auf seinem Asienfeldzug und wurde schließlich dessen Leibwächter. Allerdings war er keiner seiner führenden Generäle gewesen, auch wenn er gelegentlich mit einem Kommando betraut wurde. So bleibt in den Quellen sein Wirken bis zum Tode Alexanders fast unsichtbar. Umso erstaunlicher ist daher die Tatsache, dass er bei der Reichsordnung von Babylon als eine der treibenden Kräfte auftrat und das strategisch günstige und wirtschaftlich prosperierende Ägypten für sich als Satrapie gewinnen konnte. Von dieser Basis aus festigte Ptolemaios in den Diadochenkriegen seine Stellung, organisierte und expandierte sein Herrschaftsgebiet und schuf die am längsten herrschende hellenistische Dynastie.

Eine aktuelle biografische Darstellung des ersten Ptolemäers ist sicher angebracht im Hinblick auf die aktuellere Forschung der letzten Jahre. Dennoch ist dies in Anbetracht der sehr dürftigen und mitunter zwiespältigen Quellenlage zur Person des Ptolemaios ein äußerst schwieriges Unterfangen. Problematisch sind vor allem alle Informationen bis zum Tode Alexanders. Gleiches gilt auch für die von Ptolemaios verfasste Lebensbeschreibung des großen Eroberers, die nicht erhalten ist, aber ausführlich von Arrian verwendet wurde. Allerdings spricht einiges dafür, dass Ptolemaios darin seine eigenen Leistungen wie auch seine persönliche Beziehung zu Alexander entweder gelegentlich übertreibt oder gar ausblendet. Mitunter wollte er damit sein eigenes Versagen - wie z.B. in der "Kleitos-Nacht" - vertuschen oder von den Schwächen Alexanders ablenken.

Diesem Unterfangen widmet sich Ian Worthington in einer Monografie in zwölf Kapiteln. Die ersten vier Kapitel zeichnen die Jugend des Ptolemaios und vor allem seine Beteiligung an der Invasion Persiens sowie den Kampagnen in Afghanistan und Indien nach. Das fünfte Kapitel gilt der Reichsordnung nach dem Tode Alexanders, während die beiden Folgekapitel die anschließende Sicherung Ägyptens durch Ptolemaios und den Aufstieg der Diadochen behandeln. Ein eigener Hauptabschnitt gilt der Entführung von Alexanders Leichnam nach Ägypten durch Ptolemaios und der baulichen Entwicklung der Stadt Alexandria. In den Kapiteln 9 und 10 werden die Diadochenkriege sowie der Aufstieg des hellenistischen Königtums und das Ende der Nachfolger vertieft. Auch wenn Ptolemaios nicht immer militärisch siegreich war, so konnte er dennoch seine überragende Führungsstellung in der Diadochenzeit behaupten. Ein eigenes Kapitel setzt sich mit seinem Wirken in Ägypten auseinander. Hier stehen seine Beziehungen zum ägyptischen Volk, Verwaltung und Wirtschaft sowie die Religionspolitik im Mittelpunkt. Hier hätte man sich eine ausführlichere Auswertung besonders der Maßnahmen zur Fiskal- und Währungspolitik gewünscht (hier wird z.B. Kyrene versehentlich dem geschlossenem Währungssystem Ägyptens zugerechnet). Das letzte Hauptkapitel enthält einen zusammenfassenden Überblick zum weiteren Verlauf der Ptolemäerzeit und eine abschließende Gesamtwertung des Herrschers. Worthington deutet Ptolemaios' Motive von Anfang an als imperialistisch und unterstellt ihm zudem, bewusst eine Abstammung von Philipp II. propagiert zu haben. Dabei greift er auch auf die Deutung zurück, Ptolemaios selbst habe hinter dem fiktiven Testament Alexanders gestanden. Generell sieht Worthington das Handeln des Königs stets als von Pragmatismus geprägt. Zwei Anhänge zur Alexandergeschichte des Ptolemaios sowie den Quellen, eine Chronologie, eine Bibliografie und ein allgemeines Register runden das Buch ab.

Gerade bei den allgemein gehaltenen Passagen hätte ein wenig mehr Tiefgang sowie ein sorgfältigeres Lektorat dieses Buch aufgewertet und zugleich wären einige Fehler vermieden worden. Als Beispiel seien u.a. unpräzise und uneinheitliche Übersetzungen griechischer Begriffe genannt: Poliorketes wird mal zum "sacker of cities" oder "the besieger" und Philadelphos wird zum "lover of his sister". An einer Stelle fehlt offenbar ein "her" und so wird Kleopatra III. zur Tochter Ptolemaios' VIII. (207). Die Abbildung einer Göttin (12) auf einem der Blöcke aus dem Tempel von Scharuna (heute Budapest 51.2159) wird, wenn auch mit einer gewissen Verwunderung über die weiblichen Formen als ein Reliefbild von Ptolemaios I. angesehen. Ein Blick auf den korrespondierenden Block 51.2158 hätte den opfernden König in männlicher Gestalt offenbart. Insgesamt scheint Worthington hinsichtlich eines genauen Porträts des Herrschers ein wenig unsicher, zumal er sich nur auf die Münzabbildungen und Bildnisse im pharaonischen Stil konzentriert. Hier hätte vielleicht ein Blick in die bewährten Standardwerke von Kyrieleis und Stanwick helfen können.

Auch wenn dies nicht das Ziel des Verfassers ist, so ist diese Monografie trotz diverser Schwächen und Fehler im Wesentlichen eine immerhin leicht lesbare Überblicksdarstellung über die Diadochenzeit und somit als eine recht brauchbare Einführung in diese Epoche zu benutzen.

Peter Nadig