Yvan Loskoutoff: Héraldique et Papauté. Moyen Âge-Temps modernes, Rouen: Presses universitaires de Rouen et du Havre 2020, 368 S., ISBN 979-10-240-1318-3, EUR 27,00
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Der vorliegende Sammelband vereint 13 Beiträge in französischer Sprache, in denen epochenübergreifend Aspekte päpstlicher Heraldik vom Spätmittelalter bis zum 18. Jahrhundert zur Sprache kommen.
Erst seit Ende des 13. Jahrhunderts sind Papstwappen eindeutig belegt: Zu einer ersten Blüte kam es während der nachfolgenden Periode in Avignon, wie Christian de Mérindol (Les débuts de l'héraldique à la cour papale en Avignon sous Benoît XII et Clément VI à la lumière des travaux récents, 19-39) ausgehend von der heraldischen Ausstattung einiger Gebäude (Livrée Gaillard de Mothe, Vice-Gérence) darlegt. Er gibt dafür nicht nur Deutungen im politischen Kontext, etwa in Zusammenhang mit Kreuzzugsprojekten, sondern arbeitet das große Interesse Papst Clemens' VI. an einer heraldischen Zeichensetzung heraus, die diesen Papst, auch weil er dabei sein persönliches Wappen bevorzugte, nicht von weltlichen Herrschern unterschied.
Emmanuel Moureau (L'héraldique pour légitimer sa famille: le cas des cardinaux méridionaux durant la papauté d'Avignon, 41-56) nimmt den Wappengebrauch einiger südfranzösischer Kardinäle (Arnold von Aux, †1320, Petrus de Prés, †1333, Bertrand de Pouget, †1352, Gaucelme de Jean, †1348) aus der avignonesischen Zeit in den Blick. Sie alle stifteten Kirchen in ihrer Heimat, in denen sie durch ihre Wappen präsent blieben, die zugleich den sozialen Aufstieg ihrer Inhaber verdeutlichten.
Jean-Vincent Jourd'heuil (Y eut-il une damnatio memoriae héraldique des papes avignonnais du Grand Schisme?, 57-88) schließt aus einer breiten Umschau in den Quellen, dass von einer nachträglichen Damnatio Memoriae in Bezug auf die Wappen der nichtrömischen Päpste des Großen Abendländischen Schismas keine Rede sein kann. So gedachte der Stifter der Trousseau-Kapelle in Bourges auf den noch sichtbaren Glasfenstern all seiner päpstlichen Wohltäter ungeachtet der Obödienzen (Avignon: Clemens VII., Benedikt XIII., Pisa: Alexander V.).
Jean-Bernard de Vaivre (Armes de la papauté à Rhodes au temps des chevaliers, 89-102) bespricht die Wappen an den besonders unter dem Großmeister Hélion de Villeneuve entstandenen Bauten der Johanniter auf Rhodos, die die Unterstützung des Ritterordens durch bestimmte Päpste des 14. / 15. Jahrhunderts (Johannes XXII., Martin V., Pius II. und Sixtus IV.) sichtbar demonstrierten.
Laurent Hablot (Le partage des armoiries pontificales à la fin du Moyen Âge: origines et pratiques, 103-121) untersucht die von Päpsten vorgenommenen Mehrungen von Wappen an Beispielen seit dem 13. Jahrhundert bis etwa 1500, die gleichfalls erst während der avignonesischen Zeit besser greifbar werden. Der Zusatz insbesondere der Petersschlüssel drückte die Bindung an die Institution aus, die bei Funktionsträgern, den Verwandten und Familiaren der Päpste zu beobachten ist. Dabei eröffnet sich eine Reihe von Fragen, die am Ende formuliert werden, etwa nach der Einordnung als Vorbild oder als Nachahmung heraldischer Praktiken.
In gewissen Aspekten können Luisa Gentile und Andreas Rehberg dies bereits beantworten, weil sie auf die Adaption bestimmter Mittel verweisen, die von den römisch-deutschen Kaisern gebraucht wurden. Luisa Gentile (Le "chef de Saint Pierre" dans l'héraldique italienne, 121-143) konzentriert sich im Blick auf Beispiele aus Italien auf das Schildhaupt mit den Petersschlüsseln. Es wurde von den Päpsten selbst, von ihren Funktionsträgern und Begünstigten, von Weltlichen und Geistlichen dem persönlichen Wappen hinzugefügt. Dementsprechend breit und unklar war das Bedeutungsspektrum des heraldischen Zeichens, dessen Bezüge zwischen der Gesamtkirche, der Institution Papsttum, dem Kirchenstaat, weltlicher oder geistlicher Herrschaft oszillierten. In bestimmten Fällen, wie bei Ercole d'Este 1472, wurde die hierarchisch verstandene Überordnung der Petersschlüssel im Wappen als solche nicht angenommen, sondern modifiziert.
