Thomas Frank: Religione, diritto, economia in confraternite e ospedali medievali, Pavia: Pavia University Press 2019, XVI + 287 S., 6 Tbl., ISBN 978-88-6952-099-0, EUR 30,00
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Thomas Frank unterrichtet an zwei Universitäten (FU Berlin und seit 2009 Università di Pavia), an denen unterschiedliche Sprachen vorherrschen. Wie andere Historiker und Historikerinnen in vergleichbarer Situation ist er mit einem Problem konfrontiert: Nicht alle Studierenden, Kollegen und Kolleginnen der italienischen Universität können lesen, was in seiner Muttersprache deutsch und im Laufe seiner Tätigkeiten an deutschen Universitäten publiziert worden ist. Zwar verbreitert eine Publikation in Englisch die Leserschaft, gleichzeitig aber benachteiligt sie zumindest manche Studierenden. Frank entschied sich für eine Übersetzung ins Italienische zur Lösung dieses Problems und zielt damit eindeutig auf seine neuere Leserschaft in Pavia. Gleichzeitig fasste er zusammen, was er im Zeitraum 2002 bis 2016 im Kontext von Bruderschaften und Hospitälern zu den Themenkomplexen Recht und Religion im Spätmittelalter sowie neuerdings auch Wirtschaft publiziert hatte. Die Mehrzahl seiner empirischen Daten erfasste er für italienische Städte, in drei von zehn Artikeln spielen daneben deutsche Beispiele eine Rolle.
Die Organisation der verschiedenen Artikel erfolgt nach den drei Überpunkten 1. Bruderschaften, "Confraternite" (1-83), 2. Zusammenschlüsse von Klerikern, "Associazioni di chierici" (87-134) und 3. Hospitäler, "Ospedali" (137-266). Ein methodischer Schwerpunkt liegt auf gesellschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen sowie deren Zusammenhang (Artikel II, III, V): Frank zeigt in "Confraternite e assistenza" (21-45) beispielsweise für das Spätmittelalter, wie Bruderschafts-Mitglieder in Köln, Straßburg, Viterbo und Lodi sich nicht nur gegenseitig stützten. Gleichzeitig rechtfertigten sie vielmehr ihre Existenz durch karitative Tätigkeiten und Beiträge für Arme in der Stadt, sowohl durch das Verteilen von Almosen und die Unterstützung von Hospitälern als auch in einer vermittelnden Position durch die Verwaltung von frommen Vermögensverfügungen, hauptsächlich in Testamenten.
Daneben stehen Studien, die primär der Erfassung lokaler Kleriker-Organisationen oder lokaler Hospitäler dienen (Artikel V, VI, VII). Die Kanoniker-Organisationen in Viterbo (87-104) untersucht der Autor beispielhaft auf deren hauptsächliche Funktionen im 14. und 15. Jahrhundert hin und versucht eine soziale Zuordnung. Auf der Grundlage prosopographischer Erfassung stellt er einen engen Zusammenhang zwischen Kanonikern und dem übrigen städtischen Klerus fest. Allerdings schließt Frank aus der Analyse einzelner Testamente, dass sich Kanoniker kaum mit dem Klerus identifizierten.
Wie in seiner deutschsprachigen Monographie zu Hospitälern [1] strukturieren auch Diskursanalysen (Artikel I, VIII, IX) mehrerer Beiträge. Die Diskurse um Hospitalreformen charakterisieren vor allem die beiden Artikel "Riforme ospedaliere e canonistica nel tardo medioevo" (171-213) und "Cusano e la riforma degli ospedali di Orvieto" (215-233), die im Vorfeld des genannten Buches erschienen waren. Während Frank den Einfluss der Argumentation von Kanonikern auf Hospitalreformen ambivalent beurteilt, unterstreicht er, dass das kanonische Recht die Basis bildete, von der aus es möglich wurde, über Reformen nachzudenken. Die Aktivitäten von Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1564) in Orvieto verknüpft der Autor schließlich mit einer neuen Perspektive auf den Zusammenhang zwischen Reformen, Rechtsschöpfung und Repräsentation.
Die aktuellste übersetzte Veröffentlichung wählt einen neuen, nämlich stärker wirtschaftshistorischen Blickwinkel (Artikel X, ursprünglich 2016 publiziert). In ihr diskutiert Frank die komplexen Wechselwirkungen zwischen Hospitälern und Landwirtschaft, die letztendlich nur im Zusammenhang mit den Märkten für Handelsprodukte, Arbeit, Kapital und Landbesitz zu verstehen sind. Der Autor spinnt damit einen Faden weiter, der in den 1960er Jahren von Dissertationen über das Biberacher Heilig-Geist-Spital in vielversprechender Weise aufgenommen worden war. [2]
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das preiswerte Buch für Studierende und andere, die sich in das Gebiet einarbeiten wollen, eine solide Basis bildet, von der aus sich die seit 2016 in steter Weiterentwicklung befindlichen Forschungsfelder "Bruderschaften" und "Hospitäler" im Spätmittelalter beackern lassen. Für deutschsprachige Leser und Leserinnen allerdings empfiehlt sich wohl eher, auf die ursprünglichen Veröffentlichungen zurück zu greifen.
Anmerkungen:
[1] Thomas Frank: Heilsame Wortgefechte. Reformen europäischer Hospitäler vom 14. bis 16. Jahrhundert, Göttingen 2014.
[2] Christian Heimpel: Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Heiliggeistspitals zu Biberach an der Riß, Stuttgart 1966; Hans-Peter Ulrich: Das Heilig-Geist-Hospital zu Biberach an der Riß, Biberach 1965.
Annemarie Kinzelbach