Andreas Rehberg (Papes et concessions héraldiques: cas des pontificats de Sixte IV, Jules II et Léon X, 147-187) widmet sich gleichfalls päpstlichen Wappenverleihungen und den entsprechenden, seit Martin V. zunehmend häufig belegten Urkunden. Den Begünstigten, neben ausgewählten Auswärtigen vor allem Angehörige der Kurie, wie etwa die für das Zeremoniell wichtigen Parafrenarii, wurden zumeist Elemente aus dem persönlichen Wappen des jeweiligen Papstes gewährt. Deren Integration in das eigene Wappen wurde unterschiedlich gehandhabt und musste nicht von Dauer sein, weil sich darin eher die Bindung zum jeweiligen Amtsinhaber als zur Institution Papsttum spiegelte.
Yvan Loskoutoff (Concessions héraldiques à la fin de la Renaissance d'après les recueils de brefs de saint Pie V, Grégoire XIII et Sixte Quint conservés aux Archives du Vatican, 179-196) bespricht die Verleihungen von Helmzierden und Wappen im späten 16. Jahrhundert, die sich an Auswärtige richteten, etwa Schweizer, Süddeutsche, Böhmen und Schweden oder die Städte Lemberg (Lviv) und Loreto. Die Verbindung zur päpstlichen Diplomatie, gerade in Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Protestantismus, wird dabei deutlich.
Elli Doulkaridou-Ramantani (Jules de Médicis et Pompeo Colonna. Enjeux héraldiques dans les missels de deux cardinaux antagonistes, 197-233) nimmt zwei prunkvolle Missale in den Blick, die von konkurrierenden Kardinälen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Auftrag gegeben wurden, Giulio de' Medici, später Papst Clemens VII., und Pompeo Colonna, deren Patronage sich unter anderem in Wappen und heraldischen Anspielungen spiegelt.
Pierre Couhault ('Les clés de peinture qu'il aime à mettre dans ses armes'. Les armoiries pontificales dans la controverse et la caricature luthériennes au XVIe siècle, 235-269), untersucht reformatorische Druckgraphiken, die aufgrund der Rolle der Heraldik in der genuinen päpstlichen Selbstdarstellung derartige Wappen zur Identifikation in Karikaturen nutzen konnten: Nicht die Wappenführung der Päpste, sondern deren Symbolik, gerade die Führung der Petersschlüssel, wurde damit abgeleitet von der theologischen Fundamentalkritik angegriffen. Jean-Christophe Blanchard (Héraldique et emblématique des cardinaux de Lorraine et de Guise (1518-1634): vers une iconographie post-tridentine?, 261-277) betrachtet vor allem Devisen und Embleme der neuzeitlichen Kardinäle aus dem Haus Lothringen, deren Inhalte sich mit der Gegenreformation entwickelten, weshalb sie als Teil einer religiös-politischen Propaganda interpretiert werden dürfen.
Eine Verbindung zwischen Hagiographie und Heraldik beleuchtet Rocco Ronzani (Nivei candoris visi sunt apes. Les Barbarini et les abeilles de sainte Rita, 279-292). Urban VIII. (Maffeo Barbarini), der Bienen im Familienwappen führte, sprach 1628 Rita von Cascia selig. Im Vorfeld wurde festgehalten, dass weiße Bienen zwischen den Lippen der Seligen ein- und ausgeflogen seien, was in ihre Ikonographie einging. Die Inspiration stammte zwar aus der Vita des Ambrosius von Mailand, doch bestand zweifellos ein Konnex zu den Wappentieren Papst Urbans. Martine Boiteux (L'héraldique dans les fêtes de la Rome pontificale, XVIe-XVIIIe siècles, 293-309) nimmt päpstliche Leichenzüge und Begräbnisse, die Konklave und die Einsetzung neuer Päpste ebenso in den Blick wie deren Amtsausübung, wobei sie den bedeutenden Anteil der Wappen an der begleitenden Bildpropaganda etwa auf der ephemeren Festarchitektur aufzeigt.
Der Band zeigt eindrucksvoll, wie fruchtbar die Berücksichtigung der Heraldik und ihrer unterschiedlichen Quellen sein kann, wenn man den Zusammenhang zu den Fragen der allgemeinen Geschichte sucht und herstellt. Es handelt sich um ein überaus großes Spektrum, das die Bildpropaganda, Selbstdarstellung und Diplomatie einer Institution ebenso berührt wie die kulturellen und politischen Verhältnisse in Europa oder die Sozialgeschichte und Personennetze des Papsthofs. Bei alledem werden, wie zu erwarten, Sphragistik und Kunstgeschichte, aber auch die Hagiographie oder das Zeremoniell berührt. Zudem wird im Hinblick auf die Nobilitierungen ein vernachlässigtes Feld der Konkurrenz zwischen Papst- und Kaisertum aufgedeckt. Außerdem treten die Verflechtungen zwischen päpstlicher Heraldik im engeren Sinne und den unterschiedlichsten Kreisen geistlicher und weltlicher Bezugspersonen deutlich hervor. Thematisch abgelegen ist das Wappenwesen also nur scheinbar, der vorliegende Band belegt ohne jeden Zweifel das Gegenteil.
All die genannten Beiträge sind reichlich farbig bebildert, was dem Verständnis sehr zuträglich ist. Die umfangreiche Bibliographie umfasst einen eigenen Abschnitt (313-352), ein Orts- und Namensindex fehlt dagegen.
Otfried Krafft